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Neue Solidarität
Nr. 52, 24. Dezember 2014

Schlägt der Ölpreiskrieg gegen Rußland
auf seine transatlantischen Urheber zurück?

Von Alexander Hartmann

Diese Frage stellt sich angesichts der Versuche, Rußland durch die gezielte dramatische Senkung des Ölpreises und organisierte Kapitalflucht in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen. Helga Zepp-LaRouche kommentierte diese Entwicklungen in ihrem BüSo-Internetforum am 17. Dezember: „Das Ziel ist offensichtlich, Putin zu stürzen, einen Regimewechsel in Rußland herbeizuführen und Rußland zu zerstören. Putin hat das in seiner Jahresansprache schon vor etwa zwei Wochen gesagt: Das eigentliche Ziel sei das ,Jugoslawien-Modell’, d.h. die Zerstückelung von Rußland.“ Die Ereignisse der letzten Tage seien die Folge der kombinierten Wirkung der Sanktionen gegen Rußland und des dramatischen Ölpreiskollapses, „der nicht natürlich ist, sondern bewußter Teil einer Kriegsführung“.

Denn obwohl neben Rußland auch alle anderen ölproduzierenden Nationen innerhalb und außerhalb der OPEC massiv vom Kollaps des Ölpreises betroffen seien, habe sich Saudi-Arabien beim jüngsten OPEC-Treffen in Wien geweigert, die Produktion zu drosseln. Derzeit produziere das Land allein 1-1,5 Mio. Barrel Öl pro Tag mehr als die Nachfrage. Das treibe den Ölpreis in den Keller, und dies habe enorme Auswirkungen auf Rußlands Exporteinnahmen.

Hinzu komme, daß jetzt eine Kapitalflucht eingesetzt hat, im Zusammenspiel der internationalen Banken und der Oligarchen in Rußland. Man erwarte, daß bis Ende des Jahres bis zu 120-130 Mrd. $ an Kapital aus Rußland abgezogen werden, was natürlich die russische Wirtschaft noch weiter schwäche. „Die Folge war dieser massive Rubelkollaps. Die Versuche der Zentralbank, durch Zinserhöhungen gegenzusteuern, waren wirkungslos.“ Rußland solle in die Enge getrieben oder eingeboxt werden - genau wie es Obama gesagt habe.

Aber die Konfrontationspolitik gegen Rußland finde natürlich nicht nur im wirtschaftlichen und finanziellen Bereich statt, sondern habe auch eine militärische Komponente, und das sei ein „hochgefährliches Spiel… Offensichtlich soll durch diese Kombination von Wirtschafts- und Finanzkriegsführung zusammen mit der Eskalation in der Ukraine eine Situation erzeugt werden, wo Rußland gar nichts anderes mehr übrig bleibt, als zu handeln“, und es dann wirklich eine akute Kriegseskalation gebe. „Es ist also ganz nah.“

Helga Zepp-LaRouche kritisierte in diesem Zusammenhang scharf die Haltung der Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Frau Merkel hat im Augenblick höchstes Ansehen in Washington, weil sie praktisch den Schulterschluß macht mit der Obama-Administration und der britischen Regierung. Aber alle anderen sind vollkommen entsetzt und sagen: Was ist es, was diese Frau motiviert, die Interessen Deutschlands so aufs Spiel zu setzen und eine Situation mit zu befördern, die die Kriegsgefahr wirklich zuspitzt? … Wenn es zu diesem Krieg kommt, dann muß ja wohl jedem klar sein, daß in Deutschland kein Stein auf dem anderen bleiben würde und niemand das überleben würde.“

Die schwache Flanke des Westens

Tatsächlich gibt es jedoch in Obamas Konfrontationsstrategie gegenüber Rußland einige wesentliche Schwachpunkte. So müssen z.B. selbst jene, die über Rußlands finanzielle Schwierigkeiten jubeln, inzwischen eingestehen, daß der Ölpreiskrieg auch schon im Westen zu einer spürbaren Krise geführt hat. Unter der Überschrift „Gefährlicher Krisen-Mix bedroht die Finanzmärkte“ schrieb z.B. Spiegel Online am 18. Dezember: „Sollte der Ölpreis weiter fallen, drohen auch Kettenreaktionen auf anderen Märkten: Ölfirmen könnten ihre Schulden nicht mehr bedienen, und Investoren könnten ihr Geld aus anderen Anlagen abziehen, um ihre Verluste im Ölgeschäft zu begleichen.“ (Lesen Sie hierzu bitte auch unseren Bericht in dieser Ausgabe).

