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Neue Solidarität
Nr. 25, 19. Juni 2013

Die dringenden Lehren aus dem Hochwasser 2013

Was ist eine ökologische Nische?

Alle Lebewesen haben eine solche Nische, also einen Lebensraum, an den sie perfekt angepaßt sind - doch wehe, wenn sich dieser Lebensraum ändert: Dann sterben die meisten Arten aus, weil sie sich den veränderten Gegebenheiten nicht anpassen können. Das einzige, was dann noch hilft, ist Evolution, hin zu einer neuen Spezies, die in den veränderten ökologischen Nischen leben kann.

Der Mensch aber ist das einzige uns bekannte Lebewesen, das keine starre ökologische Nische hat, sondern sich dadurch auszeichnet, daß er die Fähigkeit besitzt, jede Umgebung so umgestalten zu können, daß sie für ihn zum Lebensraum wird, also jede Nische zu seiner Nische machen zu können. Der Mensch ist sozusagen unendlich anpassungsfähig - wenn er es nur will.

Dieses Wollen ist jedoch in den letzten Jahrzehnten immer mehr zum Problem geworden, denn es scheint so, als wolle man es eben nicht mehr, und somit verändert sich die Umwelt um uns herum, aber wir passen uns nicht mehr an und müssen gegebenenfalls die Konsequenzen tragen.

Unter Anpassen verstehe ich hier aber keineswegs das passive Erleiden der Naturkräfte, sondern das beherrschen derselbigen, und dort, wo dies nicht geht, das Unschädlichmachen der für uns gefährlichen Naturkräfte. Für das letztere ist der Blitzableiter ein gutes Beispiel, denn obwohl wir nicht in der Lage sind, den Blitz als Naturphänomen zu steuern, sind wir dennoch in der Lage, ihn unschädlich zu machen und ihn in Schranken zu weisen. Würden wir uns nicht mehr um unsere Blitzableiter und ihre Pflege kümmern, verlören wir unsere Anpassung und würden sehr bald wieder zum Opfer von Stadtbränden.

Bei dem Hochwasser 2013 sind wir so betrachtet gleich mit zwei Problemen konfrontiert. Zum einen haben wir in den letzten Jahrzehnten wichtige Teile unserer Wasserinfrastruktur mehr und mehr verkommen lassen, und zum anderen haben wir uns nicht an die sich verändernde Umwelt angepaßt, indem wir nicht genug neue und bessere Infrastruktur zum Hochwasserschutz gebaut haben, obwohl abzusehen war das, daß das Wetter nicht auf ewig so stabil sein würde, wie es in den letzten 70 Jahren in Deutschland der Fall war. Nun haben wir die Quittung dafür bekommen - einige Beispiele:

Dies zeigt, was geschehen ist. Unsere Umgebung hat sich offensichtlich in einem Grad verändert, dem wir derzeit nicht ganz gewachsen sind.

Insgesamt mußten Tausende Menschen in Deutschland in Notunterkünfte evakuiert werden, und es wurden unzählige Häuser, Wohnungen, Betriebe und Bauernhöfe zerstört oder beschädigt. Damit aber weiterhin die Menschen versorgt werden können, Schaden minimiert und aufgeräumt, sowie Erste Hilfe geleistet werden kann, sind Zehntausende von Feuerwehrleuten, Sanitätern, THW-Kräfte, Polizisten und Soldaten im Einsatz, es kamen sogar französische und niederländische Soldaten, die ihre Hilfe anboten und mit anpackten.

Auch diese Leute gehören zur Infrastruktur einer Nation. Aber leider erleben wir im Zuge der Eurorettung seit Jahren mehr und mehr Einsparungen bei Rettungsdiensten, Feuerwehren und Polizei, was dann bei solchen Katastrophen in manchen Ortschaften zu erheblichen Verzögerungen und Engpässen führt. Aber wenn man manchen alten Menschen nicht geholfen hätte, aus ihren Wohnungen und Häusern zu kommen, wären sie nicht allein herausgekommen und dann möglicherweise im Hochwasser umgekommen - durch Überschwemmung, fehlende Medikamente oder ähnliches.

