Produktive Kreditschöpfung 
  Neues Bretton Woods
  Glass-Steagall
  Physische Wirtschaft
  Kernenergie
  Eurasische Landbrücke
  Transrapid
  Inflation
  Terror - Cui bono?
  Südwestasienkrise
  11. September und danach
  Letzte Woche
  Aktuelle Ausgabe
  Ausgabe Nr. ...
  Heureka!
  Das Beste von Eulenspiegel
  Erziehungs-Reihe
  PC-Spiele & Gewalt 
  Diskussionsforum
  Wirtschaftsgrafiken
  Animierte Grafiken
» » » Internetforum mit Helga Zepp-LaRouche « « «
Neue Solidarität
Nr. 19, 7. Mai 2014

Widerstand in Frankreich gegen Sanktionspolitik wächst

Bei einem französisch-russischen Kolloquium in Paris gab es viel Widerspruch gegen die Konfrontationspolitik des Westens.

Am 24. April fand in der Französischen Nationalversammlung ein französisch-russisches Kolloquium mit mehr als 200 hochrangigen Teilnehmern statt, das von der französisch-russischen Handelskammer (CCIFR), der französischen Unternehmervereinigung (MEDEF), der Französisch-Russischen Beobachtungsstelle sowie dem Institut für Internationale und Strategische Beziehungen (IRIS) organisiert wurde. Die Botschaft der französischen Industrie war sehr klar: Sanktionen sind ein Desaster. 1200 französische Firmen sind in Rußland ansässig, 6-7000 Firmen exportieren nach Rußland und bis zu 100.000 Arbeitsplätze in der französischen Wirtschaft hängen mit dem Rußlandgeschäft zusammen.

Bruno Cotte, Generaldirektor der französischen Luftfahrtfirma Safran, stellte ein eklatantes Mißverhältnis zwischen der russophoben Medienwelt in Frankreich und der vorwiegend rußlandfreundlichen Haltung der französischen Bevölkerung heraus. Die französischen Medien seien auf einem „angelsächsischen Kurs“, sagte er; es gebe Journalisten darunter, die über Rußland berichten, aber nie einen Fuß auf russischen Boden gesetzt hätten. Die Geschäftspartner seiner Firma seien nicht einfach Personen, an die man dies oder das verkaufe, sondern es handele sich um wichtige Geschäftsbeziehungen im Bereich der Hochtechnologie, von denen beide Seiten profitierten. Auch andere Teilnehmer sagten, die Medien gössen „ständig Öl ins Feuer“ und verhielten sich „parteiisch“.

Der frühere französische Verteidigungsminister und jetzige Sondervertreter der Regierung für Beziehungen mit Rußland, Jean-Pierre Chevènement, betonte, Frankreich und Rußland müßten aufgrund ihrer langandauernden Beziehungen und ihres gemeinsamen ständigen Sitzes im UN-Sicherheitsrat zusammenarbeiten, um diese Beziehungen zu erhalten. Das 21. Jahrhundert müsse vom Erstehen eines „Großen Europa vom Atlantik bis zum Pazifik“ geprägt sein. „Die ukrainische Krise kann politisch beigelegt werden; jede andere Alternative ist selbstmörderisch“.

Chevènement griff den verfassungswidrigen politischen Prozeß an, der in der Ukraine stattgefunden habe. Deshalb fühle sich Rußland jetzt in eine Ecke gedrängt. Er unterstützte das Genfer Abkommen als einen Schritt des „gesunden Menschenverstands“, mit dem man eine weitere Destabilisierung der Ukraine stoppen könne. Niemand könne an einem neuen Kalten Krieg interessiert sein. Chevènement betonte, die französische Regierung sei vollkommen gegen die ukrainische NATO-Mitgliedschaft. Die französischen Politiker seien im allgemeinen sehr viel moderater als die russophoben Medien. Chevènement rief dazu auf: „Wir dürfen nicht vor irgendwelchen kurzfristigen Trends kapitulieren, sondern müssen unsere Vision auf das wesentliche konzentrieren.“

Thierry Mariana, der gemeinsam mit Wladimir Jakunin die Präsidentschaft der französisch-russischen Dialogvereinigung innehat, bezeichnete den EU-Dialog mit Rußland als „sehr enttäuschend“. Er sehe bei all seinen Reisen nach Brüssel dort keine Bereitschaft, irgendwelche Verhandlungen mit Rußland voranzubringen. Die früheren Mitgliedsstaaten des Warschauer Paktes, die jetzt EU-Mitglieder sind, spielten eine sehr nachteilige Rolle. Er kritisierte ihren „Revanchismus“ und die „Gewalt“ ihrer anti-russischen Ausfälle. Sie gingen offensichtlich davon aus, daß „der Kalte Krieg noch nicht vorbei ist und wollen ihre Rechnungen begleichen“. In der Ukraine habe „ein Staatsstreich gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Viktor Janukowitsch stattgefunden.“

Senator Yves Pozzo di Borgo griff die Rußland-Phobie der Presse an. Sie seien von den zwei „doktrinären Schulen“ der Außenpolitik beeinflußt - vom Institut für Politische Wissenschaften (Sciences Po), eine Institution, die Jacques Cheminade vor Jahren als eine der Haupteinflußkanäle in Frankreich für den anglo-amerikanischen Oligarchismus identifiziert hatte; und vom Nationalen Zentrum für Wissenschaftliche Forschung (CNRS). Diese hingen den Ideen der Neocons in Frankreich wie Raymond Aron und Raymond Barre an, die jeden, der nicht antirussisch ist, als „Krypto-Putinisten“ attackieren.

Der russische Botschafter Alexander Orlow bezog sich in seiner Rede darauf, daß Rußland und Frankreich zwar zweimal direkt in Kriegshandlungen gegeneinander verwickelt waren (1812 und während des Krimkrieges 1853-56), verwies aber auf die zentrale britische Rolle dabei. Dafür bekam er massiven Applaus. Orlow betonte, dies seien „Zeiten der Ungewißheit“, in denen ein Europa vom Atlantik zum Pazifik einen Ausweg darstelle. Die Beziehungen zwischen der EU und Rußland befänden sich in allen Fragen auf einem permanenten Konfrontationskurs und auch Frankreich sei davon infiziert. International sei das politische Leben auf ein steinzeitliches Niveau degeneriert. Politiker benähmen sich wie Kinder im Sandkasten, die sich ohne Anlaß mit ihren Schaufeln schlagen.

Orlow betonte, er sei jedoch trotz der offiziellen französischen Außenpolitik hoffnungsvoll, denn er erhalte in der Botschaft viele unterstützende Mails aus der französischen Bevölkerung.

eir