Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 13, 26. März 2014

EU, USA und Weltfinanzsystem können sich Sanktionen gegen Moskau nicht leisten

Westliche Länder behaupten, das Referendum auf der Krim sei verfassungswidrig, und erwägen deshalb Wirtschaftssanktionen gegen Rußland. Das grenzt an eine Farce. Erstens wurde die ukrainische Verfassung, die hier angeblich verletzt wird, von Victoria Nulands Marionettenregierung in Kiew außer Kraft gesetzt. Zweitens wird sich der Westen mit ernstzunehmenden Wirtschaftssanktionen selbst schaden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel war mehr als lächerlich, als sie in der Bundestagsdebatte am 13. März erklärte, Deutschland sei in der Energieversorgung „nur“ zu 35% von russischem Erdgas abhängig. Das ist mehr als ein Drittel und entspricht 24% der russischen Erdgasausfuhr. Und Deutschland exportierte 2012 Waren für 38 Mrd.€ nach Rußland und importierte für 42,5 Mrd.€ Güter (im wesentlichen Rohstoffe) aus Rußland.

Rußlands zweitgrößter Handelspartner in der EU ist Italien mit Exporten von 12,8 Mrd.€ und Importen von etwa 23,6 Mrd.€. Und der italienische Energiekonzern ist Partner von Gasprom beim Bau der Schwarzmeer-Pipeline Southstream, die direkte Lieferungen an die EU ohne Umweg durch Drittländer ermöglichen soll.

Frankreich ist der drittgrößte Handelspartner mit 9,1 Mrd.€ an Exporten und 11,9 Mrd.€ an Importen. Auch die Rüstungskooperation ist umfangreich, insbesondere ein 1,3 Mrd.€-Geschäft im Bereich der Marine. Das Treffen des französisch-russischen Kooperationsrates am 18. März in Moskau wurde bisher nicht abgesagt, und der Elysée-Palast ließ verlauten, es werde „keine Veränderung der französisch-russischen Rüstungskooperation“ geben.

Im Finanzsektor würden Maßnahmen zur Beschlagnahme russischer Konten in nennenswertem Umfang automatisch westlichen Banken schaden. Laut Zahlen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich liegen bei US-Banken und Vermögensverwaltungen insgesamt 75 Mrd.$ aus Rußland. Auf Londoner, französischen und deutschen Banken liegen der Financial Times zufolge 140 Mrd. $. So sagte auch der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, in einem Interview mit der Wochenzeitung: „Eine Neuauflage des Kalten Krieges sollten wir unter allen Umständen vermeiden.“

Tatsächlich beschlossen USA und EU am 17. März nur Sanktionen gegen einige ausgewählte Personen aus Rußland und der Ukraine.

Schon die Androhung von Wirtschaftssanktionen löste jedoch auf beiden Seiten einen massiven Geldabfluß und Verkauf von Staatsanleihen aus. Russische Firmen ziehen Milliarden aus westlichen Banken ab, besonders in London. Und seit dem 1. März wurden aus den Ausländer-Treuhandkonten der Federal Reserve 105 Mrd.$ an US-Staatsanleihen verkauft, die wahrscheinlich hauptsächlich Russen gehörten.

Gleichzeitig wird die IWF-Mission in der Ukraine möglicherweise einen zypernartigen „Bail-in“ zur Bedingung für die Vergabe von Krediten an das Land machen. All das kann im kollabierenden globalen Finanzsystem einen größeren Schock auslösen.

Vor diesem Hintergrund gab es in Deutschland in der letzten Woche vielfach prominente Warnungen vor Wirtschaftssanktionen und Drohgebärden gegen Rußland. So verurteilte der frühere Vizepräsident der OSZE, Willy Wimmer, den Regimewechsel in Kiew als Putsch nach einem Drehbuch aus dem State Department, von dem er schon im Jahr 2000 gehört habe. Der außenpolitische Sprecher der CDU, Philipp Mißfelder, vier einflußreiche Vereinigungen (Petersburger Dialog, Ostausschuß der Industrie, Deutsch-Russisches Forum und Deutsch-Ukrainische Gesellschaft) und der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, haben sich gegen Sanktionen ausgesprochen. Auch der Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestags, Peter Ramsauer, und der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann warnten, Sanktionen könnten der deutschen Wirtschaft schaden, da Rußland für sie ein wichtiger Partner ist.

Bei einer Veranstaltung der Wochenzeitung Die Zeit am 9. März kritisierte auch der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder erneut die Politik der EU gegenüber Rußland und der Ukraine. Er äußerte große Vorbehalte gegen die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, die, wenn es nach dem Willen der EU geht, ukrainische Präsidentin werden soll: „Von der weiß man ja auch, welche materiellen Interessen sie hat. Die Gefahr... ist doch, daß die gewaltigen Hilfsgelder... wieder in den falschen Kanälen landen können.“ Das Vorgehen Rußlands auf der Krim sei zwar völkerrechtswidrig, er könne aber Putin nicht verurteilen, da auch seine eigene Regierung 1999 das Völkerrecht gebrochen habe: „Da haben wir unsere Flugzeuge... nach Serbien geschickt, und die haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt - ohne daß es einen [UN-]Sicherheitsratsbeschluß gegeben hätte.“

Kaum überraschend stehen die Grünen auch hier wieder auf der falschen Seite. Schröders klare Worte provozierten die deutschen Grünen dermaßen, daß sie im Europaparlament allen Ernstes einen Antrag stellten, Schröder jedwede öffentliche Äußerung, die Rußland in Schutz nimmt, zu verbieten! Der Antrag wurde abgelehnt, machte aber deutlich, wie tief die Grünen gesunken sind: Sie sind die einzige Partei in Deutschland, die massive, harte Sanktionen gegen Rußland fordert, gleichzeitig verharmlosen sie systematischer als alle anderen die Rolle der Neonazis bei dem Putsch in der Ukraine. In der Bundestagsdebatte am 13. März war die Parteivorsitzende Katrin Göring-Eckardt so erbost über die Angriffe des Fraktionsvorsitzenden der Linken Gregor Gysi auf die Swoboda-Partei und andere Neonazis im Kiewer Regime, daß sie dazwischen rief, so etwas dürfe er nie wieder zu sagen wagen. Das sagt alles über die grüne Vorstellung von Antifaschismus und Meinungsfreiheit.

Dies wird hoffentlich massiv auf sie zurückschlagen, denn die Europaparlamentarierin Rebecca Harms, die mit ihrem häufigen Kontakt zu Maidan-Radikalen in Kiew eine Art deutsches Pendant zur US-Außenpolitikerin Victoria Nuland ist, führt die Liste der Grünen zur Europawahl am 25. Mai an.

eir