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Fast die gesamte Fraktion der „Fünf-Sterne-Bewegung“ im italienischen Senat unterzeichnete einen Gesetzesantrag zur Einführung eines echten Trennbankensystems.
Im italienischen Senat wurde am 1. Juli von Senator Giuseppe Vacciano von der „Fünf-Sterne-Bewegung“ (M5S) ein Gesetzentwurf für ein Trennbankengesetz nach dem Vorbild des Glass-Steagall-Gesetzes eingebracht und von fast allen Mitgliedern der M5S-Fraktion im Senat (48 von 50 Senatoren) unterzeichnet.
Auf der Internetseite des Pressesprechers der M5S-Senatsfraktion wurde der Antrag am 1. Juli angekündigt mit einer Videoerklärung von Vacciano mit dem Titel „Endlich: M5S geht voran zum neuen Glass-Steagall-Gesetz zur Trennung der Geschäftsbanken von den Investmentbanken“ (http://www.byoblu.com/post/2013/07/02/finalmente-m5s-via-al-nuovo-glass-steagall-act-per-la-separazione-delle-banche-daffari-da-quelle-commerciali.aspx).
In dem Video wird erklärt, daß das Gesetz „die Verflechtungen aufbrechen will, die schon nach der Großen Depression von 1929 dank US-Präsident Roosevelt durch die Einführung des Glass-Steagall-Gesetzes 1933 aufgebrochen worden waren. Diese Verflechtungen wurden 1999 unter dem Druck der großen Investmentbanken von der Regierung Clinton wiederhergestellt, was zu einer neuen Krise führte, die schlimmer ist als die des letzten Jahrhunderts.“ Vacciano kündigt dann in dem Video an, daß er den Gesetzentwurf noch am selben Tag einbringen werde.
Radiocor/Il Sole 24 Ore zitiert aus Vaccianos Erklärung: „Das Gesetz... schreibt eine Trennung zwischen Geschäftsbanken und Investmentbanken vor, eine Frage, über die schon lange politisch diskutiert wird, in der aber anscheinend niemand bereit ist, wirklich etwas zu tun. Nun liegt es beim Vorsitzenden des Senats, Pietro Grasso, sie dem Finanzausschuß zuzuweisen, dessen Mitglied ich bin, und es zur Diskussion zu stellen. Ich hoffe, größtmögliche Unterstützung zu finden, da dies kein Problem der M5S und auch kein Problem irgendeiner anderen Partei ist, sondern ein Problem des ganzen Landes. Diese Lage... hat in Italien zu einem Skandal geführt, den wir sehr gut kennen: er heißt Monte dei Paschi di Siena.“ (Die Bank hatte hohe Spekulationsverluste und mußte mit Milliarden vom Staat gerettet werden.)
Der Text des Gesetzentwurfs (http://www.byoblu.com/wp-content/uploads/ddl_separazione_banche.pdf) enthält eine sehr lange Einführung, in der viele Teile aus dem Text der Resolution übernommen sind, die im Mai vom Regionalrat der Toskana verabschiedet wurde und offensichtlich als Vorbild diente. Vacciano, ein regionaler Vertreter der Bank von Italien, hat aber auch eigene Teile hinzugefügt, darunter einen Überblick über alle Vorschläge für „Bankenreform“ in Europa und den Vereinigten Staaten: Liikanen, die Reformgesetze in Deutschland und Frankreich, Vickers’ „Umzäunung“ und das Frank-Dodd-Gesetz in den USA.
Er liefert auch den historischen Hintergrund:
„Die Trennung der Bankaktivitäten, die 1933 in den Vereinigten Staaten unter der Präsidentschaft Franklin Delano Roosevelts durch das berühmte Glass-Steagall-Gesetz eingeführt wurde und den finanziellen Exzessen, die der Ursprung der Großen Depression waren, ein Ende setzte, dämmte die finanziellen Exzesse und moralischen Versuchungen für die Bankiers ein, deren unersättliche Geldgier die ernsthafteste, schwerste und allgemeinste Krise seit der Großen Depression von 1929, als die Weltwirtschaft noch nicht globalisiert war, verursachte. Die Abschaffung des Glass-Steagall-Standards, die unter dem Druck der Investmentbanken von der Regierung Clinton bewirkt wurde, war die Hauptursache der Finanzkrisen und -desaster, die viele Opfer unter den Familien und Unternehmen auch in Italien gefordert haben. Seit dem Platzen der Derivatblase - Derivate sind hyperspekulative Instrumente, die völlig von produktiven Investitionen abgekoppelt sind und die Ressourcen aus der realen Wirtschaft in ein wahres globales Kasino ableiten - hat die Gefahr von Bankpleiten die Regierungen und Zentralbanken zu einer Serie von Rettungsaktionen veranlaßt, die von der Allgemeinheit bezahlt werden...
