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Neue Solidarität
Nr. 33, 12. August 2015

Rußland reagiert auf die Gefahr eines neuen „Augustkrieges“

Führende Vertreter Rußlands – der Präsident, der Duma-Vorsitzende und andere – warnen vor den möglichen Konsequenzen der westlichen Provokationen.

Während US-Außenminister John Kerry den August mit einer Reise in den Nahen Osten begann, wo er mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammenkam, um die Konflikte einzudämmen, die sich in der Region und weltweit ausbreiten, zeigen die Entwicklungen in der Region und die jüngsten Erklärungen von Präsident Barack Obama, daß die Gefahr eines neuen Weltkrieges sogar noch gewachsen ist, was das Gespenst eines neuen „Augustkrieges“ heraufbeschwört.

Lyndon LaRouche hat in den letzen Wochen immer wieder davor gewarnt, daß eine Provokation gegen Rußland sehr schnell zu einem allgemeinen Krieg führen könnte. Zu diesem Zweck könnte eine ganze Reihe von Krisenpunkten aktiviert werden, wie etwa durch die jüngste Entscheidung Präsident Obamas, nach der von Washington unterstützten Intervention der Türkei in Syrien Luftangriffe - auch gegen die Syrische Armee - zur Verteidigung der von den USA ausgebildeten syrischen „Rebellen“ zu genehmigen. Weitere Krisen sind die in der Ukraine um den rußlandfeindlichen „Rechten Sektor“, der Einsatz russischer Kampfjets über der Ostsee, den Ausbau der amerikanischen Raketenabwehrsysteme in Europa und Rußlands Gegenmaßnahmen, um nur einige zu nennen.

Das Weiße Haus kündigte am 2. August an, die US-Luftwaffe werde „verbündete Einheiten“ in Syrien aus der Luft gegen „jeden Angreifer“ unterstützen - auch gegen die Truppen der Assad-Regierung. Laut einem Sprecher der Obama-Regierung sind die USA „zu zusätzlichen Schritten“ bereit, falls die Assad-Streitkräfte den vom US-Militär ausgebildeten Kämpfern in die Quere kämen. Diese Entscheidung bedeutet, daß die Obama-Regierung sich jetzt das Recht herausnimmt - und zwar ohne UN-Mandat oder Autorisierung des Kongresses - die Assad-Regierung jederzeit direkt militärisch zu bekämpfen.

Nach einem Gespräch mit US-Außenminister John Kerry und dem saudischen Außenminister Adel al-Jubeir sagte Rußlands Außenminister Lawrow vor der Presse, diese US-Entscheidung sei „kontraproduktiv... Nach unserer Ansicht verstößt diese Haltung gegen das Völkerrecht und stellt ein Hindernis auf dem Weg dar, eine einheitliche Front im Kampf gegen den Terrorismus zu bilden, darunter den ,Islamischen Staat’ und die Nusra-Front.“ Luftschläge allein würden ISIS nicht aufhalten; man brauche eine Koalition mit der syrischen und der irakischen Regierung und den Kurden. Jede Einmischung von außen in die syrische Krise müsse gestoppt werden. Alles andere werde den Kampf gegen die islamistischen Extremisten erschweren, es müsse gemeinsame Verhandlungen der syrischen Parteien geben, um eine Lösung des Bürgerkrieges zu erreichen. Lawrow berichtete, man habe die amerikanischen Kollegen auf die Tatsache hingewiesen, daß die von ihnen ausgebildeten Kämpfer, die sog. „moderate Opposition“ in Nachbarländern zum größten Teil auf der Seite der Extremisten landeten.

Fjodor Lukjanow, Vorsitzender des Moskauer Rates für Außen- und Verteidigungspolitik, der die russische Regierung berät, sagte laut der Presseagentur Interfax: „Jetzt ist die Gefahr, daß ISIS ganz Syrien übernimmt“. In einem Artikel mit der Überschrift „US-Luftunterstützung für syrischen Rebellen würde das Blatt wenden“ berichtete RT am 3. August über die Einschätzung des syrischen Journalisten Alaa Ibrahim, der dies Vorgehen als „sehr gefährlich für die syrische Armee“ bezeichnete. Ihr Hauptvorteil gegenüber den Rebellen sei bislang ihre Luftwaffe gewesen. Wenn deren Einsatz nun eingeschränkt würde, werde die Anzahl von ausländischen Kämpfern aus der Türkei nach Syrien zunehmen, die sich am Kampf gegen die syrische Regierung beteiligen.

