Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 22, 29. Mai 2013

Papst fordert Politiker zur Finanzreform auf

Zwei Monate nach seiner Wahl stellte Papst Franziskus sich nachdrücklich gegen die Diktatur der Finanzmärkte, die der Menschheit Armut und Not bringe. Seit den Tagen von Johannes Paul II. hat man keine so eindrucksvollen Stellungnahmen mehr gehört, und es besteht Grund zu der Hoffnung, daß noch mehr folgen werden.

Vor Botschaftern sagte der Papst am 16. Mai, die Mehrheit der Weltbevölkerung lebe in menschenunwürdigen Verhältnissen, und die Ursache dieses Problems liege im falschen Verhältnis des Menschen zum Geld.

„Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise“, so Papst Franziskus, „scheint die Verzerrungen besonders hervorzuheben und vor allem das schwerwiegend fehlerhafte Menschenbild, das den Menschen auf ein einziges seiner Bedürfnisse reduziert, nämlich den Konsum. Noch schlimmer, Menschen selbst gelten heute als Ware, die man benutzen und wegwerfen kann. Wir haben eine Wegwerfkultur ins Leben gerufen. Diese Tendenz sieht man auf der Ebene der Individuen und ganzer Gesellschaften, und sie wird gefördert! Unter solchen Umständen gilt Solidarität, die der Schatz der Armen ist, häufig als kontraproduktiv, als der Logik von Finanzen und Wirtschaft entgegengesetzt. Während das Einkommen einer Minderheit exponentiell steigt, bröckelt das der Mehrheit. Dieses Ungleichgewicht resultiert aus Ideologien, die auf der absoluten Autonomie der Märkte und Finanzspekulation pochen und damit den Staaten, deren Auftrag ja das Gemeinwohl ist, das Aufsichtsrecht absprechen. Eine neue, unsichtbare und manchmal virtuelle Tyrannei entsteht, eine, die einseitig und unheilbar ihre eigenen Gesetze und Regeln erzwingt. Darüber hinaus entfernen Verschuldung und Kredite Länder von ihrer Realwirtschaft und Bürger von ihrer realen Kaufkraft.“

Der Papst betonte weiter: „Es besteht die Notwendigkeit einer Finanzreform nach ethischen Grundsätzen, aus der wiederum eine Wirtschaftsreform hervorgehen würde, die allen nützt. Dies würde allerdings eine mutige Verhaltensänderung seitens unserer politischen Führungen erfordern. Ich rufe diese dringend auf, sich dieser Herausforderung mit Entschlossenheit und Fairneß zu stellen, natürlich jeweils unter Berücksichtigung ihrer besonderen Situation. Geld muß dienen, nicht herrschen!“

Diese Rede hielt er zwei Tage vor dem vereinbarten Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Vatikan. Wer nun denkt, der Papst habe mit seinen Pfeilen nicht zuletzt auf Merkel gezielt, der hat höchstwahrscheinlich recht. Nach ihrem Treffen mit Franziskus am 18. Mai führte sich Merkel ausnahmsweise nicht wie eine abstoßende Schullehrerin auf, sondern wie ein braves Schulmädchen. (Ob das Schulmädchen auch folgsam sein wird, ist eine andere Frage.) Sie sagte anschließend vor Journalisten, die Regulierung der Finanzmärkte sei das Hauptproblem und die Hauptaufgabe der Politik. „Wir kommen voran, aber wir sind längst noch nicht da, daß man sagen kann, eine solche Entgleisung aus den Leitplanken der sozialen Marktwirtschaft wird nicht wieder passieren.“ Kurz vor Merkels Abreise nach Rom hatte der Bundestag gerade seine Schein-Bankenreform beschlossen.

Unterdessen kündigte Präsident Hollande in Paris an, um „Wachstum zu fördern“, werde sich seine Regierung für eine europäische Wirtschaftsregierung und einen europäischen Haushalt einsetzen. Dies bedeutet in der Praxis eine Diktatur der Märkte über die Staaten, also genau das Übel, das der Papst attackiert hat.

Diese Politik hat „Euroland“ die schlimmste Wirtschaftslage in der gesamten industrialisierten Welt beschert. Die Zahlen der Statistikbehörde Eurostat für das 1. Quartal zeigen einen allgemeinen Abschwung, Frankreich ist offiziell in die Rezession eingetreten und Italien hat das 7. Quartal in Folge eine Abnahme des BIP. Produktion und Konsum in Euroland brechen zusammen und es herrscht Massenarbeitslosigkeit.

Später sprach Papst Franziskus erneut das Verhalten der Regierungen an. Vor 150.000 jungen Leuten auf dem Petersplatz sagte er: „Man kümmert sich nicht darum, ob Menschen hungern, wenn sie nichts haben. Man sorgt sich um Banken und Finanzen. Wenn die Investitionen schrumpfen, wenn Banken pleite gehen, sagen alle, das ist eine Tragödie. Wenn Familien leiden, nichts zu essen haben, ist es egal. Das ist unsere Krise.“

Hoffentlich wird dies nicht ungehört verhallen und Europa wird nicht den gleichen Fehler machen wie 1933, als Amerika entschied, sich um die Menschen zu sorgen, und Europa die andere Richtung einschlug.

eir