Bild: Flickr /Stefan Peninnger/CC-by-sa 2.0, euroluftbild.de/Grahn/CC-by-sa 3.0/de
Das Hochwasser richtet nicht nur in den nicht ausreichend geschützten Städten - beispielsweise in Passau (oben) - enorme Schäden an, die weitflächige Überschwemmungen - wie etwa an der Elbe bei der Hansestadt Havelberg (unten) - bedeuten auch große Verluste für die Landwirtschaft

Landwirtschaft

Ein anderes Thema, das uns in den nächsten Monaten noch öfters beschäftigen wird, ist die Zerstörung der Landwirtschaft durch das Hochwasser und die starken Niederschläge sowie deren Folgen. Die deutsche Landwirtschaft spricht derzeit nach ersten Umfragen von Schäden von 184 Mio. Euro, es ist aber zu erwarten, daß dieser Betrag noch deutlich ansteigen wird, wenn einmal alle Schäden erfaßt sind. Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner sagte, bis jetzt seien 335.000 ha, also 2% der landwirtschaftlichen Nutzfläche Deutschlands, betroffen. Bei den betroffenen Erzeugnissen handelt es sich um Spargel, Erdbeeren, Mais, Kartoffeln, Hopfen und Gemüse.

Dazu kommt noch das Problem, daß jetzt die Feldarbeit ausbleibt, weil es höhere Prioritäten gibt, die Wege nicht befahrbar sind usw. Durch den Schlamm und die Nässe werden die Pflanzen krank, die Verunkrautung nimmt zu und die Wurzeln leiden unter Sauerstoffmangel, was zu gehemmter Pflanzenentwicklung führt. Dadurch wird es, auch wenn das Wasser weg ist, zu weiteren Verlusten kommen.

Durch den Verlust vieler Grünlandflächen wird es dann auch zu Engpässen in der Tierversorgung kommen, weil es weniger Futtermittel gibt. Will man dann seine Tiere ausreichend versorgen, muß man teureres Futter zukaufen, was noch weitere Kosten für die betroffenen Bauern verursacht.

In Betracht gezogen werden muß auch der Verlust, den die Bauern durch ertrunkene Tiere oder geschädigte Tiere haben. Milchkühe können z.B., wenn sie lange mit dem Euter im Wasser stehen, Bakterieninfektionen erleiden und müssen dann unter Umständen geschlachtet werden. So gibt es bereits erste Warnungen, daß der Milchpreis ansteigen wird.

Die größten finanziellen Verluste für die Landwirtschaft wurden bisher aus Bayern gemeldet (115 Mio. Euro), gefolgt von Sachsen (29 Mio. Euro), Thüringen und Sachsen-Anhalt (jeweils 20 Mio. Euro). Schaut man sich die überflutete landwirtschaftliche Nutzfläche an, stellt sich das Ganze etwas anders dar, denn da kommt Sachsen-Anhalt zuerst mit 100.000 ha, Sachsen mit 70.000 ha und dann Bayern mit 50.000 direkt überschwemmter Fläche. Der Deutsche Bauern Verband (DBV) sprach von min. 150.000 ha direkt überfluteten landwirtschaftlichen Nutzflächen und sagte, dies könne auch leicht bis auf 250.000 ha ansteigen. Hinzu kommen noch die Flächen, die durch den Starkregen unbrauchbar gemacht wurden.

Der DBV schätzt die Schäden für die Landwirtschaft einschließlich der Tierhaltung auf mindestens 345 Mio.Euro. DBV-Generalsekretär Born sagt weiter, 18.000 landwirtschaftliche Betriebe seien vom Hochwasser betroffen und 800 davon seien direkt überflutet worden. Aber auch hier gilt, daß dies vorläufig die ersten Erfassungen sind, da sich viele Landwirte noch gar nicht gemeldet haben, weil sie noch alle Hände voll zu tun haben.

Das gibt eine deutliche Vorstellung davon, was für gefährliche Folgen es hat, wenn Landflächen überschwemmt werden, denn die wahren Schäden werden erst sichtbar, wenn das Wasser weg ist:

Wie groß der Gesamtschaden durch das Hochwasser sein wird, kann man jetzt noch nicht sagen, denn noch immer warten einige europäischen Länder - z.B. an der Donau - auf die Flutwelle und bereiten sich auf das Hochwasser vor. Aber man kann schon jetzt sehen, wie töricht es ist, nicht alles einzusetzen, was man hat, um diesen Schaden von der Bevölkerung abzuwenden.

Statistik kann töten

Statistisch kommt es nur alle 100 Jahre zu einer solchen Flut, und laut der Statistik trifft uns ein Asteroid wie der von 1908 in Tunguska nur alle 200 Jahre. Aber 2013 ist nicht das Jahr für Statistiken, denn es traf uns erst am 15. Feb. diesen Jahres über Tscheljabinks ein Asteroid, der statistisch erst in 100 Jahren zu erwarten war, und dann kommt vier Monate später ein Hochwasser, das noch 90 Jahre Zeit gehabt hätte.

