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Jack Wagner, früherer Landesrechnungsprüfer von Pennsylvania, forderte bei einer Anhörung, öffentlichen Einrichtungen die Nutzung von Swap-Verträgen zu untersagen.
Der Ausschuß für kommunale Angelegenheiten im Landessenat von Pennsylvania veranstaltete am 9. September eine Anhörung in der Landeshauptstadt Harrisburg, in der darüber debattiert wurde, ob den kommunalen Verwaltungen und Einrichtungen Wetten mit Steuergeldern in Form von Zinsswaps verboten werden sollten. Diese Wettgeschäfte haben sich in den letzten Jahren in den Vereinigten Staaten stark verbreitet und führten dazu, daß Hunderte von Kommunen in den USA (und auch in Europa) zum Teil um Milliardenbeträge betrogen wurden. Eines der markantesten Beispiele für diese Beraubung ist die Stadt Detroit, die aufgrund eines Swapkontrakts, der für die Stadt „schlecht ausging“, bei den großen Banken mit Hunderten von Millionen Dollar in der Kreide steht.
Dem Landessenat von Pennsylvania liegen derzeit zwei Gesetzesanträge vor, die den Kommunen Swapgeschäfte untersagen sollen - S. 903 und S. 904. Sie wurden am 7. Juni 2013 von dem republikanischen Senator Mike Folmer und dem demokratischen Senator Rob Teplitz eingebracht. Folmers Gesetzesvorlage würde als Teil eines Gesetzespakets zur Reform der Kommunalverwaltungen allen Kommunen, Schulverwaltungen und steuererhebenden Einrichtungen in Pennsylvania solche Wettgeschäfte untersagen, während die Vorlage von Teplitz der Stadt Philadelphia und ihrer Schulverwaltung die Nutzung von Swaps verbieten würde.
Kommunen in Pennsylvania und deren Schulverwaltungen wurden besonders stark von fehlgeschlagenen Swapgeschäften getroffen, seit diese 2003 im Bundesstaat zugelassen worden waren. Das Landesministerium für kommunale und wirtschaftliche Entwicklung schätzt, daß die öffentliche Hand aufgrund dieser Finanzpraktiken insgesamt 17 Mrd. Dollar verloren hat.
Keines dieser Schwindelgeschäfte wäre jedoch möglich gewesen, wenn es der Wall Street nicht 1999 gelungen wäre, die Beseitigung des Rooseveltschen Glass-Steagall-Gesetzes durchzudrücken, das den Geschäftsbanken solche Wettgeschäfte untersagt hatte. Das ist auch Senator Folmer klar, der seine unbedingte Unterstützung für die Glass-Steagall-Vorlagen im US-Kongreß erklärt hat. Ein entsprechender Antrag im Abgeordnetenhaus von Pennsylvania (H.R. 73) hat derzeit 42 Unterzeichner.
Zu den Rednern der Anhörung gehörte auch eine der bestinformierten Kapazitäten des Landes für diese Fragen, der frühere Landesrechnungsprüfer Jack Wagner. Wagner war von 2005 bis 2013 der oberste Rechnungsprüfer des Bundesstaats und leitete etliche Untersuchungen betrügerischer Swap-Geschäfte, die zum Teil dazu führten, daß er die skrupellosen Praktiken großer Finanzinstitute, die an diesen Transaktionen beteiligt waren, den zuständigen Strafverfolgungs- und Bankaufsichtsbehörden meldete. Zu den betreffenden Banken gehörten u.a. Wells Fargo, JPMorgan Chase, Deutsche Bank und die Royal Bank of Canada.
