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Neue Solidarität
Nr. 24, 12. Juni 2013

Vom August 1914 zum Juli 2013?

Zwei verschiedene Ereignisse der letzten Wochen demonstrieren, wie leicht die Krise in Syrien zu einem allgemeinen Krieg eskalieren kann.

Zwei Ereignisse Ende Mai haben erneut unterstrichen, daß die syrische Krise, die nun schon weit in ihr zweites Jahr reicht, zum Auslöser eines größeren Krieges werden könnte, der wiederum in einen thermonuklearen Vernichtungskrieg zwischen den Supermächten ausarten könnte.

Erstens wurde in einer üblen Verleumdungskampagne weltweit verbreitet, Rußland habe Syrien bereits modernste S-300-Luftabwehrsysteme geliefert. Der syrische Präsident Baschar al-Assad hatte in einem Interview mit einem der Hisbollah nahestehenden libanesischen Fernsehsender gesagt, Rußland habe Syrien kürzlich im Rahmen eines älteren Vertrages neue Waffen geliefert. Einige Medien behaupteten dann, noch bevor das Interview überhaupt ausgestrahlt wurde, Rußland habe S-300-Raketen geliefert. Diese Meldung lief dann um die Welt, obwohl Assads Aussage aus dem Interview darin falsch zitiert war und Rußland in Wirklichkeit gar keine Komponenten dieses Waffensystems geliefert hatte.

Israel hat damit gedroht, mögliche Stationierungsorte der S-300-Raketen in Syrien zu bombardieren, bevor Syrien die Waffen einsetzen kann. Ein solcher israelischer Angriff auf russische Waffen in Syrien könnte zum Auslöser eines allgemeinen bewaffneten Konfliktes zwischen Rußland und dem Westen werden.

Ein ehemaliger hoher Offizier der US-Armee, Oberst a.D. W. Patrick Lang, der die Aufklärungsprogramme des Militärgeheimdienstes DIA für den Nahen Osten leitete, hat daraufhin gewarnt, diese israelischen Drohungen könnten zu einem Weltkrieg führen. Auf seiner vielgelesenen Internetseite Sic Semper Tyrannis schreibt er:

Lang greift US-Außenminister John Kerry und Senator John McCain scharf an, weil sie diese Kriegsgefahr heraufbeschwören: „Und dann sind da noch die beiden Johns. McCain kann nicht anders. Er ist völlig durchgedreht und will gegen jeden Krieg führen, der irgendwie in Frage kommt. Kerry ist einfach nur erbärmlich, ein tolpatschiger und eingebildeter Narr, der meint, sein Charme würde ihm alle Türen öffnen.“

Innerhalb von 24 Stunden mußten die Medien zugeben, daß Assad überhaupt nicht von den S-300 gesprochen hatte. Gleichzeitig bestätigten Vertreter der russischen Rüstungsindustrie, es seien bisher keine solchen Systeme geliefert worden und es bestehe auch keine Aussicht auf solche Lieferungen vor Mitte des Sommers.

Unabhängig davon berichten US-Geheimdienstkreise, die russische Seite habe zugesagt, die S-300-Lieferungen bis nach der von den USA und Rußland organisierten zweiten Genfer Syrienkonferenz zurückzuhalten. Bisher steht noch kein endgültiger Termin für die Konferenz fest.

Trotzdem hätte diese Desinformationskampagne Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu einen Vorwand für einen Angriff auf Ziele in Syrien liefern können, was eine weitere Eskalation der Krise ausgelöst und die Erfolgsaussichten der Genf-II-Konferenz beseitigt hätte.

Saringasfunde bei den Rebellen

Der zweite entscheidende Vorfall der letzten Zeit war eine Hausdurchsuchung der türkischen Polizei in der südtürkischen Stadt Adana nahe der syrischen Grenze. Dabei wurden sieben Mitglieder der syrischen Dschihadistengruppe Al-Nusra verhaftet und zwei Kanister mit dem Giftgas Sarin sichergestellt. Damit wurde nicht nur aufgedeckt, daß syrische Rebellen über solches Gas verfügen, es wurde auch verhindert, daß ein Terroranschlag damit stattfindet, den man der syrischen Regierung in die Schuhe geschoben hätte und der als Vorwand für eine westliche Militärintervention gegen Syrien gedient hätte.

Einem erfahrenen amerikanischen Geheimdienstexperten zufolge war das Vorgehen der türkischen Behörden gegen Al-Nusra und andere fundamentalistische Rebellengruppen Mitte Mai beim Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan in Washington vereinbart worden.