Vielleicht sollten wir daraus unsere Lehren ziehen und endlich erkennen, daß Statistiken das Potential haben, uns umzubringen, und daher nicht unsere politischen Entscheidungen beeinflussen sollten. Doch offensichtlich haben Statistiker die politischen Entscheidungen mitgeprägt, als es darum ging, ob man Hochwasserschutz baut oder nicht und als wäre das nicht schon schlimm genug, kommt noch der Sparkurs der EU dazu. Diese unheilige Allianz muß zur Katastrophe führen, denn des öfteren sind es gerade die Statistiken, die dazu dienen, den Sparkurs von Bund und Ländern zu legitimieren, in dem man sagt, das Jahrhunderthochwasser war 2002, also können wir uns jetzt mindestens 95 Jahre Zeit lassen und erstmal andere Löcher stopfen. Diese Mentalität führte dann zu solchen Ergebnissen:

Vergleicht man die jetzigen Schäden des Hochwassers mit dem Kosten-Nutzen-Gedanken, sieht man, wie verrückt es ist, nicht das Gemeinwohl an oberste Stelle zu setzen. Doch das war in diesem Jahr bei weitem nicht das einzige Problem, das aus einer Naturkatastrophe ein völliges Desaster werden ließ, denn dazu wurde vielerorts der Hochwasserschutz von (vorrangig grünen) Bürgerbewegungen sabotiert. Mit ihren permanenten ichbezogenen Einwänden gegen den Flutschutz verzögerten sie den Bau wichtiger Schutzmaßnahmen, bis am Ende auf Grund dieser Initiativen ganze Städte überschwemmt wurden.

Dresden-Laubegast wurde überflutet, nachdem der Plan für den Hochwasserschutz fallengelassen worden war, weil Anwohner massiv dagegen protestiert hatten. In Dresden-Gohlis verhinderten die Anwohner die Erhöhung der Deiche und nun trafen die Wassermassen auf eine Baustelle, die eilig verschlossen wurde. Trotzdem versank Gohlis in den Fluten.

In Wilkau-Haßlau klagten Anwohner gegen Hochwasserschutz und verzögerten so den Bau, weshalb nur 2,5 km von 8 km der Schutzmauer fertig waren, als das Hochwasser kam. Obwohl Teile der Stadt überschwemmt wurden, haben sich die Maßnahmen zum Hochwasserschutz, die existierten, bewährt, sagte Christel Galla vom Ordnungsamt.

Zu diesen Fällen kommt aber auch noch hinzu, daß sich seit Jahren die Flußquerschnitte zunehmend verengen, auf Grund jahrzehntelanger Anstrengungen der Grünen, die Flußläufe nicht mehr richtig zu reinigen. Man spricht in diesen Fällen immer davon, daß man das Gestrüpp an den Flußläufen nicht beseitigen dürfe, weil es zum natürlichen Lebensraum der Tiere, wie z.B. Biber, gehöre. Doch wenn der Flußquerschnitt immer enger wird oder bestimmte Teilabschnitte dadurch extrem verengt werden, entstehen neue, völlig andere Flußdynamiken - der Fluß wird teilweise schneller, hat mehr Druck und auch höhere Pegelstände, was dann bei starken Niederschlägen oder dem Entlasten von Talsperren zu Überschwemmungen führt, weil der Fluß das Wasser nicht reichlich genug abtransportieren kann.

Gleichzeitig finden wir aber auch hier, Hand in Hand mit der grünen Ideologie, den zweiten apokalyptischen Reiter der heutigen Politik, den wir gerade eben schon kennenlernen durften: die Sparpolitik. In Ostdeutschland zum Beispiel war es vor 1989 normal, daß es einmal pro Jahr einen Flüsse- und Bäche-Tag gab, an dem alle Gewässer untersucht wurden und Dinge beseitigt wurden, die den Flußquerschnitt verengen. Heute gibt es so etwas nicht mehr, aufgrund der drei apokalyptischen Reiter von heute - Statistik, grüne Ideologie und Sparpolitik.