Aber auch auf anderem Wege droht der westlichen Finanzwelt Gefahr. Spiegel Online zitiert den früheren Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer: „Ob russische Unternehmen, die sich in ausländischen Währungen verschuldet haben, oder europäische Firmen und Banken, die in Rußland aktiv sind - sie alle gehören zu den Verlierern der russischen Krise.“ Die Investoren seien „komplett verunsichert… Sie wollen aus allem raus, was irgendwie mit Risiko behaftet zu sein scheint. Die Gefahr einer größeren Krise ist da.“

Angesichts dieser wirtschaftlichen Rückschläge sah sich Präsident Obama dazu veranlaßt, seine europäischen Verbündeten zur Einheit zu rufen: „Die Idee, daß wir nur einfach die Sanktionen immer weiter verschärfen müßten, bis Putin dann irgendwann umdenkt, ist meiner Meinung nach eine Fehlkalkulation. Was Rußland letztendlich dazu veranlassen wird, eine strategische Entscheidung zu treffen, ist, wenn sie erkennen, daß Europa auf unserer Seite steht, und das auf lange Sicht, und daß wir geduldig sind. Wenn sie sehen, daß es keine Risse in der Koalition gibt, dann könnten wir es mit der Zeit erleben, daß sie sagen, die Kosten für unsere Wirtschaft überwiegen die strategischen Vorteile… Putin wird Erfolg haben, wenn er eine Spaltung in der transatlantischen Beziehung herbeiführt, wenn wir Europa von den Vereinigten Staaten getrennt sehen. Das wäre ein strategischer Sieg für ihn, und ich habe die Absicht, das zu verhindern.“

Auch wenn die EU Obama - bisher jedenfalls noch - die Stange hält, ist klar, daß Rußland in dieser Auseinandersetzung keineswegs alleine dasteht, wie man nicht zuletzt am Verlauf und Ergebnis von Präsident Putins Indienbesuch sehen kann (s. Seite 1). Auch die regierungsnahe chinesische Zeitung Global Times betonte, China müsse dringend eine Strategie entwickeln, Rußland zu helfen, weil ein Kollaps Rußlands unabsehbare weltpolitische Konsequenzen hätte. Deshalb müsse China sich jetzt wirklich überlegen, wie es da eingreift.

Insofern wird man in Washington, Brüssel und Berlin mit Sorge sehen, daß Chinas Premierminister Li Keqiang am 16.-17. Dezember in Belgrad mit den Regierungschefs von 16 Ländern Mittel- und Osteuropas zusammenkam, um über die Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen zu sprechen. China will seinen Handel mit diesen Ländern in den kommenden fünf Jahren verdoppeln und wird, um dies zu fördern, einen neuen Fonds für zinsgünstige Kredite auflegen. Die Länder der Region sollten von China lernen und ihre Verkehrs- und Energieinfrastruktur ausbauen. Neben den Regierungen der 17 teilnehmenden Staaten waren bei dem Treffen auch rund 300 chinesische Unternehmen vertreten, insgesamt 6000 Personen nahmen an der Veranstaltung teil.

China ist wie Rußland Teil der BRICS-Gruppe, die derzeit eine neue Weltwirtschaftsordnung als Alternative zum bankrotten transatlantischen System aufbaut. Tatsächlich richtet sich Obamas Konfrontationspolitik gegen diese Politik insgesamt; Rußlands Wirtschaft ist dabei nur eine schwache Flanke, die man angreift.

