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Neue Solidarität
Nr. 23, 5. Juni 2013

Kommentar

Deutsche Klimapolitik und Ethik – ein Etikettenschwindel

Von Dr. Jürgen Langeheine

Die Ethik soll dem Menschen unter Einbeziehung künftiger Generationen Hilfen für sittliche Entscheidungen geben. Bezogen auf die Energiepolitik versteht sie sich damit als Richtschnur für die Energiegewinnung, die die langfristigen Bedürfnisse der Menschen mit ihren Wertvorstellungen in Einklang bringt.

In diesem Sinne wäre die Ethik-Kommission der Bundesregierung im Jahr 2011 gut beraten gewesen, nicht ausschließlich auf die damalige Stimmungslage und politischen Vorgaben zu reagieren. Leider ist dies nicht geschehen. Es wurde der politisch bereits geplante Ausstieg aus der Kernenergie legitimiert. Von Weitsicht und Sorge für das Wohlergehen künftiger Generationen keine Spur!

Die Ethik-Kommission war ein Etikettenschwindel, der moralisch in die gleiche Kategorie eingeordnet werden kann, wie Pferdefleisch in der Rindfleisch-Lasagne oder Bio-Eier aus Legebatterien. Doch ein Unterschied existiert: Die letzteren Entgleisungen wurden von privaten Unternehmen inszeniert, die Ethik-Kommission von der Regierung. Beide Aktivitäten stellen im Endeffekt einen vorsätzlich geplanten Betrug an der Bevölkerung dar.

Der Energiebedarf von heute sieben Milliarden Menschen auf der Erde liegt bei 500 Exajoule (1 Exajoule EJ sind 278 Milliarden kWh, das entspricht dem Stromverbrauch von 10 Millionen Haushalten pro Jahr) und steigt unaufhaltsam mit einer jährlichen Rate von ca. 10 Exajoule.

Im Jahr 2050 wird die Erdbevölkerung von dann ca. 9 Milliarden Menschen einen Energieverbrauch von ca. 800 Exajoule haben, der zu ca. 80% aus der Verbrennung fossiler Rohstoffe und 15% aus Kernenergie bestehen wird. Die sog. erneuerbaren Energien werden die 5% Grenze weltweit nicht überschreiten.

Der deutsche Anteil von 2,7% am weltweit ständig steigenden Kohlendioxidausstoß von heute 33 Milliarden Tonnen pro Jahr läßt nach dieser Gegenüberstellung den deutschen Alleingang, eine vorgeblich menschengemachte weltweite Klimakatastrophe mit erneuerbaren Energien abwenden zu wollen, als Überheblichkeit und Anmaßung erscheinen.

Solarenergie, Windenergie, Bioenergie und andere alternative Formen der Energieerzeugung reichen aus Kapazitätsgründen nicht aus, den deutschen, geschweige denn den weltweit steigenden Energiebedarf zuverlässig zu decken, sodaß Deutschland als „Insel der Seligen“ beim Verzicht auf Kernenergie auf den Atomstrom anderer Länder oder auf Energie aus Kohle- und/oder Gas zurückgreifen muß.

Ob nun Energie durch Kohleverbrennung oder in Gaskraftwerken erzeugt wird, spielt keine Rolle. Im Endeffekt werden wichtige Rohstoffe für unsere Nachkommen schnöde verbrannt, die in Zukunft für die Erzeugung organischer Verbindungen, wie Kunststoffe und medizinische Produkte fehlen werden. Es ist ein Verbrechen an der Nachwelt und ethisch nicht zu vertreten.

In weiser Voraussicht hatten die damalige SPD-Bundesregierung unter Helmut Schmidt 1973 und die bayerische Regierung unter F.J. Strauß ein weitreichendes Programm zur Einführung der Kernenergie in Deutschlands gestartet, eine politisch weitsichtige Entscheidung, da die Rohstoffe Uran und Thorium für diese Form der Energieversorgung nahezu unbegrenzt zur Verfügung stehen.

Diese Weitsicht hielt jedoch in Deutschland nicht lange an. Politische und kirchliche Kreise schürten aus Unkenntnis oder Eigennutz eine Angst vor der zivil genutzten Energie aus Kernreaktionen. Hochgeputschte Emotionen verhindern noch heute eine sinnvolle Lagerung und Verwertung benutzter Kernbrennstoffe, ein fragwürdiges Verhalten, da diese Produkte wertvolle Rohstoffe  für spätere Generationen enthalten.

Selbstverständlich birgt die Kernenergie Gefahren, die bei leichtsinnigem Umgang mit dieser Technik zu katastrophalen Folgen führen, wie die Unfälle in Tschernobyl und Fukushima gezeigt haben. Unüberlegtes Herumspielen mit Kernreaktoren, wie in Tschernobyl oder der Bau nicht ausreichend gesicherter Reaktoren auf Meeresniveau an der Küste eines Erdbeben- und Tsunami-gefährdeten Landes, sind Beispiele krimineller Handhabung technischer Anlagen.

Diese Vorgänge werden im Gegensatz zu den direkt betroffenen Ländern Ukraine und Japan nicht dazu genutzt, deutsche Anlagen noch sicherer zu machen, sondern sie dienen dazu, daß Deutschland als einziges Industrieland das kostengünstigste, über Jahrhunderte nutzbare Energie- und Stromerzeugungsverfahren verlassen wird, obwohl um uns herum weitere Anlagen betrieben und gebaut werden. Während sich Japan wieder besinnt und nach dem Schock eine sorgfältige Überprüfung der abgeschalteten Anlagen mit dem Ziel der Wiederinbetriebnahme betreibt, verharrt Deutschland in der Schockstarre und treibt einem energiepolitischen GAU entgegen.

Die Tatsache, daß mit erneuerbaren Energien die Versorgungslücke, die Kernkraftwerke bei Abschaltung hinterlassen, nicht gefüllt werden kann und neue Kohle- und Gaskraftwerke zusätzliche Kohlendioxidemissionen erzeugen und wichtige Rohstoffe vernichten, dürfte allen maßgeblichen Personen bekannt sein. Scheinheilig baut man auf eine Verbund-Versorgung aus den Nachbarländern mit Kernenergieanlagen, plant sogar Leitungstrassen, um Strom von  russischen Kernkraftwerken zu beziehen, und stellt die Weichen in Richtung wirtschaftlichem Niedergang und einer finanziellen Belastung der Bevölkerung in nie dagewesenem Umfang. Wer dieses Vorgehen als ethisch richtig bezeichnet, sollte sich fragen, ob er am richtigen Platz ist, um in Deutschland politische Verantwortung zu tragen.

(Buchempfehlung Jürgen Langeheine: „Energiepolitik in Deutschland – Das Geschäft mit der Angst“, ISBN 978-3-86992-054-2, Athene Media Verlag, gebunden, Euro 16,98, 238 Seiten.)