|
|
Dank der Aktivitäten der italienischen LaRouche-Bewegung Movisol (Movimento Internazionale per i Diritti Civili - Solidarietà) gibt es in Italien gleich auf mehreren Ebenen Initiativen für eine Glass-Steagall-artige Bankentrennung: in beiden Kammern des Parlaments, in Kommunal- und Regionalparlamenten und als Bürgerbegehren.
Schon kurz nach der Eröffnung des neuen Parlaments am 22. März legten dort sieben Abgeordnete der Lega Nord einen Gesetzentwurf zur Bankentrennung vor. Er ist unterschrieben von den Abgeordneten Caparini, Pini, Fava, Molteni, Fedriga, Bragantini und Grimoldi. Der jetzige Text stimmt weitgehend mit einem im Senat im Januar 2012 vorgelegten Gesetzentwurf (Nr. 3112) des früheren Senators Oskar Peterlini (Südtiroler Volkspartei) überein, der nicht zur Abstimmung kam. Am 28. Mai brachte der frühere Wirtschafts- und Finanzminister und jetzige Senator Giulio Tremonti einen eigenen Gesetzesentwurf im Senat ein.
Caparini hatte im November 2012 zusammen mit Liliana Gorini von Movisol bei einer Konferenz zum Thema Glass-Steagall und Kreditsystem für die Realwirtschaft in Brescia gesprochen. Wie Caparini anschließend sagte, wurde ihm dabei deutlich, daß die Mitglieder von ihm verlangen, für Glass-Steagall-Bankentrennung einzutreten, statt sich nur um Einzelthemen wie Homosexuellenehe oder „Steuereinnahmen im Norden behalten“ zu äußern. Gorini und Caparini waren auch mehrfach zu Gast in der Talkshow Che aria tira (Was ist los) von Roberto Ortelli. Zuhörer dieses Radioprogramms haben Hunderte von Briefen an ihre Abgeordneten, Bürgermeister und Gewerkschaftsvertreter geschickt, in denen sie verlangen, daß diese sich für Glass-Steagall und die Wiederbelebung der Realwirtschaft einsetzen. Ähnliche Briefe und Mails schickten Leser der Movisol-Webseite und von Gorinis Facebook-Seite.
Der Entwurf Tremontis im Senat hat die Nr. 717 und trägt den Titel „Mandat der Regierung für eine Bankenreform durch die Trennung von produktivem Kredit und spekulativen Finanzaktivitäten“. Der Text ist mit einer Vorlage identisch, die Tremonti bereits während der letzten Legislaturperiode eingebracht hatte.
In dem Gesetzestext heißt es u.a., man müsse das „Modell der sogenannten ,Universalbank’ aufgeben, das die DNA systemrelevanter Banken darstellt und das zum Sprungbrett für die verheerende globale Megabank geworden ist. Dafür ist erforderlich, eine neue, modernisierte Version des Glass-Steagall-Gesetzes von 1933 einzuführen. Kurz, es ist heute wie damals notwendig, eine Brandmauer zwischen normalen Banken und Zockerbanken zu errichten, so daß reguläre Banken nicht länger ihre Einlagen an die Casinobanken verleihen oder ihre strukturierten Produkte kaufen können.“
Ohne eine breite Bewegung für Glass-Steagall wird sich das Parlament wahrscheinlich nicht ernsthaft mit Caparinis oder Tremontis Vorlagen befassen. Daher hat Movisol einen Gesetzentwurf per Volksbegehren, eine sog. Legge di Iniziativa Popolare (LIP), in Gang gesetzt. Das Parlament ist verpflichtet, über eine solche Initiative zu beraten, sobald 50.000 gültige Unterschriften dafür gesammelt wurden.
Am 10. Mai wurde eine solche Petition für eine Glass-Steagall-Gesetzgebung beim italienischen Corte di Cassazione (Oberster Gerichtshof) registriert, seitdem hat die Unterschriftensammlung begonnen. Organisator der Petition ist eine neue Organisation namens „Comitato di Liberazione Nazionale“ (CLN, Nationales Befreiungskomitee). Der Name CLN stammt von der historischen Organisation des italienischen Widerstands gegen den Faschismus (1943). Das heutige CLN wurde von vier Bewegungen gegründet, darunter Movisol. Ende Juni läuft mit einer Aktionswoche eine Intensivierung der Unterschriftensammlung in zahlreichen Städten und kleineren Kommunen an.
