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Neue Solidarität
Nr. 8, 20. Februar 2013

Kriegsgefahr von Südwestasien bis zum Nordpazifik

Die von Nordafrika bis Nordkorea immer weiter anwachsenden Spannungen sind keine regionalen Krisen, sondern Folgen des transatlantischen Bankrotts.

Die jüngsten israelischen Bombenangriffe auf mindestens zwei Stellen des Territoriums des souveränen Staates Syrien sind informierten Quellen in amerikanischen und israelischen Geheimdiensten zufolge nur ein Vorspiel für einen laufenden israelischen Plan, syrische Einrichtungen anzugreifen, von denen vermutet wird, daß von dort aus fortgeschrittene Waffen an die Hisbollah im Libanon geliefert werden.

Amos Yadlin, ein früherer Leiter des israelischen Militärgeheimdienstes, der jetzt das Institut für Nationale Sicherheitsstudien leitet, eine mit dem israelischen Verteidigungsministerium verbundene Denkfabrik, sagte der Washington Post am 10. Februar, es gebe vier Klassen von Waffen, gegen die Israel vorgehen werde: fortgeschrittene Luftabwehrsysteme, ballistische Raketen, Boden-Luft-Raketen und chemische Waffen. Die Gefahr weiterer Übergriffe der israelischen Luftwaffe auf syrisches Territorium ist ein unberechenbarer Faktor, der die Gefahr der Ausweitung der syrischen Krise über die Grenzen des Landes hinaus, auf den Libanon, die Türkei, Israel und Jordanien, noch verstärkt.

Amerikanische Geheimdienstquellen haben bestätigt, daß Israel so sehr in Sorge über die Zufuhr fortgeschrittener Waffen aus Syrien in den Libanon ist, daß dem amtsführenden Premierminister Benjamin Netanjahu ein Plan vorgelegt wurde, von Israel aus als Puffer in Südsyrien und im Libanon eine Flugverbotszone von 8 bis 24 km Tiefe zu schaffen.

Die israelische Intervention in die syrische Krise erfolgt in einem besonders kritischen Moment. Auf absehbare Zeit wird die militärische Lage am Boden in Syrien eine Pattsituation sein: Die syrische Armee hat weiterhin Damaskus und andere städtische Zentren fest in der Hand, während die bewaffneten Rebellen - die Freie Syrische Armee und das Sammelsurium islamistischer Dschihadi-Gruppen, die von Saudi-Arabien, Katar und anderen Golfstaaten massiv finanziert werden, Teile der syrischen Landgebiete beherrschen. An diesem Verhältnis wird sich bis auf weiteres wenig ändern, wenn es nicht zu einer ausländischen Intervention kommt, um den Rebellen fortgeschrittene Waffen zu geben.

Bei der gerade zu Ende gegangenen Münchner Sicherheitskonferenz („Wehrkunde“) verlangte der saudische Prinz Turki al-Faisal - früherer Chef des saudischen Geheimdienstes und später Botschafter seines Landes in London und Washington -, daß der Westen den Rebellen schwere Waffen gibt, um das Patt zu durchbrechen. Während der britische Premierminister David Cameron die saudische Position nachdrücklich unterstützte, sind die amerikanischen Generalstabschefs angesichts der wachsenden Macht von Al-Kaida-Gruppen wie der Al-Nusra-Front nicht minder entschieden dagegen, die Rebellen weiter aufzurüsten.

Nach seinem eigenen Auftritt bei der Wehrkundetagung schlug David Ignatius, Kolumnist der Washington Post und früherer CIA-Offizier, vor, US-Sondereinsatzkräfte sollten ausgewählte Eliteeinheiten der Freien Syrischen Armee ausbilden. Diese Einheiten könnten dann - theoretisch - die Speerspitze eines Angriffs auf Damaskus bilden und später dazu eingesetzt werden, die prosalafistischen Kräfte in Syrien zu zerschlagen. Aber ein solcher Plan würde Syrien auf absehbare Zukunft in einen Bürgerkrieg stürzen.

Eine politische Lösung?

