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Neue Solidarität
Nr. 26, 26. Juni 2013

Ein neues kulturelles Paradigma gegen Finanzkrach und Kriegsgefahr

Von Alexander Hartmann

Auch wenn im Kommuniqué des G-8-Gipfels in Nordirland dank des entschiedenen Widerspruchs des russischen Präsidenten Wladimir Putin die Forderung nach der Absetzung des syrischen Präsidenten Assad nicht erhoben und statt dessen der Aufruf zur Genfer Syrien-Konferenz bekräftigt wurde, sei die Weltlage immer noch extrem gefährlich, betonte die Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, Helga Zepp-LaRouche, am 20. Juni in ihrer Rede beim Berliner Landesparteitag der BüSo. Die Welt stehe am Rande des Dritten Weltkriegs und unmittelbar vor einem Kollaps des Weltfinanzsystems, der die Ereignisse von 2008 bei weitem in den Schatten stellen werde. Und selbst wenn es diese beiden Gefahren nicht gäbe, habe die Menschheit keine Zukunft, wenn sie nicht schleunigst einen radikalen Bruch mit ihrer derzeitigen Kultur vollziehe.

Wie gespannt die derzeitige Lage tatsächlich ist, zeigte sich besonders deutlich beim erwähnten G-8-Gipfel. Vor allem US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron setzten sich dort nachdrücklich für direkte Waffenlieferungen an die syrischen Rebellen ein. Ihnen mußte jedoch klar gewesen sein, daß sie es schwer haben würden, dem russischen Präsidenten ihre Linie aufzuzwingen, nachdem dieser unmittelbar vor dem Gipfeltreffen vor Journalisten darauf hingewiesen hatte, daß der Westen in seinem Eifer, Assad zu stürzen, nicht einmal davor zurückschrecke, Kannibalen zu unterstützen. Die Washington Times zitierte Putin: „Man muß wirklich keine Leute unterstützen, die ihre Feinde nicht bloß töten, sondern auch deren Leichen öffnen und in aller Öffentlichkeit und vor Kameras deren Innereien essen. Sind das die Leute, die man unterstützen will? Sind das die Leute, denen man Waffen liefern will? Dann hat das wohl wenig zu tun mit den humanitären Werten, die in Europa seit Jahrhunderten gepredigt werden.“

Trotzdem versuchten Cameron, Hollande und Obama verzweifelt alles in ihrer Macht stehende, um Putin zu einer Abkehr von seiner Politik und zur Unterstützung des Sturzes von Assad zu bewegen. Aber Putin machte deutlich, daß er um kein Jota vor der Wahrung der nationalen Souveränität Syriens abweichen wird - und er stellte ebenso unmißverständlich fest, daß Rußlands Waffenlieferungen an die souveräne syrische Regierung vollkommen im Einklang mit dem Völkerrecht stehen, ganz im Gegensatz zur westlichen Unterstützung für die Rebellen.

Widerstand im Westen

Lyndon LaRouche kommentierte das Ergebnis des Gipfeltreffens, die unnachgiebige Haltung Putins habe große Probleme für Obama und für die Briten geschaffen, denn die Bestrebungen, Assad zu stürzen, stoßen nicht nur bei Putin auf Widerspruch, sondern auch in Großbritannien selbst bei den Liberalen Demokraten innerhalb der britischen Regierungskoalition und Teilen der Labour Party. Und Obama komme im eigenen Land unter Druck wegen der Ankündigung seiner Regierung unmittelbar vor dem Gipfel, die USA würden mit der direkten Unterstützung der syrischen Rebellen beginnen, mit der äußerst fragwürdigen Begründung, die syrische Regierung habe in dem Konflikt Saringas eingesetzt. Entscheidend ist dabei weniger Syrien selbst, sondern die Folgen, die eine Militärintervention in Syrien hätte.

Wie schon in der Vergangenheit kommen die Stimmen der Vernunft in den USA vom Militär, wie ein Zwischenfall zeigt, über den Bloomberg.com berichtete. In der vergangenen Woche habe Außenminister John Kerry sofortige Luftangriffe auf Flugplätze in Syrien gefordert, insbesondere gegen diejenigen, von denen aus die „Chemiewaffen“ angeblich eingesetzt wurden. Diese Forderung wurde laut Bloomberg vom Vorsitzenden der Vereinten Stabschefs Martin Dempsey energisch zurückgewiesen, der Kerry mit einer „Serie brüsker Einwürfe“ unterbrochen habe und „von ihm wissen wollte, was denn genau die weiteren Pläne nach den Luftangriffen seien, und darauf hinwies, daß das Außenministerium offenbar die Komplexität einer solchen Operation nicht ganz begreife“.