Die Trennbankendebatte bewegt sich inzwischen auch auf einer mittleren Ebene, über lokale und regionale Institutionen. Am 17. Mai verabschiedete der Regionalrat der Toskana eine Resolution, in der eine „dem Glass-Steagall-Gesetz entsprechende Banken- und Rechtsreform“ gefordert wird. Eingereicht am 10. Mai durch Gabriele Chiurli, gab es bei nur einer Enthaltung keine einzige Gegenstimme. Die Online-Zeitung Gonews.it berichtete: „Der Regionalrat der Toskana beauftragt damit die Regionalregierung, mit dem Ziel einer Gesetzgebung zur Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken, entsprechend der Prinzipien und des Modells des Glass-Steagall-Gesetzes, auf die nationale Regierung einzuwirken.“
Weiter heißt es: „Die Resolution erinnert daran, daß das [italienische] Bankgesetz von 1993 das Bankgesetz von 1936 ablöste, das den Glass-Steagall-Standard in Italien eingeführt hatte. Zusätzlich erlaubte das Amato-Gesetz von 1992 und das Draghi-Gesetz von 1998 den Banken, ihre Spezialisierungen aufzugeben und zu Universalbanken zu werden, d.h. sich in allen Geschäftsbereichen einschließlich Investmentbanking zu betätigen.“
Weitere Resolutionen für die Wiedereinführung der Glass-Steagall-Bankentrennung laufen in zwei Stadtparlamenten, in Alessandria im Piemont und der Kleinstadt Olgiate Olona in der Lombardei. Eingebracht wurden sie in Olgiate Olona von der Stadträtin Giorgia Cantú (Lega Nord), die die Arbeit von Movisol verfolgt, und in Alessandria von Stadtrat Marco Botta von der konservativen Gruppe Fratelli d’Italia, einer Abspaltung von der PDL, von der bei der letzten Wahl auch einige Abgeordnete ins nationale Parlament gewählt wurden.
Auch im Europaparlament wurden die Movisol-Vorschläge von italienischen Vertretern aufgegriffen, insbesondere von der stellv. Vorsitzenden des Außenhandelsausschusses, Cristiana Muscardini, und vom unabhängigen Abgeordneten Claudio Morganti. Muscardini hat die EU-Kommission mit zahlreichen Anfragen zu Glass-Steagall zur Rede gestellt, Morganti hat EZB-Chef Mario Draghi damit konfrontiert und mehrmals in Reden vor dem Parlamentsplenum Glass-Steagall gefordert.
In der Plenarsitzung des Europaparlaments am 21. Mai sprach sich Morganti in der Debatte über eine europäische Bankenunion klar gegen die Vorlage der EU-Kommission und für das Glass-Steagall-Modell aus. Morganti sagte:
„In Italien beschäftigte uns in den letzten Monaten der bekannte Fall des Bankhauses Monte dei Paschi: Ich bezweifle, daß eine europäische Bankenaufsicht effektiver gewesen wäre - obwohl man es noch schlimmer nicht hätte machen können. Damals war Mario Draghi Chef der italienischen Zentralbank (Banca d’Italia) und er hat nichts unternommen. Ich hoffe, daß sich so etwas nicht wiederholt, jetzt in seiner neuen Rolle in der EZB - denn in dem Falle müßte ganz Europa die Konsequenzen tragen.
Ich frage mich, welchen Nutzen und welche Effektivität die neue Europäische Bankenaufsicht haben wird, denn bisher war sie praktisch nutzlos. Sie war lediglich die soundsovielte nutzlose europäische Institution. Deswegen hat es vielleicht seine eigene Logik, sie der EZB zu unterstellen.
Aus meiner Sicht rührt ein wesentlicher Teil der Probleme der Banken aus einem Irrtum, den ich in diesem Hause schon mehrmals zur Sprache gebracht habe: die bedauernswerte Aufhebung der Bankentrennung, die sich am amerikanischen Glass-Steagall Act orientiert hatte. Gerade letzte Woche wurde im amerikanischen Senat ein Gesetzesentwurf eingebracht, um das Glass-Steagall Gesetz wieder in Kraft zu setzen, ähnlich der Gesetzesvorlage, die bereits im Repräsentantenhaus zirkuliert.
Europa sollte diesem Weg folgen. Heute sprechen wir hier über eine Bankenunion, aber vielleicht würden uns aus einer Bankentrennung weit größere Vorteile erwachsen.“
Auf Anregung Morgantis stimmte der Wirtschaftsausschuß des Europaparlaments am 18. Juni für einen Resolutionsentwurf, der sich in der Einleitung auf Glass-Steagall bezieht. Die EU-Kommission wird aufgerufen, eine Bankreform vorzubereiten, durch die Geschäftsbank- und Investmentgeschäft voneinander getrennt werden.
Claudio Celani