In Finanzkreisen fürchtet man jedoch, daß gerade dieser Angriff Putin dazu veranlassen könnte, völlig mit den monetaristischen Prinzipien zu brechen, die das Land für den Finanzkrieg des Westens anfällig machen. So schrieb z.B. der Londoner Economist: „Herr Putin könnte sich von Malaysia inspirieren lassen, das im September 1998 die Ringgit-Spekulationen erstickte, indem es den Wechselkurs fixierte und die Zinsen senkte.“ Auch Forbes schrieb, in Rußland könnten Kapitalverkehrskontrollen drohen: „Malaysia hat sie 1998 wirksam genutzt“, und auch China „reguliert den Kapitalzufluß und -abfluß sehr streng… Ein solcher Schritt könnte bewirken, daß die ,Hardliner’ in der Regierung Putin noch mehr Glaubwürdigkeit gewinnen. Das würde es noch weit schwieriger machen, Rußlands nächsten Schritt vorherzusagen.“

Zu diesen Hardlinern in der Regierung Putin zählt aus westlicher Sicht auch Putins Wirtschaftsberater Sergej Glasjew, der schon seit Beginn der westlichen Sanktionspolitik entschiedene Maßnahmen zum Schutz Rußlands gegen den westlichen Finanzkrieg fordert und die monetaristische Politik der russischen Zentralbank scharf kritisiert. Er verurteilte die Zinsanhebung der Zentralbank vom 16. Dezember (um 6,5%) als „inkompetent“; sie habe zu einer Panik der Märkte geführt. Glasjew fordert, diese gescheiterte Politik müsse ersetzt werden durch Devisen- und Kapitalverkehrskontrollen und durch die Schaffung eines Systems gezielter Kredite für produktive Investitionen, insbesondere in die Infrastruktur.

Mobilisierung des Schiller-Instituts

Tatsächlich wäre es im besten Interesse des Westens, seine Konfrontationshaltung und die monetaristische Politik aufzugeben und statt dessen mit Rußland, China, Indien und ihren Verbündeten innerhalb und außerhalb der BRICS-Gruppe zusammenzuarbeiten, betonte Helga Zepp-LaRouche in ihrem Internetforum. Die meisten Leute im Westen wüßten überhaupt nicht, „daß es eine sehr wichtige und sehr realistische Perspektive und Alternative zu der gegenwärtigen Politik gibt. Wir haben ja die Entwicklung der BRICS-Staaten, die seit Juli dabei sind, mit Riesenschritten ein neues Weltwirtschafts- und -finanzsystem aufzubauen… In Indien werden hundert neue Städte gebaut, es werden Wasserprojekte in Gang gesetzt, die alle Flüsse Indiens verbinden. Die Neue Seidenstraße wird ausgebaut… Es ist also überall eine Aufbruchstimmung, über die von den westlichen Medien überhaupt nicht berichtet wird.“

Diese neue Politik habe mehr als die Hälfte der Menschheit auf einen völlig anderen Kurs gebracht hat, „und das Gute ist eben, daß das keine Konkurrenz ist zu Europa oder zu Amerika... Xi Jinping hat immer gesagt, das ist eine inklusive Politik, die Seidenstraße ist ein ,Win-Win-Vorschlag’, eine Politik, wo beide Seiten gewinnen.“ Es sei daher „der natürliche Ausweg aus der jetzigen Situation, daß man mit den BRICS-Staaten zusammenarbeitet, an einem Aufbau der Welt und den Problemen der Welt, die uns alle betreffen.“

Das Schiller-Institut hat diese Idee in einer Resolution1 formuliert und sammelt dafür weltweit Unterstützungsunterschriften, zum Teil von wichtigen institutionellen Persönlichkeiten. Die Veröffentlichung dieser Resolution mit den Namen ihrer Unterzeichner sei aber nur ein erster Schritt in dieser Mobilisierung, sagte Zepp-LaRouche: „Wir bitten alle Unterzeichner, sie wiederum in ihren Webseiten, Blogs, Netzwerken zu verbreiten“, um weitere wichtige Persönlichkeiten, aber auch viele normale Bürger, die sich über die Kriegsgefahr Sorgen machen und diesen Ausweg für richtig halten, für diese Mobilisierung zu gewinnen... Denn wir sind in Deutschland mal wieder im Tal der Ahnungslosen. Das ist diesmal nicht nur Dresden, sondern das ist das ganze Land, ganz Europa, weil die Massenmedien nichts darüber berichten, sondern im Grunde immer nur negative Punkte über China, über Rußland, über Indien. Und das ist alles wirklich Vorkriegspropaganda… Lesen Sie diese Resolution und helfen Sie uns, sie zu verbreiten.“ Denn genau darin sei der Ausweg zu sehen.


Anmerkung

1. Siehe http://newparadigm.schillerinstitute.com/de/media/the-u-s-and-europe-must-have-the-courage-to-reject-geopolitics-and-collaborate-with-the-brics/