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In New York, dem US-Bundesstaat mit dem Sitz der Wall Street, haben prominente Landespolitiker einen Resolutionsantrag für die Wiedereinführung des Trennbankensystems eingebracht.
Wenn sogar der Bundesstaat, in dem die Wall Street liegt, die Wiedereinführung der Glass-Steagall-Bankentrennung fordert, kann dann der Sieg in Washington noch weit sein? Mit diesem Gedanken über die strategische Bedeutung des Bundesstaats New York in diesem Kampf für Glass-Steagall im Kopf mobilisiert das LaRouche-Aktionskomitee (LPAC) seit fünf Monaten und macht Druck auf die Abgeordneten des Landtags in Albany, eine entsprechende Resolution einzubringen und zu verabschieden.
Am 29. Mai brachte diese Mobilisierung den ersten Durchbruch: Der demokratische Abgeordnete Phil Steck (Schenectady) brachte zusammen mit weiteren 21 Unterzeichnern die Resolution K 490 in den Landtag ein. In dieser Resolution heißt es:
„Der Kongreß sei und ist hiermit mit allem Respekt von dieser legislativen Körperschaft aufgefordert, die HR 129 zu unterstützen und Gesetze zu beschließen, die die Trennung der Geschäftsbank- und Investmentbankfunktionen wieder in Kraft setzen, die unter dem Glass-Steagall-Gesetz galten und den Geschäftsbanken und Bankholding-Gesellschaften untersagten, in Aktien zu investieren, Wertpapiere zu zeichnen, in Derivatgeschäfte zu investieren oder solche zu garantieren, damit nicht der amerikanische Steuerzahler dazu herangezogen wird, Finanzinstitute mit Hunderten von Milliarden an Dollars zu stützen, und um für ein sicheres amerikanisches Bankensystem zu sorgen, das die Einlagen schützen und den notwendigen Kredit für eine produktive Wirtschaft liefern kann.“
Die meisten Unterzeichner dieses Appells zur Rückkehr zur Vernunft sind Demokraten, aber auch drei Republikaner sind darunter, und die Abgeordnete kommen aus allen Teilen des Bundesstaats - aus den nördlichen Landesteilen, aus dem Hudson-Tal, aus Buffalo, aus dem Bezirk Westchester und aus den Stadtbezirken von New York City. Acht Unterzeichner sind Vorsitzende von Landtagsausschüssen - für Landwirtschaft, für Kleinunternehmen, für psychische Krankheiten, Umweltschutz und Erhaltung der Lebensgrundlagen, Tourismus, Kinder und Familien, Alkoholismus und für die Besteuerung von Immobilienbesitz. Der Antrag wurde an den Bankenausschuß überwiesen. Da die Sitzungsperiode des Landtags am 30. Juni endet, verstärken die Unterstützer des Antrags ihre Mobilisierung weiter - stets mit dem Blick auf Washington, wo bisher nur drei New Yorker Abgeordnete im Kongreß die HR 129 unterstützen. Die Frist stimmt überein mit dem Ziel, das sich LPAC gesetzt hat: Bis Ende Juni muß Glass-Steagall unter Dach und Fach sein!
Während sich viele New Yorker Kongreßabgeordnete bisher noch weigern, die HR 129 zu unterstützen, unter dem Vorwand: „Die Wall Street, das sind meine Wähler“ und eine Insolvenz der Zockerbanken würden diesen Wählern schaden, haben die Landtagsabgeordneten in Albany oft ganz andere Sorgen. (Und ironischerweise wissen viele von ihnen viel besser als diese Abgeordneten in Washington, wie kurz das globale Finanzkasino vor dem nächsten Knall steht.)
Hier stehen Arbeitslosigkeit, Eigenheimpfändungen, der Kollaps des Gesundheitssystems und der Verfall der Infrastruktur ganz oben auf der Liste - ganz zu schweigen davon, daß bekannte Rechtsbrecher von der Wall Street immer wieder straffrei ausgehen.
So liegt beispielsweise die Jugendarbeitslosigkeit im Bundesstaat New York über 35%. Wegen der zahlreichen Zwangsräumungen stehen inzwischen mancherorts ganze Stadtteile halbleer, was zu Verbrechen und Wandalismus geradezu einlädt. Überall im Bundesstaat droht Krankenhäusern die Schließung - allein fünf im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Die Sorge über die Krise des Gesundheitswesens veranlaßte Überlegungen, eine Einheits-Krankenversicherung für den Bundesstaat einzuführen - eine entsprechende Resolution im Landtag wird von 87 der 178 Abgeordneten unterstützt.
