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Drohnenkrieg. In den USA wächst der institutionelle Widerstand gegen Obamas selbstherrliche Anmaßungen.
Nach Tausenden Drohnenattacken mit einer immer noch unbekannten Zahl ziviler Opfer gerät nun die Regierung Obama wegen dieser gezielten Morde endlich im Kongreß unter Druck, und es werden genauere Untersuchungen gefordert. Unmittelbarer Anlaß sind die Anhörungen zur Bestätigung von John Brennan, Obamas wichtigstem Mitarbeiter im Drohnenprogramm, als neuem CIA-Direktor. Der Konflikt war jedoch schon seit 2011 absehbar, als bei einem Drohnenangriff auf mutmaßliche Terroristen im Jemen drei US-Bürger, darunter ein 16jähriger, getötet wurden.
Im Vorfeld der Anhörung am 7. Februar hatte Senator Ron Wyden zusammen mit zehn weiteren Senatoren aus beiden Parteien in der Angelegenheit einen öffentlichen Brief an Präsident Obama geschickt. Darin fordern sie die Regierung auf, dem Kongreß ihre geheimen Rechtsgutachten über die Befugnis zur Tötung von Amerikanern im Zuge von Antiterrormaßnahmen vorzulegen. In dem Brief heißt es, daß es zwar Situationen geben könne, in denen eine solche Tötung gerechtfertigt sei. Aber die Senatoren betonen:
„Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, daß der amerikanische Kongreß und das amerikanische Volk genau wissen, wie die Exekutive die Einschränkungen und Grenzen dieser Befugnis interpretiert, damit der Kongreß und die Öffentlichkeit entscheiden können, ob diese Befugnis angemessen definiert ist und ob die Macht des Präsidenten, amerikanische Bürger vorsätzlich zu töten, angemessenen Einschränkungen und Absicherungen unterliegt.
Es ist öffentlich dokumentiert, daß Ihre Administration davon überzeugt ist, die Geheimdienste seien befugt, im Zuge von Antiterroroperationen bewußt tödliche Gewalt gegen Amerikaner einzusetzen, und hohe Geheimdienstbeamte haben zu verstehen gegeben, daß das Büro für Rechtsauskünfte im Justizministerium nicht-öffentliche Gutachten ausgearbeitet hat, in denen die Rechtsgrundlage dieser Befugnis dargelegt ist. Einige von uns haben darum gebeten, diese Gutachten einsehen zu können, aber bis heute wurden sie dem Kongreß nicht vorgelegt. Wir bitten um Ihre Mithilfe, dem Kongreß diese Informationen zu liefern.
Konkret bitten wir Sie, das Justizministerium anzuweisen, dem Kongreß, namentlich den Ausschüssen für Justiz und die Geheimdienste, sämtliche Rechtsgutachten vorzulegen, in denen die offizielle Rechtsauffassung der Exekutive zur Befugnis des Präsidenten zur vorsätzlichen Tötung amerikanischer Staatsbürger dargelegt wird.“
Am Ende bekräftigen die Senatoren ihr Ersuchen durch die kaum verhohlene Drohung, die Bestätigung der Ernennung hoher Ämter der Nationalen Sicherheit - gemeint sind etwa der designierte CIA-Chef John Brennan und sogar der designierte Verteidigungsminister Chuck Hagel - aufzuhalten, wenn die Dokumente nicht vorgelegt werden: „Wir... hoffen, daß Sie uns helfen werden, die Dokumente zu erhalten, die wir benötigen, um die von Ihnen geforderte Aufsicht auszuüben. Die Mitarbeit der Exekutive in dieser Frage wird helfen, eine unnötige Konfrontation zu vermeiden, die die Prüfung der Nominierungen für nationale Sicherheitsposten durch den Senat beeinträchtigen könnten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit in dieser wichtigen Frage. Wir erwarten Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen - Mark Udall, Tom Udall, Jeffrey A. Merkley, Al Franken, Susan M. Collins, Patrick Leahy, Dick Durbin, Churck Grassley, Mike Lee, Ron Wyden.“