Um einen völligen Kollaps Syriens zu verhindern, wurden in jüngster Zeit die Bemühungen um eine diplomatische Lösung für die Syrienkrise verstärkt, nicht zuletzt zum großen Teil getrieben von der wachsenden Gefahr, daß sich der Konflikt in Südwestasien weiter ausweitet. Die Tatsache, daß weder Rußland noch China irgendeine Bereitschaft erkennen lassen, ihre Unterstützung für die syrische Regierung aufzugeben, hat ein politisches Patt herbeigeführt, das nur durch tatsächliche Bemühungen um eine politische Lösung aufgehoben werden kann. Beim Treffen der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) in Kairo in der vergangenen Woche wurde eine Erklärung verabschiedet, in der nicht nur eine politische Lösung gefordert, sondern erstmals auch auf die Forderung nach einem Rücktritt von Assad als Vorbedingung für Verhandlungen verzichtet wurde. Ein ähnliches Angebot machte der syrische Oppositionsführer Al-Chatib Anfang Februar vor seinem Auftritt bei der Wehrkundetagung in München.

Am Rande der Kairoer Konferenz konferierte eine Troika aus Ägypten der Türkei und dem Iran über die Aussichten, Kofi Annans Genfer Plan vom Juni 2012 für einen Waffenstillstand und eine Übergangsregierung wiederzubeleben. Saudi-Arabien boykottierte diese Gespräche und fordert unnachgiebig den Rücktritt Assads als Vorbedingung. Es gibt keinerlei Hinweise darauf, daß der Strom von Waffen und Geld von den Golfstaaten an die Dschihadi-Rebellen in Syrien ernsthaft eingeschränkt worden wäre. Tatsächlich wird der Norden des Libanon, der an Syrien angrenzt, immer mehr zu einer neuen Brutstätte islamistischer Gewalt, die auch die Gefahr des Ausbruchs eines neuen religiösen Bürgerkrieges im Libanon heraufbeschwört. Prinz Bandar bin-Sultan, der derzeitige Chef des saudischen Geheimdienstes, hat den Stützpunkt der Dschihadisten an der libanesisch-syrischen Grenze in den letzten Monaten ausgebaut, mit aktiver Unterstützung des Hariri-Klans im Libanon.

Ägypten am Rande des Abgrunds

Während die Lage in Syrien einen neuen Krisenpunkt erreicht, heizen sich auch andere Brennpunkte in der Region weiter auf. In Ägypten gibt es seit Wochen Proteste und Unruhen gegen die Regierung Mursi, wobei das kürzliche Auftauchen eines Schwarzen Blocks linker Anarchisten die Krise noch verschärft. Wie aus gutinformierten Kreisen verlautet, hat die von der Moslem-Bruderschaft beherrschte Regierung Mursi ein Geheimabkommen mit den Überresten des mächtigen Polizeiapparats des Innenministeriums geschlossen, wonach diese die Unterdrückung der Proteste unterstützen werden, als Gegenleistung für eine Amnestie für 600 Beamte des Ministeriums, die sich noch für ihre Rolle bei den Versuchen, die Revolution von 2011 niederzuschlagen, verantworten müssen. Ägypten, das größte sunnitisch-muslimische Land und eine der Säulen der regionalen Politik, steht vor einer schweren Wirtschaftskrise und Parlamentswahlen, während die Verhandlungen mit dem Weltwährungsfonds (IWF) stocken. Sollte das Land die Bedingungen, die der IWF fordert, erfüllen, wird sich die Wirtschaftskrise allerdings noch erheblich verstärken.

Ziel: Iran

Am 6. Februar verhängten die USA neue, unilaterale Sanktionen gegen den Iran. Präsident Obama hatte diesen Sanktionen im Dezember im Rahmen der Verhandlungen über den Verteidigungshaushalt zugestimmt. Sie blockieren faktisch den Zugang des Iran zum internationalen Bankensystem und zielen darauf ab, den iranischen Revolutionären Garden die finanziellen Mittel zu nehmen. Ein zweites Ziel der Iransanktionen der USA ist Syrien, denn der Iran ist bisher einer der wichtigsten finanziellen Unterstützer der Regierung Assad, und es wird nun sehr viel schwerer werden für den Iran, Damaskus Hilfe zu leisten, in einem Moment, wo Syriens Devisenreserven praktisch erschöpft sind.