Diese Sorgen über die realen Nöte der Bevölkerung gehen mit der Empörung darüber einher, daß die Banker der Großbanken wegen der „Systemrelevanz“ nie ins Gefängnis wandern, egal wie schwer ihre Verbrechen sind (die Amerikaner nennen das: too big to fail, too big to jail). In der Hinsicht herrschte großes Interesse an der Geschichte von Ferdinand Pecora, dem sizilianischen Einwanderer von der New Yorker Lower East Side, der 1933-34 als Chefermittler des Senatsausschusses für Banken und Währung die bösartigen Praktiken der führenden Banken wie J.P. Morgan und National City Bank aufdeckte und ins Rampenlicht der Öffentlichkeit zog. In dem Auszug aus Pecoras Buch von 1945, den die LPAC-Aktivisten an die Abgeordneten verteilten, warnt Pecora, diese Machenschaften würde es wieder geben, wenn die Öffentlichkeit nicht wachsam ist.
Die LPAC-Aktivisten machten deutlich, daß man mit Glass-Steagall heute genauso wie damals die Banken „an die Leine nehmen“ muß. Die Wall Street ist ein integraler Bestandteil des Londoner Finanzempires, das darauf aus ist, die Welt zu entvölkern. Dieses Empire zu retten, bedeutet, das Land zu opfern. Natürlich müssen diese Banker auch gerecht bestraft werden - aber der erste Schritt ist, ihnen die Unterstützung durch die Regierung zu entziehen.
Die LPAC-Aktivisten weckten die Aufmerksamkeit und das Interesse vieler Landtagsabgeordneter, indem sie betonten, daß New York nicht nur die Wall Street, sondern auch eine historische Tradition produktiver Banken hat, schließlich ist es der Heimatstaat von Franklin Roosevelt und Alexander Hamilton. Sie verteilten mehrere Zitate Hamiltons, einem Gegner Adam Smiths, worin er die Vorstellung, die Wirtschaft könne sich selbst regulieren, als „höchst spekulatives Paradox“ bezeichnet. Hamilton schrieb im Federalist Paper Nr. 7, ein unbeschränkter Unternehmergeist führe zu „Freveltaten, und diese zu Vergeltungsmaßnahmen und Kriegen“.
Hamilton hat seine wirtschaftliche Vision in seinem Bericht über das Manufakturwesen niedergelegt, den er 1791 für den Kongreß verfaßte. Darin verurteilt er Smiths Freihandels-Schwindel und betont die Notwendigkeit, die Produktivkräfte der Arbeit zu entwickeln. Und er bemerkt: „Die Aktivität des menschlichen Geistes zu pflegen und anzuregen, ist nicht das geringste Mittel, den Reichtum einer Nation zu fördern.“
Das dritte Zitat Hamiltons, das die Aktivisten verteilten, stammt aus seinem Bericht über den öffentlichen Kredit vom Januar 1790, nämlich:
„So überzeugt der Minister auch ist, daß eine angemessene Finanzierung der gegenwärtigen Schulden eine Wohltat für die Nation sein wird - so ist er doch weit davon entfernt, sich auf diese Position in dem Umfange einzulassen, in dem sie manchmal dargelegt wird, daß ,öffentliche Schulden ein öffentliches Wohl sind’, eine Position, die zu Verschwendung einlädt und zu gefährlichen Mißbräuchen führen kann, weshalb er dringend wünscht, in das System des öffentlichen Kredits der Vereinigten Staaten als eine Grundmaxime verankert zu sehen, daß die Aufnahme von Schulden immer an die Mittel zu ihrer Rückzahlung geknüpft sein muß. Dies betrachtet er als das eigentliche Geheimnis, das den öffentlichen Kredit unsterblich macht. Und er geht davon aus, daß es schwierig ist, sich eine Lage vorzustellen, in der man sich nicht an diese Maxime halten kann. Zumindest ist es seine ehrliche Sorge, daß die Vereinigten Staaten dieser folgen mögen, wenn sie mit ihren Maßnahmen zur Schaffung von Kredit beginnen.“
Die Lehre daraus war natürlich, daß der öffentliche Kredit so verwendet werden muß, daß er eine Ausweitung des realen Wohlstands und Fortschritts bewirkt, wodurch der ausgegebene Kredit mit Gewinn zurückbezahlt werden kann - nicht bloß für das kreditgebende Institut, sondern für die ganze Gesellschaft.
Genauso wichtig war natürlich das Erbe Franklin Delano Roosevelts, der das ursprüngliche Glass-Steagall-Gesetz durchsetzte, um die Spekulanten daran zu hindern, das Land und das Volk weiter auszubeuten - während er gleichzeitig durch Einrichtungen wie die Reconstruction Finance Corp. Kredit zur Verfügung stellte, um durch den Aufbau der Nation Millionen Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Aktivisten bezogen sich hier vor allem auf Roosevelts erste Antrittsrede, in der er die Ursachen für die Katastrophe, vor der die USA standen, unmittelbar beim Namen nannte: die „Geldwechsler“, die die Herrschaft über das Land an sich gerissen hatten. Diese Zitate fanden starken Anklang:
„...Die Herrscher über den Handel mit den Gütern der Menschheit haben versagt durch ihre eigene Sturheit und ihre eigene Inkompetenz, sie haben ihr Scheitern eingestanden und sind abgetreten. Die Praktiken der skrupellosen Geldwechsler stehen unter Anklage des Gerichts der öffentlichen Meinung, zurückgewiesen von Herz und Geist der Menschen.