Wagner hat während seiner Amtszeit wiederholt auf die Gefahren dieser Finanzinstrumente hingewiesen und gefordert, ihre Nutzung im öffentlichen Sektor zu untersagen. Bei der Anhörung unterstützte er die beiden Gesetzesvorlagen, die die Nutzung solcher Swaps durch Kommunen und kommunale Einrichtungen verbieten würden. Bei der Anhörung sagte Wagner u.a.:
„Lassen Sie mich anfangen mit einer einfachen Erklärung. Ein Swap ist ein Vertrag zwischen einem Bond-Ausgeber, wie z.B. einer Schulverwaltung oder einer anderen öffentlichen Einrichtung, und einer Investmentbank, in dem die beiden Parteien eine Wette darüber abschließen, in welche Richtung sich die Zinsen entwickeln werden. Pennsylvania autorisierte mit dem Gesetz 23 von 2003 die kommunalen Verwaltungen ,qualifizierte Zins-Management-Vereinbarungen’ oder Swaps abzuschließen. In der Theorie erlauben es Swaps den Verwaltungen, Schulden mit variablen Zinsen aufzunehmen, um den Vorteil niedriger Zinsen zu nützen, und sich gleichzeitig gegen die Möglichkeit abzusichern, daß diese Zinsen steigen. In vielen Fällen wird den betreffenden öffentlichen Einrichtungen zunächst ein finanzieller Anreiz geboten, damit sie sich auf solche Geschäfte einlassen.
Wie ich schon sagte: Das ist die Theorie. In der Realität sind Swaps nichts anderes als eine Form von Wetten mit öffentlichen Geldern. Die Partei, die richtig tippt, gewinnt und wird bezahlt; die Partei, die falsch tippt, verliert und muß an die andere Partei zahlen. Wieviel dabei gewonnen und verloren wird, richtet sich nach der Größe der zugrundeliegenden Schuld, danach, wie stark die Fluktuation der Zinsen ist, und nach anderen Faktoren.
Wie riskant sind solche Swaps? Fragen wir einfach Larry Summers, einen früheren US-Finanzminister und führenden Wirtschaftsberater des Weißen Hauses, der dem Vernehmen nach in Erwägung ist als nächster Vorsitzender der Federal Reserve Bank. Das ist ein Mann, der komplexe Finanzinstrumente verstehen sollte. Aber als Präsident der Harvard-Universität von 2001 bis 2006 hat Herr Summers Swapgeschäfte abgesegnet, bei denen diese Hochschule den Banken insgesamt fast 1 Mrd.$ bezahlt hat, um wieder aus dem Vertrag herauszukommen.
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht berichtet wird, daß wieder jemand Geld bei einem fehlgeschlagenen Swapgeschäft verloren hat. Organisationen aller Art - öffentliche und private, gewinnorientierte oder gemeinnützige, Universitäten, Krankenhäuser, Landes- und Kommunalverwaltungen oder sogar ausländische Regierungen, Schulverwaltungen und öffentliche Einrichtungen - wurden geschädigt und sind nicht immun gegen die toxische Wirkung dieser Transaktionen. Alle Vorteile, die diese Geschäfte bieten können - selbst für die wenigen, die glücklich genug sind, kein Geld dabei zu verlieren - verblassen im Vergleich zu den enormen Risiken, die damit verbunden sind; Risiken, die noch auf Jahre in die Zukunft hinaus lauern. Ist es da ein Wunder, daß viele Kommentatoren jetzt erkennen, daß der einzige Grund dafür, daß diese Swaps immer noch so aggressiv verkauft werden, die enormen Gebühren und Profite sind, die sie für die Investmentbanken und Finanzdienstleistungsfirmen die sie anstreben, mit sich bringen? Die Wall Street ist vehement gegen die Beseitigung von Swaps mit öffentlichen Einrichtungen, aus offensichtlicher Profitgier.
Soweit ich weiß, wurden die hier zur Debatte stehenden Vorlagen ausgelöst durch die Erfahrungen der Stadt Harrisburg mit Swaps, die ein Faktor waren, der zur gegenwärtigen Schuldenkrise unserer Landeshauptstadt beigetragen hat. Mein eigener Umgang mit dieser Frage begann mit einer speziellen Untersuchung, die vom Amt des Landesrechnungsprüfers durchgeführt und im November 2009 veröffentlicht wurde. Wir stellten fest, daß der Schulbezirk für die Kreise Lehigh und Northampton in der Region Bethlehem über einen Zeitraum von drei Jahren 13 Swapverträge vereinbart hatte. Wir prüften nur zwei dieser Swapgeschäfte, weil nur sie zur Zeit unserer Untersuchung abgeschlossen waren.