Ein schwedisches Friedensforschungsinstitut veröffentlichte vor kurzem eine Studie, in der gewarnt wird, daß solche verkrüppelnden Sanktionen nicht nur vor allem die unschuldigen Zivilisten treffen, sondern in der Regel auch zum Krieg führen. Die derzeitige Lage am Persischen Gold und im östlichen Mittelmeer ist da keine Ausnahme. Indem man dem Iran die Daumenschrauben ansetzt, will man das Land im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen im Juni ins Chaos stürzen. Nach der Wehrkundetagung, an der auch der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi teilnahm, stimmte der Iran der Fortsetzung der „P5+1“-Verhandlungen mit den fünf permanenten Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates und Deutschland am 26. Februar in Kasachstan zu.

Atomtest in Nordkorea

Auch in Nordostasien haben die Spannungen einen neuen, gefährlichen Grad erreicht. Während Nordkorea einen neuen Atomtest angekündigt und durchgeführt hat, führen Japan und China ein Nervenkrieg um umstrittene Inseln im Ostchinesischen Meer. Letzte Woche warf Japan China vor, es habe seine Zielradaranlagen auf Schiffe und Hubschrauber der japanischen Marine ausgerichtet, was China bestreitet. Japan warf auch Rußland vor, es habe illegale Überflüge über die umstrittenen Nordinseln durchgeführt.

Als Reaktion auf die nordkoreanische Ankündigung eines bevorstehenden Kernwaffentests warnten südkoreanische Militärvertreter, sie könnten einen Präventivschlag gegen den Norden durchführen, anstatt abzuwarten, bis der Norden eine einsetzbare Nuklearwaffe hat und das Land vor einem viel größeren Konflikt steht.

Die Vereinigten Staaten kündigten letzte Woche gemeinsame Marinemanöver mit der südkoreanischen Marine an, die bereits länger geplant waren und bei denen auch fortgeschrittene Raketenabwehrsysteme und U-Boote zum Einsatz kommen werden. Vertreter des südkoreanischen Verteidigungsministeriums erklärten ganz offen, daß diese gemeinsamen Manöver als eine Reaktion auf den angedrohten nordkoreanischen Nukleartest - der am 12. Februar durchgeführt wurde - zu verstehen seien.

Während asiatische Militärvertreter die Einschätzung äußerten, für diese wachsenden Spannungen seien vor allem innenpolitische Faktoren verantwortlich und sie würden beigelegt werden, ist doch die Gefahr nicht zu unterschätzen, daß ein Zwischenfall unter diesen Umständen außer Kontrolle geraten könnte, egal, was die führenden Politiker in Tokio, Beijing und Seoul beabsichtigen.

Chinesische Vertreter sind überzeugt, daß die Vereinigten Staaten in dem Disput über die Inseln im Ostchinesischen Meer voll und ganz hinter Japan stehen, und daß die USA im Rahmen der neuen Doktrin des Luft- und See-Kampfs eine Politik der Eindämmung und Einkreisung Chinas verfolgen. Nach chinesischer Sicht strebt es Washington auch an, im asiatisch-pazifischen Raum ein NATO-ähnliches Bündnis aufzubauen, in dem Japan und Australien aus Säulen eines antichinesischen Bündnisses dienen sollen. Tatsächlich haben die USA, Japan und Australien in der vergangenen Woche gemeinsame Manöver durchgeführt und Pläne angekündigt, andere regionale Mächte zur Beteiligung an zukünftigen Manövern einzuladen. Das Project 2049 Institute, eine Washingtoner Denkfabrik, veröffentlichte im vergangenen Jahr eine detaillierte Studie, in der ein gegen China gerichteter, formeller asiatisch-pazifischer Sicherheitspakt vorgeschlagen wird.

Unter den Umständen der vor allem in der transatlantischen Region voranschreitenden Hyperinflationskrise und angesichts der immer schnelleren Verschlechterung der Beziehungen der USA zu Rußland und China können diese regionalen Brennpunkte sehr schnell zu einer globalen Konfrontation der Supermächte und zum Einsatz thermonuklearer Waffen führen. In der letzten Woche warnte Gideon Rachman in der Financial Times vor einem „Sarajewo-Moment“ im asiatisch-pazifischen Raum, der einen Flächenbrand auslösen könne, der dann zu einem globalen Krieg führen würde.

Jeffrey Steinberg