Unter den ersten Maßnahmen gegen die Finanzkrise von 1929 gehörte eine klare Trennung zwischen den traditionellen Banken und den Investmentbanken. Die beiden Aktivitäten sollten nicht von demselben Institut praktiziert werden. Das Ziel war es, zu verhindern, daß ein Scheitern des spekulativen Teils (Investmentbankgeschäfte) zu einer Zahlungsunfähigkeit des traditionellen ,Geschäftsbank’-Teils führt, in dem die Kundeneinlagen und Kredite für die reale Wirtschaft (Hypothekenkredite und Kredite für produktive Firmen) liegen.“
Monte dei Paschi (MPS) wird als Beispiel angeführt, um die Wiedereinführung der Bankentrennung heute zu rechtfertigen. Es wird beschrieben, wie man mit der Bank verfahren sollte:
„Zuerst durchleuchtet die Regierung MPS, um die spekulativen und die normalen geschäftlichen Aktivitäten zu identifizieren, und dann spaltet sie die Bank in zwei Teile. Am Ende bekommt der Geschäftsbankenteil Geld von der Regierung, um die Einlagen zu garantieren und die Kredite zu decken. Der andere Teil wird einem geordneten Insolvenzverfahren unterzogen (ein großer Teil der Schulden wird ,gelöscht’)...
Italien kann in eine neue Ära eintreten, indem es zu den Ursprüngen zurückkehrt, um moralische Versuchungen für die Bankiers zu vermeiden und wieder eine reale Kreditfunktion herzustellen, die darauf abzielt, die Ersparnisse zu sammeln und als wichtiger Motor für die Wirtschaft klug zu investieren. Die Trennung der gewöhnlichen (Geschäfts-)Banken von den Investmentbanken, die auf den spekulativen Märkten operieren, verhindert nicht nur, daß Familienhaushalte, Unternehmen und normale Sparer die Rechnung für geldgierige Banker zahlen müssen, die gewohnt sind, globale Spekulationsblasen zu schaffen; sie hätte auch die Funktion, das Land aus einer Kultur der leichten Gewinne durch Glücksspiele auf den Märkten herauszuziehen, einer wahren kollektiven Blindheit, die die Gesetzgeber in aller Welt einnahm für den Mythos vom Wohlstand ohne Opfer, durch rücksichtslosen Einsatz von Derivaten und Schaffung von Geld aus dem Nichts. Die reale Wirtschaft und die mit Schweiß erarbeiteten Ersparnisse dürfen nicht von der spekulativen Finanzwelt geschluckt werden; deshalb ist es mehr als dringend, jene chinesische Mauer wiederaufzubauen, die die Investmentbanken und die Banker, die sich am Geld der Einleger und Sparer bereichern, von den Banken trennt, die ihr Geld an die reale Wirtschaft verleihen.“
Weiter heißt es: „Die Regierung wird mit dieser Maßnahme beauftragt, Regeln einzuführen, die darauf abzielen, eine Trennung zwischen den Geschäftsbanken und den Investmentbanken herzustellen, nach den Maßstäben und dem Vorbild des Glass-Steagall-Gesetzes, und dabei die Notwendigkeit zu berücksichtigen, ein Modell des traditionellen, nicht-spekulativen Bankwesens zu betonen und seine besondere soziale und wirtschaftliche Rolle anzuerkennen.“
Das Gesetz enthält 6 Artikel, die die beiden verschiedenen Banktypen definieren und alles aufführen, was die Geschäftsbanken tun bzw. unterlassen müssen und welche Geschäftsbeziehungen sie haben dürften.
Vaccianos Entwurf ist der vierte Gesetzesentwurf für ein Glass-Steagall-artiges Trennbankengesetz, das derzeit im italienischen Parlament vorliegt. Es gibt einen weiteren im Senat, der vom früheren Wirtschaftsminister Giulio Tremonti stammt, und zwei in der Deputiertenkammer, die von Davide Caparini von der Lega Nord bzw. Marco di Lello von der linken PSI-PD eingebracht wurden.
Es bestehen gute Chancen, daß der Vorsitzende des Senats, Pietro Grasso, ein Mitglied der Demokratischen Partei, der auch mit den Stimmen der M5S gewählt wurde, Vaccianos Gesetz nicht blockiert, sondern an den Finanzausschuß des Senats weiterleitet.
Claudio Celani