Und dann forderte man in den letzten Tagen allen Ernstes noch von Seiten diverser grüner Bewegungen, Agrarsubventionen sollten daran gebunden werden, ob die Bauern den Hochwasserschutz mittragen oder nicht. Mit anderen Worten: Geld soll erst dann fließen, wenn die Bauern bereit sind, ihre Felder abzutreten, um Überschwemmungsflächen zu schaffen. Aber dabei soll es nicht bleiben, die Bauern müssen sich noch dazu verpflichten, umweltbewußte Landwirtschaft zu betreiben, weil Bioböden angeblich wesentlich mehr Wasser aufnehmen können als herkömmlich bewirtschaftete Böden. Um das ganze dann noch auf die Spitze zu treiben, soll dies alles keineswegs nur für hochwassergefährdete Gebiete gelten, sondern überall in Deutschland der neue Standard werden. Das bedeutet dann weniger Erträge pro Fläche, höherer Arbeitsaufwand, mehr Kosten und teurere Lebensmittel.

Natürlich könnte man das noch weiter führen, aber an dieser Stelle sollen diese Beispiele - stellvertretend für das gesamte verrückte Paradigma der heutigen Politik - genügen.

„Töricht ist, zu erleiden, was zu vermeiden wäre“

Die Wut auf die unverantwortlichen Bürgerinitiativen, Grüne und Sparpolitik wird noch größer, wenn man wie Christel Galla sieht, daß die Hochwasserschutzmaßnahmen dort, wo sie existierten, gute Arbeit geleistet und somit bewiesen haben, wie sinnvoll Hochwasserschutz ist. So kann man zumindest sagen, daß bei all den Schäden und Tragödien der letzten Tage auch einige Dinge tadellos funktioniert haben und daß selbst dort, wo der Wasserpegel über den Hochwasserschutz kletterte, immer noch weniger Schäden entstanden sind, als wenn es von vornherein keinen Schutz gegeben hätte.

Was wurde getan? Auf 760 km wurden Flußläufe renaturiert, die Fließgeschwindigkeit reduziert, Schutzmauern errichtet, Deiche zurückverlegt und auf 420 km saniert, um Überlaufgebiete zu schaffen, Wasserspeicher wurden verbessert und Rückhaltepolder eingerichtet.

Warum? Das bayrische Umweltministerium rechnet mit drastischeren Hochwässern als in der Vergangenheit. Deiche müssen aber auch erneuert und verbessert werden, denn Deiche sind im Durchschnitt nur darauf ausgelegt, das Wasser für ca. 4-5 Tage zurückzuhalten. Wenn sie dann nach 7 Tagen aufgrund des enormen Drucks der Wassermassen brechen, ist das nicht verwunderlich. Daher braucht man vielfältigen Hochwasserschutz, und um so wichtiger ist die Instandhaltung der bereits bestehenden Infrastruktur.

Aber man erkennt auch, daß die Renaturierung der Flußbette nur dort sinnvoll ist, wo man es machen kann, denn bei der Donau zum Beispiel geht es nicht ohne technischen Hochwasserschutz, da der Fluß eine sehr hohe Siedlungs- und Infrastrukturdichte besitzt.

Im Fazit kann man also ganz deutlich sagen, daß man natürlich nicht alles immer schützen kann, aber auch daß man wesentlich weniger Schaden hätte, wenn die Regierenden nach 2002 ohne Verzögerungen überall dort, wo es angebracht gewesen wäre, Hochwasserschutz geschaffen hätten. Daher heißt es für die Zukunft in Deutschland, daß der Kampf nur sekundär dem Wasser gilt und primär den drei Reitern: dem statistischen Denken, der grünen Ideologie und der Sparpolitik.

Auch wenn dies an dieser Stelle für einige komisch klingen mag: Der erste Schritt zur Erfüllung dieses Primärziels ist die originale Glass-Steagall-Bankentrennung aus den USA von 1933. Denn sie wäre der erste Schritt, um die jetzige Finanzkrise und damit die Sparpolitik zu beseitigen. Mit einem neuerrichteten Finanz- und Kreditwesen mit souveränen Währungen könnten wir genau die Infrastruktur umsetzen, die uns schützen und weitere Aus- und Aufbaumöglichkeiten für unsere Nation erschließen würde, und das würde die grüne Ideologie beseitigen, weil so etwas mit ihr nicht möglich ist. Die dadurch eintretende sprunghafte Entwicklung, die im Gegensatz zum Statistiker nur der richtige Ökonom prognostizieren kann, wird die Statistik wieder in ihre Schranken gewiesen werden.


Anmerkung

1. Augustinus