Nr. 46, 12. November 2014
Glass-Steagall-Bankentrennung: Bewegung in Europa wächst
Der „Streßtest“ der europäischen Banken (vgl. SAS 44/2014)
war eine solche Farce, daß die EZB in informierten Kreisen immer mehr zur
Lachnummer wird. Dies bedeutet Rückenwind für eine wirkliche Bankenreform,
angefangen mit einer strikten Trennung zwischen Geschäfts- und
Investmentbanken. Hier einige der jüngsten Vorstöße in dieser Richtung:
- Bundesverband mittelständische Wirtschaft (BVMW):
Herbert Schulte von der Landesgeschäftsführung des BVMW in Nordrhein-Westfalen
kritisierte die „Streßtests“ der EZB und sagte: „Wir vermissen die Analyse von
Hedgefonds und Finanzdienstleistern, die nach wie vor riskante Geschäfte
betreiben, die das Finanzsystem destabilisieren können... Zur Stabilisierung
des Bankensektors braucht es die systemische Trennung von Kreditgeschäft und
Investmentbanking. Das Geschäft mit Privatkunden und die Finanzierung des
Mittelstands müssen wieder zu Kernaufgaben der Banken werden.“ Schulte
plädierte auch für „eine Neujustierung der Risikogewichtungen“, da die Banken
bislang „zu Spekulationsgeschäften mit Krisenstaaten geradezu aufgefordert“
würden.
- Parlamentsinitiative in Island. Alfheidur Ingadottir,
Ersatzmitglied des isländischen Parlaments, brachte Ende Oktober einen Antrag
für eine Glass-Steagall-Resolution ein. In dem Resolutionsentwurf heißt es:
„Das Parlament beauftragt den Minister für Finanzen und wirtschaftliche
Angelegenheiten, ein Gesetz vorzulegen, das die Trennung der Aktivitäten von
Geschäftsbanken und Investmentbanken garantiert und das Risiko finanzieller
Verluste für die Öffentlichkeit durch Bankenkrisen verringert. Das Gesetz soll
dem Parlament in der 145. Legislaturperiode vorgelegt werden.“
Die Formulierungen sind stärker als ein Antrag, der in der letzten
Legislaturperiode beschlossen worden war; darin wurde der Minister lediglich
aufgefordert, einen Ausschuß einzuberufen, der prüft, ob die Banksparten
getrennt werden sollen, und dazu entsprechende Entwicklungen in anderen
Ländern untersucht. Der neue Antrag wird von neun weiteren Abgeordneten aus
allen vier Oppositionsparteien unterstützt.
- Schwedische Abgeordnete fordern Untersuchung. Sechs
linke Abgeordnete in Schweden haben am 27. Oktober einen Antrag im Parlament
eingebracht, sie fordern eine „parlamentarische Untersuchung zur Vorlage eines
Gesetzes über die Trennung des traditionellen Bankgeschäfts von den
Aktivitäten der sog. Investmentbanken“. Die Initiatorin des Antrags ist die
stellv. Vorsitzende und Wirtschaftssprecherin der Linken Partei, Ulla
Andersen, die auch in Budgetfragen engen Kontakt zur Regierung hält. Die neue
Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und Grünen regiert mit Unterstützung
der Linken. In dem Antrag wird die Rettung der privaten Banken auf Kosten der
Steuerzahler kritisiert und festgestellt, die Bankentrennung könne den
Steuerzahler schützen vor „den spekulativen Aktivitäten, die die Instabilität
des Finanzsystems verstärken“.
* Xinhua berichtet über Glass-Steagall-Debatte in Italien.
Die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua veröffentlichte
einen Bericht über die Trennbanken-Debatte in Italien und stellte darin die
verschiedenen Gesetzesvorlagen vor, die im Parlament als Alternative zu dem
Ansatz von EZB und EU eingebracht wurden.
Neben dem früheren Wirtschaftsminister Giulio Tremonti erwähnt der Artikel
die Kampagne der italienischen LaRouche-Bewegung Movisol und zitiert die
Vorsitzende Liliana Gorini: „Jedesmal, wenn eine Bank scheitert oder wegen
Derivaten ein großes Loch zu stopfen hat, sollen die Bürger dafür bezahlen -
mit unseren Ersparnissen, mit immer höheren Steuern und durch
Haushaltskürzungen, die unserer Infrastruktur schweren Schaden zufügen, wie
man bei den jüngsten Überschwemmungen in Genua gesehen hat. Und jetzt bereitet
man ein Gesetz vor, um das Geld direkt aus unseren Bankkonten zu nehmen (Anm.
Xinhua: das ,Bail-in-System’, in dem die Anleihehalter und Sparer für
die Verluste der Banken geradestehen). Es ist an der Zeit, das System zu
ändern, um die Bürger und die produktiven Unternehmen zu schützen, nicht die
spekulative Finanzwelt.“
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