Dempsey habe Kerry informiert, daß die USA nicht einfach ein paar Bomben abwerfen oder ein paar Raketen auf Ziele in Syrien abfeuern können, sondern daß sie vorher die komplexe syrische Luftabwehr ausschalten müssten, wozu mehr als 700 Angriffsflüge notwendig seien. Dem Bericht zufolge belehrte Dempsey Kerry, eine Forderung des Außenministeriums nach voreiligen militärischen Maßnahmen im syrischen Bürgerkrieg sei keineswegs willkommen, insbesondere in einer Zeit, in der das US-Militär erschöpft sei und das Budget des Pentagon durch die automatischen Haushaltskürzungen beschnitten werde.

Bloomberg weiter: „Dempsey betonte: Ohne eine brauchbare Eingangsstrategie, ohne irgend etwas, was an eine Ausgangsstrategie erinnere, und ohne ein klares Verständnis der Konsequenzen eines amerikanischen Luftangriffs werde sich das Pentagon sehr zurückhalten, sich hinter Kerrys Plan zu stellen. So blieb es vorerst bei dem Beschluß, den syrischen Rebellen bis auf weiteres nur kleinere Waffen und Munition zu liefern.“

Mit anderen Worten, die US-Regierung hat weder eine klare Vorstellung, wie sie einen solchen Krieg mit Aussicht auf Erfolg beginnen soll, noch eine Vorstellung, wie sie aus dem Krieg wieder herauskommen will, nachdem sie ihn einmal angefangen hat, noch eine Vorstellung davon, welche weiteren Konsequenzen ein Angriff auf Syrien hätte. Und weil das so ist, lehnt die Militärführung solche Abenteuer ab.

Das eigentliche Problem ist jedoch nicht Außenminister Kerry, sondern Präsident Obama, der der Welt und insbesondere Rußland und China schon durch die Ernennung von Sicherheitsberaterin Susan Rice und UN-Botschafterin Samantha Power, die als Verfechter sogenannter „humanitärer“ Interventionen bekannt sind, signalisiert hat, daß er nicht bereit ist, die nationale Souveränität anderer Länder zu respektieren, und damit befindet er sich weiterhin auf Kollisionskurs mit Rußland und China.

Aber, wie schon gesagt, nicht alle in den westlichen Regierungsinstitutionen unterstützen diesen Wahnsinn. Insbesondere in den amerikanischen Geheimdienstkreisen sei man zu dem Schluß gekommen, daß der Kongreß seine Aufsichtspflicht gegenüber der US-Regierung bisher nicht wahrnehme und daß dies ohne eine dramatische Änderung der Lage auch nicht zu erwarten sei, so berichtete Helga Zepp-LaRouche. Das sei der Hauptgrund für die Welle von Skandalen gegen die Regierung Obama, die in den letzten Wochen losgebrochen ist. Diese Welle von Skandalen habe die Stimmung in der Bevölkerung nun entschieden gegen Obama gewendet.

Mobilisierung der Bevölkerung notwendig

Tatsächlich, betonte sie, sei für den Ausweg aus der Krise die Mobilisierung der Bevölkerung ganz entscheidend, und dies zu erreichen, sei in Deutschland die Hauptaufgabe im anstehenden Bundestagswahlkampf. Was die anderen Parteien in diesem Wahlkampf als „Themen“ behandeln, habe nichts mit den realen Nöten der Bevölkerung zu tun und sei vollkommen lächerlich. Entscheidend sei es, die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trenbankensystems zu erreichen - nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa.

Sie beschrieb dann, was bevorstehe, wenn das nicht geschehe: Seit der Abkopplung des Dollars vom Gold 1971 und insbesondere seit der Aufhebung des Glass-Steagall-Gesetzes 1999 sei eine Spekulationsblase aufgebaut worden, die 40 Mal so groß sei wie das Wirtschaftsvolumen der ganzen Welt. Nach dem Platzen dieser Blase habe man ab 2008 die Politik der Bail-outs verfolgt und die Banken mit rund 30 Billionen Dollar gestützt, aber weil die Regierungen inzwischen an ihre finanziellen Grenzen stoßen, gehe man nun daran, nach dem „Zypern-Modell“ in einem sogenannten „Bail-in“ die Guthaben der Bankkunden zugunsten der Spekulanten zu enteignen.