Wäre es entweder zu einem Angriff mit chemischen Waffen oder zu einem weiteren israelischen Angriff auf Ziele in Syrien gekommen, dann wäre wahrscheinlich die ganze Region in einen Krieg hineingezogen worden, möglicherweise auch die USA und Rußland. Jede Aussicht auf einen Erfolg der Genfer Gespräche wäre zunichte gemacht worden.

Diese nur um Haaresbreite ausgeräumten Gefahren unterstreichen, wie anfällig die Lage im Nahen Osten ist. Am 14. Juni findet die Präsidentschaftswahl im Iran statt und danach sollen die „P5+1“-Gespräche zwischen dem Iran, den fünf permanenten Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschland wieder ernsthaft fortgesetzt werden.

Die russische Reaktion

Die russische Führung reagiert auf die Krise in Syrien auf ihre eigene Weise und treibt die Modernisierung ihres strategischen Kernwaffenarsenals weiter voran. Erstmals seit dem Ende der Sowjetunion sorgt Rußland auch wieder für eine ständige Präsenz seiner Seestreitkräfte im Mittelmeer. Außerdem will Präsident Putin demnächst Pläne zum Ausbau der nuklear bewaffneten U-Boot-Flotte bekanntgeben. Zum erstenmal seit dem Ende des Kalten Krieges wird Rußland solche atomar bewaffneten U-Boote auch wieder in die südlichen Weltmeere entsenden.

Das sind keine aggressiven Akte, sondern mit diesen Maßnahmen will Rußland deutlich machen, daß es nicht von der Abschreckungsdoktrin der gegenseitig garantierten Vernichtung abrücken wird - es sei denn im Rahmen eines Abkommens, mit dem die von Lyndon LaRouche und 1983 offiziell von US-Präsident Reagan vorgeschlagene gemeinsame russisch-amerikanische „Strategische Verteidigungsinitiative“ (SDI) verwirklicht wird und dadurch die Kernwaffen überflüssig gemacht werden.

Ein neues 1914?

Eine Fraktion von „Realisten“ in Washington will auf eine Politik der Kriegsvermeidung mit Rußland und China hinarbeiten und konzentriert jetzt ihre Bemühungen auf die kommende Genf-II-Konferenz, aber die mit London verbundenen Kriegsfraktionen von Zionisten, Neokonservativen und „humanitären“ Interventionisten in den USA sabotieren alle diplomatischen Initiativen nach Kräften. Auf deren Seite stehen die Regierung Cameron in Großbritannien, die Regierung Hollande in Frankreich und die Regierung Netanjahu in Israel. Frankreich und Großbritannien drängen darauf, die syrischen Rebellen sofort zu bewaffnen, und Israel droht mit Militäraktionen gegen die (bisher nicht vorhandenen) S-300-Raketen. Wie die israelische Zeitung Ha’aretz berichtete, verbreiten hochrangige israelische Diplomaten die Linie, wenn Israel S-300-Anlagen in Syrien angreife, würde Rußland keine Vergeltung üben, solange dabei keine Russen zu Tode kommen und Syrien die Waffen schon bezahlt hat. Ein Spiel mit dem Feuer.

Oberst Lang ist nicht der einzige wache Beobachter, der die Parallele zwischen der Lage am östlichen Mittelmeer heute und der Lage auf dem Balkan im Sommer 1914 unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg sieht. Lyndon LaRouche hat wiederholt gewarnt, die Krise in Südwestasien könne zum Zünder eines thermonuklearen Krieges zwischen den Weltmächten werden, und ein solcher Krieg würde höchstwahrscheinlich mit der Auslöschung der Menschheit enden. Ein solcher Weltkonflikt könnte tatsächlich von heute auf morgen ausbrechen, etwa zwischen den amerikanischen und russischen atomaren U-Boot-Flotten.

Es ist kein Zufall, daß heute diese Weltkriegsgefahr vom Britischen Empire ausgeht. Weil das transatlantische Finanzsystem kurz vor der Kernschmelze steht, spielen ein paar Wahnsinnige in der britischen Oligarchie mit dem Gedanken, durch einen Krieg als letztes verzweifeltes Mittel ihr gescheitertes System zu retten, und gleichzeitig würden sie damit ihr malthusianisches Ziel erreichen, die Weltbevölkerung drastisch zu reduzieren.

Im Juni wird US-Präsident Obama sich mit dem russischen Präsidenten Putin und dann mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping treffen. Beide Treffen werden vermutlich noch vor der geplanten zweiten Genfer Syrienkonferenz stattfinden. Wenn diese diplomatischen Bemühungen im Juni keinen Erfolg haben, dann droht der Welt eine existentielle Krise: Weltkrieg im Juli?

Jeffrey Steinberg