Wir stellten fest, daß der Bezirk Opfer einer Reihe irreführender Vermarktungstechniken war und mindestens 410,2 Mio. $ durch diese beiden Swapverträge verloren hatte, vor allem durch überhöhte Gebühren und andere Kosten, sowie durch eine Kündigungsgebühr. Die Steuerzahler dieses Schulbezirks waren dann betroffen, als die Grundsteuern erhöht wurden, um die angefallenen Verluste zu bezahlen. Seit der Vorlage unseres Berichtes hat der Bezirk auf unseren Rat gehört und viele seiner aktiven Swap-Verträge gekündigt, mit einigen positiven Resultaten und einigen negativen Resultaten, aber es ist noch ein langer Weg zu gehen.
Wenn es darum geht, mit dem Geld der Steuerzahler in Swaps zu spielen, stehen die Schulbezirke und Kommunen von Pennsylvania nach Angaben von Moody’s Investors Service leider im ganzen Land an erster Stelle. In unserem Bundesstaat haben nach Angaben des Landesministeriums für kommunale und wirtschaftliche Entwicklung (DCED) 108 der 500 Schulbezirke - schockierende 21% - und 105 Kommunalverwaltungen im Bundesland zwischen Oktober 2003 und September 2012 insgesamt 417,25 Mrd.$ an öffentlichen Schulden aufgenommen, die mit Swapgeschäften verbunden waren. Die genaue Zahl der verschiedenen Swaps und die genaue Summe der Schulden konnte nicht festgestellt werden, weil in den Daten des DCED die Nutzung von Swaps derzeit nicht besonders erfaßt wird und gemeldete Swap-Geschäfte möglicherweise noch nicht ganz abgewickelt sind.
Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, daß in dieser Zahl öffentliche Einrichtungen nicht enthalten sind, weil die Nutzung von Swaps derzeit von der Landesregierung nicht beobachtet oder überwacht wird. Nach Angaben des Statistischen Amtes der USA (U.S. Census Bureau) aus dem Zensus der öffentlichen Verwaltungen von 2012 gibt es in Pennsylvania derzeit mehr als 1700 kommunale Behörden. Die Gesamtzahl der öffenlichen Einrichtungen, die Swaps verwenden, könnte also noch größer sein, als wir meinen.“
Wagner führte dann eine ganze Reihe weiterer Beispiele von Verlusten an, die verschiedene kommunalen Einrichtungen mit Swaps gemacht haben, darunter die Verwaltung der Häfen am Delaware River, der Schulbezirk von Philadelphia, der Verkehrsverbund für Südost-Pennsylvania und die Autobahn-Kommission von Pennsylvania. Er schloß seine Ausführungen wie folgt:
„Das fundamentale, leitende Prinzip im Umgang mit öffentlichen Geldern ist, daß sie niemals dem Risiko finanzieller Verluste ausgesetzt werden dürfen. Swaps mögen im privaten Sektor völlig akzeptabel sein, wo der private Bürger frei ist zu entscheiden, welche Risiken er hinnehmen kann, wenn sein Geld auf dem Spiel steht. Aber öffentliche Schulden sollten mit festen Zinsen finanziert werden, die transparent, verläßlich und für die politischen Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit leicht zu verstehen sind.
Ich weise auch das Gegenargument zurück, das wir immer wieder gehört haben - daß nicht alle Swap-Geschäfte schlecht ausgehen, und daß viele Swap-Geschäfte eine Menge Geld gespart haben. Diese Position ist kein Trost für die vielen öffentlichen Einrichtungen, denen Swapgeschäfte schlecht gedient haben, weil sie fehlgeschlagen sind. Jedes Finanzgeschäft, bei dem es Gewinner und Verlierer gibt, ist per Definition ungeeignet für den öffentlichen Sektor. Dementsprechend rate ich dem Ausschuß dringend, die Senatsvorlagen 903 und 904 so schnell wie möglich zu verabschieden.“
Nancy Spannaus