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Neue Solidarität
Nr. 7, 13. Februar 2013

„Sanktionen sind Kollektivstrafen“

Von John Scales Avery

John Scales Avery, Direktor der Dänischen Friedens-Akademie, veröffentlichte am 4. Februar die folgende Erklärung zu den Sanktionen gegen den Iran.

Nach der 4. Genfer Konvention sind Kollektivstrafen ein Kriegsverbrechen. Artikel 33 besagt: „Keine geschützte Person darf für eine Übertretung bestraft werden, die sie nicht persönlich begangen hat.“ Aber derzeit behandeln wir Länder, als wären sie Personen. Wir bestrafen ganze Nationen durch Sanktionen, selbst wenn nur deren Staatsführung schuldig ist, obwohl die Bürde der Sanktionen die ärmsten und unschuldigsten ihrer Bürger am härtesten trifft und obwohl die Sanktionen oft bewirken, daß sich die Bürger eines Landes hinter diese schuldige Staatsführung stellen. Müssen wir Sanktionen nicht als Kollektivstrafen betrachten? Wenn ja, dann sind Sanktionen ein Kriegsverbrechen nach der 4. Genfer Konvention.

Es gibt vieles, was man daran kritisieren kann, wie der Golfkrieg 1990-91 geführt wurde. Neben militärischen Zielen bombardierten die USA und ihre Verbündeten auch Kraftwerke, um den Irak in der Zeit nach dem Krieg erpressen zu können. Denn um die Kraftwerke wieder aufbauen zu können, war technische Hilfe aus dem Ausland notwendig, und diese Hilfe konnte man von Gehorsam in der Nachkriegszeit abhängig machen. Aber bis dahin waren Krankenhäuser und Wasserwerke ohne Strom. Im Golfkrieg wurden von den alliierten Flugzeugen und Panzern auch zahlreiche Projektile aus abgereichertem Uran abgefeuert, und das Resultat war eine starke Zunahme der Krebserkrankungen im Irak. Schließlich wurden die Schiiten und die Kurden von den Alliierten dazu ermutigt, gegen Saddam Hussein zu rebellieren, dann aber von den Alliierten im Stich gelassen und von Saddam abgeschlachtet.

Der schrecklichste Mißbrauch der Macht war jedoch, daß die USA und Großbritannien darauf beharrten, die Sanktionen gegen den Irak nach dem Ende des Golfkrieges beizubehalten. Die beiden Länder nutzten ihr Vetorecht im Sicherheitsrat dazu, die Aufhebung der Sanktionen zu verhindern. Ihr Motiv scheint dabei die Hoffnung gewesen zu sein, daß die wirtschaftliche und psychologische Wirkung das irakische Volk dazu bewegen würde, gegen Saddam Hussein aufzustehen. Aber der brutale Diktator blieb fest im Sattel, gestützt durch die allgemeine Angst vor seiner Polizei und durch massive Propaganda. Die Folgen der Sanktionen kosteten mehr als eine halbe Million Kinder unter fünf Jahren das Leben, wie aus den Angaben der UNICEF hervorgeht. Die Gesamtzahl der Toten unter den irakischen Zivilisten durch die Sanktionen lag wahrscheinlich bei über einer Million, wenn man auch ältere Kinder und Erwachsene mitrechnet.

[Der frühere US-Justizminister] Ramsey Clark, der die Wirkung der Sanktionen im Irak nach 1991 studierte, schrieb dem UN-Sicherheitsrat, die meisten Todesfälle seien zurückzuführen auf „die Folgen von Unterernährung, wie Marasmus [schwere Unterernährung] und Kwashiokor [Eiweißmangel], Auszehrung und Entkräftung, die 12% aller Kinder erfaßt hat, Kleinwuchs, worunter 28% leiden, Durchfall und Dehydration durch verdorbenes Wasser oder Nahrung, die normalerweise leicht einzudämmen und zu heilen sind, gewöhnliche ansteckende Krankheiten, die durch Impfungen verhindert werden könnten, und Epidemien aufgrund der sich verschlechternden sanitären Bedingungen. Es gibt keinen grausameren Tod. Sie leiden langsam, hilflos, ohne einfachste medizinische Hilfe, ohne Schmerzmittel, ohne Gnade.“

Auch die Sanktionen, die derzeit über den Iran verhängt werden, sind ein Beispiel kollektiver Bestrafung. Sie schädigen die Gesundheit der gewöhnlichen iranischen Bürger, die in keiner Weise für die Politik ihrer Regierung verantwortlich gemacht werden können. In Wikipedia heißt es: „Medikamente und medizinische Ausrüstung fallen nicht unter die internationalen Sanktionen, aber das Land leidet unter der Verknappung von Medikamenten zur Behandlung von 30 Krankheiten, darunter Krebs, Herzerkrankungen und Erkrankungen der Atemwege, Thalassämie und Multiple Sklerose, weil dem Iran die Nutzung der internationalen Zahlungssysteme verwehrt ist... Darüber hinaus gibt es 40.000 Bluter, die keinen Zugang zu blutungshemmenden Mitteln haben... Für schätzungsweise 23.000 Iraner mit HIV/AIDS wurde der Zugang zu den Medikamenten, die sie brauchen, um am Leben zu bleiben, stark erschwert.“

Neben der Tatsache, daß Sanktionen eine Form der Kollektivbestrafung und somit nach der 4. Genfer Konvention ein Kriegsverbrechen sind, sollten wir uns auch daran erinnern, daß der Iran bisher lediglich seine Rechte nach dem Völkerrecht und nach dem Atomwaffensperrvertrag wahrnimmt.