Wyden sagte Reportern, das Weiße Haus verweigere ihm schon seit über zwei Jahren eine Antwort auf diese Frage. Wenn die Regierung solche Entscheidungen über Tötungen ohne Gerichtsprozeß treffe und den Kongreß nicht über deren juristische Grundlage informiere, mache sie die Aufsicht der Legislative über die Exekutive zur Farce. Sie argumentiere genauso wie die Regierung Bush in der Frage der Folter, nämlich: „Vertraut uns, wir treffen schon die richtigen Entscheidungen.“
Es kam zu einem Skandal, als NBC News am 4. Februar den Inhalt eines Memorandums des Weißen Hauses an ausgewählte Kongreßpolitiker wiedergab. Dort wurden drei praktisch bedeutungslose Bedingungen aufgelistet, unter denen der Präsident US-Bürger töten lassen kann. Besonders umstritten ist die Formulierung: „ein informierter, hochrangiger Beamter der US-Regierung ist zu dem Schluß gelangt, daß die Zielperson eine akute Gefahr für einen gewaltsamen Angriffs auf die Vereinigten Staaten darstellt“. Es wird nicht definiert, welche Beamten dazu befugt sind, und die Definition einer „akuten Gefahr“ wird in ungeheuerlicher Weise auf einen unbestimmten Zeitpunkt in der Zukunft ausgedehnt.
Der öffentliche Aufschrei war so groß, daß die Regierung am Abend vor Brennans Anhörung ankündigte, dem Geheimdienstausschuß des Kongresses einige, jedoch nicht alle geheimen Dokumente dazu vorzulegen.
Bei der Anhörung gab es zwar kritische Fragen an Brennan, aber nicht zu dem entscheidenden Punkt, daß der Präsident sich das Recht nimmt, einfach Morde anzuordnen - etwas, was Brennan vehement verteidigte. Die republikanische Senatorin Susan Collins aus Maine merkte an, daß Obama in den ersten beiden Amtsjahren viermal mehr gezielte Tötungen anordnete als die Regierung Bush-Cheney in acht Jahren. Der unabhängige Senator Angus King aus Maine gab die Ansicht vieler wieder, als er sagte: „Die Exekutive als Ankläger, Richter, Jury und Henker in einem, das widerspricht völlig den Traditionen und Gesetzen dieses Landes.“
Am Tag danach rief Lyndon LaRouche Senator Wyden auf, in der Angelegenheit nicht locker zu lassen, nötig sei „die komplette Offenlegung der geheimen Memoranden und Korrespondenzen, die diese Tötungspolitik etablierten und schützen“.
LaRouche forderte außerdem eine gründliche Aufklärung des Angriffs auf das US-Konsulat in Bengasi am 11. September 2012. In einer Anhörung zu diesem Thema am 7. Februar sagten Generalstabschef Dempsey und Verteidigungsminister Panetta, sie hätten an dem Tag gegen 17 Uhr, als der Angriff gerade lief, bei einem Routinetreffen kurz mit Präsident Obama darüber gesprochen, dann aber erst wieder am nächsten Tag, als alles vorbei war. Die amerikanische Öffentlichkeit war schockiert, wie gleichgültig Obama damals reagierte, nachdem er zuvor den Mord an Osama Bin Laden genau verfolgt und mit fast allen Mitarbeitern per Liveschaltung mit angesehen hatte.
Panetta und Dempsey erklärten, sie hätten damals mit dem Weißen Haus in Kontakt gestanden; sie nannten keinen Namen, aber höchstwahrscheinlich war es John Brennan. Ihnen war bewußt, daß der Angriff, bei dem US-Botschafter Stevens und drei US-Sicherheitskräfte starben, keine Folge einer spontanen Demonstration war, wie Obama noch mehr als eine Woche später behauptete, sondern daß es sich um eine sorgfältig vorbereitete Terroraktion handelte.
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