Das bedeute nicht nur, daß der Bevölkerung die Ersparnisse genommen werden, sondern auch, daß die Unternehmen ihr Betriebskapital verlieren; in Zypern sei die Wirtschaft durch den Bail-in praktisch zum Stillstand gekommen. Die Folge seien nicht nur soziales Chaos und Massenentlassungen, sondern auch eine Erhöhung der Sterberate und eine Verkürzung der Lebenserwartung. So sei ihr von glaubwürdiger Seite berichtet worden, ein hochstehender deutscher Politiker habe im vertrauten Kreis geäußert, man müsse die Lebenserwartung der Bevölkerung auf 66 Jahre senken, weil die Renten nicht mehr bezahlt werden könnten; es sei damit zu rechnen, daß noch vor Jahresende 100 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt benötigt würden, um Banken zu stützen.

Man müsse davon ausgehen, daß es unter solchen Umständen zu massiven Protesten kommen werde, und die EU erwarte dies auch - beispielsweise in Berlin, im Ruhrgebiet, im Rhein-Main-Gebiet und in den Vorstädten von Paris. Aber nicht nur Unruhen seien zu erwarten, sondern auch Krieg.

Der Ausweg liege in der sofortigen Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems und der Schaffung einer gemeinsamen Plattform für die Zusammenarbeit der Supermächte in Projekten im gemeinsamen Interesse der Menschheit, wie dem „Plan für ein Wirtschaftswunder für Südeuropa, den Mittelmeerraum und Afrika“ oder dem Projekt der „Nordamerikanischen Wasser- und Stromallianz“.

Ein neues Paradigma

Dazu sei jedoch ein neues Paradigma notwendig, denn mit ihrer gegenwärtigen Kultur werde die Menschheit nicht überleben. Sie beschrieb eindringlich die kulturelle Krise, die der Jugend jede Perspektive nehme. Bei einer Jugendarbeitslosigkeit, die in manchen Städten 70-75% erreiche, und einer Massenkultur, die die Menschen nur noch als Objekt betrachte, werde die Jugend in Kriminalität und eine Null-Bock-Haltung getrieben, die es ihr unmöglich mache, sich angemessen auf die Aufgaben der Zukunft vorzubereiten. Es sei eine Horrorvision, sich vorzustellen, wie die Welt ausschauen werde, wenn aus solchen Kindern führende Politiker geworden sind.

Wesentlich sei es, ein Paradigma zu schaffen, das auf der Kreativität des Menschen beruht. Kreativität bestehe aber nicht darin, „töpfern zu lernen“, sondern im Erkenntnisgewinn. Sinnliche Erfahrungen reichten dazu nicht aus, es bedürfe vielmehr einer kulturellen Anstrengung, um zu verstehen, was Kreativität ist. Sie empfahl ihrem Publikum, die Rolle des „Chores“ in Shakespeares Dramen, Johann Sebastian Bachs Präludien und Fugen oder Schillers Wallenstein-Trilogie zu studieren. Anhand dieses Werkes beschrieb sie, wie Schiller nach seinem intensiven Studium des Dreißigjährigen Krieges als Hypothese ein ganz anderes Bild des Wallenstein entwarf, als es von Wallensteins Gegnern, den Habsburgern, überliefert wurde.

Dazu sei ein Gedankensprung notwendig gewesen. Diese Fähigkeit zu kreativen Gedankensprüngen müsse man entwickeln, um das heute vorherrschende oligarchische Denken hinter sich zu lassen. Dazu müsse man den Blick für die Größe und Schönheit der Schöpfung entwickeln und schärfen.

Dies sei von entscheidender Bedeutung in der unmittelbaren Krise, in der wir uns befinden, denn nur dann, wenn man diese Fähigkeit in den Menschen anspreche, könne man ihren Pessimismus überwinden und sie dazu mobilisieren, als aktive Staatsbürger für eine vernünftige Lösung zu kämpfen.