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Neue Solidarität
Nr. 23, 5. Juni 2013

Wo bleibt die Offensive für die Kerntechnik?

Man kann und darf sich nicht mit den Zuständen abfinden, die durch die „Energiewende“ geschaffen wurden – vor allem nicht in Deutschland selbst.

Die „Jahrestagung Kerntechnik 2013“, die von der Kerntechnischen Gesellschaft (KTG) am 14.-16. Mai in Berlin veranstaltet wurde, kann als eine der wenigen größeren Gelegenheiten gelten, bei denen  Kernkraftbefürworter in diesem Jahr zusammenkommen können, und es waren auch viele gute und sachliche Argumente dort zu hören, einschließlich der Präsentationen über neue technische Entwicklungen der Kraftwerks- und Brennstofftechnik. Aber leider, das konnte man in Berlin auch feststellen, haben jahrelange grüne Kampagnen gegen Kernkraft und das Dekret der Regierung Merkel zum Totalausstieg vor zwei Jahren deutliche Spuren in der atomfreundlichen Gemeinde hinterlassen: Man jammert, man kritisiert - und schaut ebenso hypnotisiert wie frustriert auf die Zeituhr, die scheinbar unaufhaltsam bis zum Abschalten des letzten deutschen KKWs im Jahr 2022 tickt.

Im Ausland, und das gilt auch für das übrige Europa vielleicht mit Ausnahme des „atomfreien“ Österreich, blickt man mit Kopfschütteln auf diese Entwicklung. Die Bundesrepublik ist ja Teil des gesamteuropäischen Stromverbundes, was dazu führt, daß überschüssiger Windstrom, den man mangels deutscher Gleichstromleitungen nicht von der Nordsee in den Süden bringen kann, in das polnische Netz gepumpt wird, von wo er dann über das tschechische Netz an die Endabnehmer in Bayern gelangt. Daß dieser „erneuerbare“ Strom Umwege von einigen hundert Kilometern nimmt - und das auch nur an windstarken Tagen, von denen es nicht so viele pro Jahr gibt - ist kein Ersatz für die bayerischen Kernkraftwerke, die rund um die Uhr kalkulierbare Grundlast liefern und Bayern zu 70 Prozent mit Atomstrom versorgen.

Norddeutscher Windstrom fließt auch nach Frankreich, und zwar zu Dumpingpreisen, die vom Steuerzahler per „Erneuerbarenzuschuß“ begünstigt werden. Das wird auf französischer Seite bei den Kernkraftwerksbetreibern natürlich als üble Billigpreis-Konkurrenz gesehen. Der von deutscher Seite seit zwei Jahren im europäischen Alleingang praktizierte rücksichtslose Umstieg vom Atom zu Wind und Sonne sorgt in Polen, Tschechien und Frankreich für Unmut, zumal man dort zu Recht nicht einsieht, daß man die Einspeisung heimisch erzeugten Stroms ins eigene Netz zugunsten der Weiterleitung deutschen Windexportstroms reduzieren soll. Mit gesamteuropäischer Energiepolitik hat das alles gar nichts zu tun, ebensowenig wie die Versuche gewisser grüner Interessengruppen, deutschen Kerntechnikfirmen auch noch die Teilnahme an Atomprojekten außerhalb Deutschlands unmöglich zu machen. Selbst die Forschung und der Betrieb von Anlagen in der Kernmedizin sollen, so die Radikalgrünen, eingestellt werden.

Wahnsinn mit Methode

Man kann und darf sich mit diesen Zuständen nicht abfinden - vor allem auch nicht in Deutschland selbst. Ein Vertreter des Magazins EIR intervenierte deshalb auch in einer Konferenz-Veranstaltung, auf der es um die Auswirkungen des Ausstiegs auf die Kernkraftstandorte ging, mit der Forderung, die immer noch starke Minderheit für Kernkraft müsse entschiedener gegen die Grünen auftreten und aus der Defensive herauskommen. Auch wenn der Wiedereinstieg in die Kernkraft derzeit wenig aussichtsreich erscheine, so könne man doch einige Zeichen des Widerstands setzen, wie zum Beispiel die Absetzung von Merkels „Klima-Rasputin“ Joachim Schellnhuber zu verlangen. Dieser, so der EIR-Vertreter, wolle nicht nur dem Umstieg auf erneuerbare Energien, sondern sogar die Rückentwicklung zur Zeit vor der Industrialisierung, also irgendwo ins 18. Jahrhundert zurück. Der energiepolitische Wahnsinn habe Methode, und deren Name laute „Schellnhuber“.

