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Neue Solidarität
Nr. 5, 29. Januar 2014

Deutschland ist ärmer geworden –
zum Tod von Professor Wilhelm Hankel

Von Helga Zepp-LaRouche

Er war einer der wenigen deutschen Ökonomen, die diesen Namen verdienten - in einem Meer von seelenlosen Monetaristen und Propagandisten einer „Wirtschaft, die tötet“, wie Papst Franziskus kürzlich feststellte. Professor Hankel verachtete die Hauptströmung der Apologeten der Globalisierung ebenso wie des Euro. Er wies unbestechlich von Anfang an darauf hin, daß die Globalisierung eine gigantische „Verarmungsmaschine“ für den Großteil der Menschen sei, während deren Profiteure die „permanente Flucht in die Gesetzlosigkeit“ angetreten hätten. Und von Anfang an wies er darauf hin, daß der Euro scheitern würde, weil der Konflikt zwischen den Ländern mit einem riesigen Handels- und Zahlungsbilanzüberschuß und denjenigen mit gigantischen Defiziten auf Dauer nicht überwunden werden könne. Der Versuch der Vergemeinschaftung der Schulden, d.h. Deutschland zum Zahlmeister für ganz Europa zu machen, würde nicht nur zur Verarmung der Deutschen führen, sondern auch zum Scheitern des Euro und letztlich auch der EU.

Die endgültige Bestätigung seiner Prognosen steht offensichtlich noch aus, aber die Richtigkeit seiner Warnungen bezüglich der Entwicklungsphasen, die diesem Kollaps vorauseilen, ist bereits schmerzlich spürbar: die katastrophale Verarmung Südeuropas und eines Teils der deutschen Bevölkerung ebenso wie das weitgehende Austrocknen von Krediten an den produktiven Teil der Wirtschaft zugunsten der Spekulation und Maximierung der Profite der Banken.

Die Tatsache, daß die Klagen Hankels und der anderen eurokritischen Professoren vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro und den Milliardenkredit für Griechenland abgewiesen wurden, mindert die Richtigkeit seiner Argumentation nicht im geringsten. Die Karlsruher Richter sind ihrer eigenen Aussage nach keine Wirtschaftsfachleute und standen immer unter dem ungeheuren Druck der Argumentation, daß ein für „die Märkte“ ungünstiges Urteil zum totalen Kollaps des globalen Finanzsystems führen würde. Hinter dieser Argumentation stand immer das Prinzip Carl Schmitts, daß nur derjenige, der den Notstand kontrolliert, Macht besitzt. Vor der Geschichte wird Professor Hankel Recht behalten, und seine Kritiker werden wie inkompetente Dilettanten wirken.

Im persönlichen Gespräch ebenso wie im öffentlichen Dialog und bei Vorträgen bewies er eine intellektuelle Brillanz, die sich wohltuend von dem in Deutschland inzwischen weit verbreitetem Mittelmaß und politisch korrekten Gruppendenken abhob. Er war einer der inzwischen leider extrem selten gewordenen Selbstdenker, dem die Suche nach der Wahrheit immer wichtiger war als der Applaus der Mächtigen.

Professor Hankel sprach auf einer ganzen Reihe von internationalen Konferenzen und Seminaren des Schiller-Instituts und der Nachrichtenagentur EIR, er teilte mehrmals das Podium mit Lyndon LaRouche, den er auch zu einer Gastvorlesung an die Frankfurter Universität einlud, an der er als Honorarprofessor für Währungs- und Entwicklungspolitik lehrte.

Dabei stimmten Professor Hankel, der sich u.a. als Keynsianer verstand, und die Repräsentanten des Schiller-Instituts nicht immer in allen theoretischen Fragen überein. In Bezug auf den Euro gab es hundertprozentiges Einverständnis, in Bezug auf andere Aspekte der Überwindung der Systemkrise gab es unterschiedliche Gewichtungen, und bezüglich der Wiedereinführung des Glass-Steagall-Gesetzes in den USA meinte er wiederholt, dies gehöre in „das Department von Lyndon LaRouche“. Aber die Auseinandersetzung war immer eine, die vom Interesse am Gemeinwohl getragen war, und der Frage, wie die Souveränität des Staates als einzigem Garant dieses Gemeinwohls wiedererlangt werden könne.

Das Stabilitäts- und Wachstumsgesetz

Hankel war Leiter der Abteilung Geld und Kredit im Bundeswirtschaftsministerium unter Karl Schiller und in dieser Eigenschaft der Vater des Bundesschatzbriefs, einer äußerst sicheren Anlageform für die sogenannten kleinen Sparer, die leider abgeschafft wurde. Er wies wiederholt darauf hin, daß das aus dieser Zeit stammende Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967 auch heute noch das Instrumentarium für die Überwindung der Krise zur Verfügung stellen würde. Dieses Gesetz, das zwar im Augenblick durch solche Greuel wie die Schuldenbremse faktisch außer Kraft gesetzt ist, sei aber dennoch durch den Grundgesetzartikel 109 eigentlich zur Verfassungsaufgabe erhoben und könne im Falle eines „gesamtwirtschaftlichen Ungleichgewichtes“ augenblicklich von den Finanzministern angewandt und für staatliche Investitionen z.B. in eine verkümmernde Infrastruktur genutzt werden. „Der wirkliche Zukunftswert dieses Gesetzes, der würde sich heute überhaupt erst zeigen“, betonte Hankel in einem Interview gegenüber der Neuen Solidarität, und er gab seiner Zuversicht Ausdruck, daß dieses Gesetz in der Zukunft eine Renaissance erleben würde. Im Falle einer solchen Krise seien Bund und Länder ermächtigt, ja sogar verpflichtet, eine aktive, defizitfinanzierte Wachstumspolitik zu betreiben. So könnten Arbeitslosigkeit und die Krise bekämpft werden, mit niedrigen Zinsen, Staatsinvestitionen und Beschäftigungsprogrammen.

Diese am Wachstum der Realwirtschaft orientierte Perspektive reflektierte die Philosophie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), deren Chefökonom er von 1959 bis 1967 gewesen war. Die KfW ihrerseits basierte auf dem Modell der Rooseveltschen Reconstruction Finance Corporation und war der Motor für den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg.

Wenn Deutschland die kurz bevorstehende Zusammenbruchskrise des Euro und des transatlantischen Finanzsystems überleben will, dann müssen wir zu der wirtschaftstheoretischen Orientierung zurückkehren, der das Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit zu danken war und für die Professor Hankel der wichtigste Sprecher der letzten Jahre war. Man wird ihn nicht nur vermissen, sondern seine ökonomischen Ideen wird Deutschland sehr bald dringend brauchen.