Nr. 39, 25. September 2013
Fünfter Jahrestag der Lehman-Pleite: immer mehr Stimmen für Glass-Steagall
Etliche prominente Fürsprecher einer Rückkehr zum
Glass-Steagall-Trennbankensystem nahmen den fünften Jahrestag der Pleite der
Investmentbank Lehman Brothers zum Anlaß, ihre Forderung erneut zu
bekräftigen. Einige Beispiele:
- Die demokratische Abgeordnete Marcy Kaptur rief am 18.
September im Kongreß mit einer Rede ihre Kollegen dazu auf, ihre
Gesetzesvorlage H.R. 129 für Glass-Steagall, das „Gesetz für die Rückkehr zu
vernünftigem Bankwesen“, zu unterstützen. Außerdem verlangte sie von der
Regierung, die Verantwortlichen für die Krise strafrechtlich zur Verantwortung
zu ziehen.
- Senatorin Elizabeth Warren (D-MA), deren Gesetzesvorlage für
Glass-Steagall bisher zehn Unterstützer hat, veröffentlichte am selben Tag
einen Kommentar im Boston Globe mit der Überschrift
„Glass-Steagall-Gesetz für das 21. Jahrhundert würde das Risiko eines weiteren
Crashs senken“. Darin schreibt sie, Glass-Steagall werde „die Monster
auseinandernehmen“ und sicherstellen, daß sie nicht länger die
US-Volkswirtschaft als „Geisel halten“.
- Die demokratische Abgeordnete Tulsi Gabbard wies in einer
Pressemitteilung darauf hin, daß fünf Jahre nach der Krise „die größten Banken
noch größer geworden sind“ und unterstrich ihre Unterstützung für die
Wiederherstellung des Glass-Steagall-Gesetzes und der Kaptur-Gesetzgebung H.R.
129.
- Der frühere Arbeitsminister Robert Reich veröffentlichte
zeitgleich in mehreren US-Zeitungen (u.a. im Kansas City Star) eine
Kolumne, in der er sich außergewöhnlich klar für die Wiedereinführung von
Glass-Steagall einsetzte. Darin heißt es u.a.: „Die Spielsucht der größten
Wallstreet-Banken ist gefährlicher denn je... Deshalb braucht man jetzt eine
Gesetzgebung für Glass-Steagall - das Gesetz, das einmal die Geschäftsbanken
vom Kasinokapitalismus trennte... Vergessen Sie die Volcker-Regel; setzen Sie
einfach Glass-Steagall durch. Der Kongreß sollte darüber abstimmen, ob man es
wieder einführen will oder nicht, so daß die Amerikaner sehen können, wen von
unseren Abgeordneten die Wall Street in der Tasche hat.“
Damit bröckelt die Kontrolle der Wall Street und des Weißen Hauses über den
Kongreß beträchtlich, wie auch eine Kolumne der Washington Post am 18.
September feststellte. Zwei Jahrzehnte lang hätten sich die Demokraten in
Wirtschaftsfragen der Wall Street gebeugt - weniger Regierung, eine größere
Rolle für den Markt und weniger Regulierung. Das sei jetzt anders, schreibt
der Autor Harold Meyerson. Die Opposition der Demokraten gegen Präsident
Obamas Wunschkandidaten als neuen Chef der Federal Reserve, Larry Summers,
habe vor allem mit dessen Rolle bei der Aufhebung von Derivatregulierungen
während der Clinton-Regierung zu tun. Man sehe jetzt unter den Demokraten eine
„Zurückweisung von Rubinomics“ (Robert Rubin war Clintons Finanzminister,
gefolgt von Larry Summers). Die Abschaffung des Glass-Steagall-Gesetzes 1999
ermöglichte seinerzeit die Fusion der Travelers Group und der Citicorp zur
Citigroup (für die Robert Rubin nach seinem Rücktritt als Finanzminister bis
Anfang 2009 in führender Position tätig war). Wie Meyerson schreibt, habe die
Gruppe um Rubin, Summers, Tim Geithner und Gene Sperling die politischen
Entscheidungen dominiert, was zur Deregulierung von Derivaten, Handelsabkommen
mit zerstörerischen Folgen für die US-Produktionskapazitäten und Bail-outs
geführt habe.
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