Zu den bereits erwähnten Auswirkungen des Atomausstiegs auf die atomtechnischen Standorte und Gemeinden war der Vortrag, den der Erste Bürgermeister von Gundremmingen, Wolfgang Mayer, in Berlin am 16. Mai hielt, ebenso informativ wie drastisch. Mayer ist auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Standorte mit kerntechnischen Anlagen in Deutschland (ASKETA), die 1993 gegründet wurde und derzeit 25 Kommunen - darunter 15 Kernkraftwerksstandorte mit 9 „aktiven“, 8 nach Fukushima abgeschalteten und 3 stillgelegten Kernkraftwerksblöcken - vertritt. „Die Gemeinde Gundremmingen, die ich seit rund 17 Jahren als Erster Bürgermeister vertrete“, sagte Mayer, „hat aktuell rund 1.600 Einwohner und ist die einzige Gemeinde in Deutschland, die sich nicht dafür schämt, ihr Bekenntnis zur Sinnhaftigkeit der friedlichen Nutzung der Kernenergie auch in ihrem Wappen bis heute in Form des Atomiums zu dokumentieren.“ Mit immerhin 2700 Megawatt Leistung sei Gundremmingen der stärkste Kernkraftstandort Deutschlands, produziere allein knapp 30 Prozent der bayerischen Stromerzeugung und decke fast 40 Prozent des Grundlaststrombedarfs in Bayern. „Aber selbstverständlich“, so Mayer, „toleriere ich die Alternativlosigkeit unseres Energie-Harakiris in seiner ganzen deutschen Breite und beschränke mich auf die Feststellung: Was für ein Wahnsinn!“

Neben den bis zu 20.000 direkt in kerntechnischen Anlagen Beschäftigten, so legte Mayer dar,  würden mittelfristig 40.000 weitere „hoch qualifizierte und ehemals über Jahrzehnte krisensichere, aber parteiideologisch ,schlechte’ Arbeitsplätze, die mit der Kernenergienutzung in Deutschland zusammenhängen, als Kollateralschaden im Kampf für die edle, weil regenerative Energiewende entsorgt“. Aus der Job- und Ausbildungsmaschine Kernkraftwerk werde „ein Abbruch- bzw. Kahlschlagunternehmen für bestehende Arbeitsplätze. Und damit verbunden sind zumindest in großen Teilen der soziale Abstieg von über 100.000 Menschen, sogenannten Familienangehörigen, und der absehbare wirtschaftliche Niedergang der Standortgemeinden“, prangerte Mayer an. Es sei  absurd, Arbeitsplätze im Sonnenkraftsektor mit je 100.000 Euro im Jahr zu subventionieren, sagte Mayer, absurd sei auch die Tatsache, daß „High-Tech-Gaskraftwerke zu ,stranded investments’“ würden, daß weiterhin „mit  Braunkohle oder Schweröl betriebene Kraftwerke, zum Teil im benachbarten Ausland, ebenso die Versorgungssicherheit in Deutschland wie die grenznahen ausländischen Atomkraftwerke“ garantierten, „während der Emissionshandel zur Eindämmung der CO2-Emissionen kurz vor dem Kollaps steht.“

Der unkontrollierte Zubau von Energieunsicherheit in Deutschland, fuhr Mayer fort, bringe „das seit 60 Jahren einwandfrei funktionierende europäische Versorgungsnetzsystem an den Rand des Zusammenbruchs.“ Das sei der Kollaps des vereinten Energie-Europas, so Mayer, und im Ausland würden bereits Notbremsen gezogen: „Mehrere Netznachbarn wollen sich mit technischen Sperren vom deutschen Stromnetz abkoppeln, um einen Systemzusammenbruch im eignen Land zu verhindern.“ In Deutschland selbst bleibe die Tatsache: „Die Schönrechnerei der Energiewende ist Verdummung der Bürgerinnen und Bürger und Vernichtung volkswirtschaftlicher Wertschöpfung.“

Harte Worte waren das von Wolfgang Mayer und der Beifall, den er für seine Ausführungen vom Publikum erhielt, deutet hoffentlich an, daß nach dieser KTG-Konferenz mehr Mut zum Widerstand und zum Gegensteuern gegen die „Energiewende“ kommt. Da sich die großen Energieversorger  vorerst aber mit der Regierung und den etablierten Parteien arrangiert haben, muß der Widerstand in erster Linie von der Bevölkerung selbst, die als Arbeitnehmer, als Stromverbraucher und als Steuerzahler dreifach unter dem Atomausstieg leidet, kommen. Wie wäre es, unter anderem, mit einer Kundgebung für Kernkraft, für den Wiedereinstieg - gerade jetzt im Bundestagswahljahr?

Rainer Apel