Sicher, sie haben es versucht. Aber ihre Bemühungen folgten dem Muster veralteter Tradition. Angesichts des Ausfalls der Kredite schlugen sie bloß vor, noch mehr Geld zu verleihen. Da ihnen nun die Verlockung des Profits fehlte, durch den sie unser Volk verleitet hatten, ihrer falschen Führung zu folgen, verlegten sie sich auf Ermahnungen und bettelten unter Tränen um neues Vertrauen. Sie kennen bloß die Regeln einer Generation von Selbstsüchtigen. Sie haben keine Vision, und wenn es keine Vision gibt, kommen die Menschen um.
Ja, die Geldwechsler sind von ihren hohen Sitzen im Tempel unserer Zivilisation geflohen. Wir können nun den Tempel wieder den alten Wahrheiten weihen. Das Maß dieser Wiederherstellung liegt in dem Grade, zu dem wir noblere soziale Werte anwenden als den bloßen Gewinn an Geld.
Glückseligkeit liegt nicht im bloßen Besitz von Geld; sie liegt in der Freude über das Erreichte, in der Begeisterung für schöpferische Anstrengungen. Die Freude, der moralische Anreiz der Arbeit darf nicht länger in der wilden Jagd nach flüchtigen Profiten untergehen. Diese finsteren Tage, meine Freunde, werden alles wert sein, was sie uns kosten, wenn sie uns lehren, daß es nicht unsere wahre Bestimmung ist, bedient zu werden, sondern uns selbst und unseren Mitmenschen zu dienen.
Die Erkenntnis dieses Irrtums vom materiellen Reichtum als Erfolgsmaßstab geht Hand in Hand mit dem Aufgeben der falschen Annahme, öffentliche Ämter und hohe politische Positionen seien nur nach dem Maßstab des Stolzes auf die Stellung und des persönlichen Gewinns zu bewerten; und es muß dem Verhalten im Bankwesen und Geschäftsleben, das allzu oft aus heiligem Vertrauen hartherziges und selbstsüchtiges Fehlverhalten gemacht hat, ein Ende gesetzt werden. Kein Wunder, wenn das Vertrauen darunter leidet, denn es gedeiht nur mit Ehrlichkeit, Ehre, Heiligkeit der Verpflichtungen und selbstlosem Verhalten, ohne das es nicht leben kann...
Unsere größte und wichtigste Aufgabe ist es, den Menschen Arbeit zu geben...
Und schließlich brauchen wir in dem Prozeß der Wiederaufnahme der Arbeit zwei Sicherungen gegen die Übel der alten Ordnung. Die eine muß eine strenge Überwachung aller Banken, Kredite und Investitionen sein. Die Spekulation mit dem Geld anderer Leute muß ein Ende haben. Und es muß für eine angemessene, aber solide Währung gesorgt werden.“ (Hervorhebung hinzugefügt.)
New York ist nun der 21. US-Bundesstaat, in dem eine Resolution für Glass-Steagall eingebracht wurde. In vier Bundesstaaten - Süd-Dakota, Maine, Indiana und Alabama - wurden solche Resolutionen bereits beschlossen. Derzeit laufen intensive Bemühungen, damit sie auch in den übrigen Staaten beschlossen werden - sowie mindestens in vier weiteren Bundesstaaten, in denen die Landtage derzeit tagen.
Der US-Kongreß ist am 3. Juni wieder zusammengetreten, aber zu den 63 Unterzeichnern im Repräsentantenhaus und zu Senator Harkin, der im US-Senat den Antrag S. 985 gestellt hat, ist bisher noch keine weiterer Unterzeichner hinzugekommen.
Während der Kongreß zögert, versucht das Londoner Finanzempire alles zu stehlen, was es kann, indem es neben allen möglichen Formen des Bailout das Bail-in-Modell („Zypern-Modell“) des Dodd-Frank-Gesetzes anwendet. Neue Finanzblasen treiben das Weltsystem immer näher an den nächsten Kollaps, während in Europa eine mörderische Wirtschaftsdiktatur errichtet wird. Der Fortschritt im Staat New York ist daher ein wichtiges und optimistisches Zeichen, daß ein Sieg möglich ist - aber die Gelegenheit muß jetzt beim Schopf ergriffen werden.
Nancy Spannaus