Rußlands neue See-Doktrin

Rußlands Präsident Wladimir Putin hat in jüngsten Interviews und Reden deutlich gemacht, daß er sich über die Provokationen der USA und der NATO völlig im Klaren ist. Russische U-Boote und strategische Bomber führen weiterhin Langstrecken-Manöver durch, die sie bis an die (weit vorgeschobenen) Grenzen des NATO-Territoriums führen, um zu unterstreichen, daß Rußland über unaufhaltbare nukleare Zweitschlagskapazitäten verfügt - und auch bereit ist, diese einzusetzen, wenn es angegriffen wird.

Am 26. Juli bestätigte Putin während der Feierlichkeiten anläßlich des Russischen Marinetages im Hafen Baltijsk (Vorhafen von Kaliningrad) die Aktualisierung der Russischen See-Doktrin. Die Gründe dafür sind laut dem stellvertretendem Ministerpräsidenten Dmitrij Rogosin die „Veränderungen in den internationalen Angelegenheiten“ und die Konsolidierung Rußlands als Seemacht. Dabei spiele Rußlands Präsenz im Atlantik und der Arktis eine wichtige Rolle. Die russische Aufmerksamkeit für den Atlantik sei eine Folge der aktiven Entwicklung der NATO und der Tatsache, daß die NATO sich den russischen Grenzen nähere, so Rogosin.

Die zweite Veränderung der Doktrin sei bedingt durch die Wiedervereinigung der Krim und Sewastopols mit Rußland und die sich daraus ergebende Aufgabe, diese Gebiete zügig in das russische Wirtschaftsleben einzugliedern. Hinzu komme die Fortsetzung der russischen Flottenpräsenz im Mittelmeer.

Die russische See-Doktrin umfaßt vier funktionale und sechs regionale Bereiche. Zu den funktionalen gehören Flottenaktivitäten, die Hochseeschiffahrt, die Meereswissenschaft und die Erschließung von Rohstoffvorkommen. Die sechs regionalen Gebiete sind der Atlantik, die Arktis, der Pazifik, das Kaspische Meer, der Indische Ozean und die Antarktis. Präsident Putin betonte, das Hauptziel der See-Doktrin sei eine umfassende, fortlaufende und effiziente Meeres-Politik, um Rußlands nationale Interessen zu schützen.

An dem Treffen nahmen neben dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Rogosin und Präsident Putin auch Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der russische Marinekommandant Admiral Viktor Tschirkow und der Kommandant des Westlichen Militärbezirks General Anatolij Sidorow teil.

Die Tatsache, daß diese neue Seestrategie ausdrücklich auf die NATO-Ausdehnung bis an die russischen Grenzen Bezug nimmt, ist ein erneute klare Bestätigung, daß Rußland diese ebensowenig hinnehmen wird wie eine weitere globale Ausweitung der NATO als Weltpolizist. Rußlands Botschafter bei der NATO, Alexander Gruschko, warnte am 28. Juli nachdrücklich vor „politischen Spielen in Bezug auf eine Ausweitung der NATO nach Georgien und die Ukraine“. Diese könnten, so Gruschko gegenüber Life News, „die ernstesten und tiefgreifendsten geopolitischen Konsequenzen für Europa als ganzes nach sich ziehen.“ Gruschko wiederholte seine Aussage, dies werde katastrophale Konsequenzen haben, und unterstrich außerdem die Folgen für die Ukraine.

Duma-Vorsitzender warnt vor neuem Weltkrieg

Der Vorsitzende der russischen Duma, Sergej Naryschkin, gab in einem Interview, das anläßlich des Jahrestags des „Augustkrieges“ - dem 1. August 1914, an dem Rußland auf Seiten Serbiens in den Ersten Weltkrieg eintrat - am 30. Juli in Iswestija erschien, eine nachdrückliche Warnung ab. Er erklärte, Rußland werde „angemessen“ auf die Logik des Kalten Krieges reagieren, und warnte: Wenn uns die Logik des Kalten Krieges aufgezwungen wird, dann müssen wir angemessen handeln.“ Man solle sehr vorsichtig sein mit Ausdrücken wie „die Welt neu aufteilen“ oder „Dritter Weltkrieg... Ein dritter Weltkrieg wäre der letzte für die Menschheit. Und die Stärkung der russischen Verteidigungskapazitäten, einschließlich der Finanzierungsentscheidungen, die die Duma trifft, haben den Zweck, genau solch einen Krieg zu verhindern.“

Er verurteilte den Versuch, zitierte Russia Today (RT), eine neokoloniale Politik in der heutigen Welt wiederzubeleben: „Viele militärische Konflikte begannen durch die stillschweigende Duldung der Idee, daß ein Volk einem anderen überlegen sei... Die großen westlichen Mächte ziehen es vor, nicht hinzuschauen, ebenso wie sie versuchen, Neonazi-Trends und die Glorifizierung von Hitlers Kollaborateuren nicht zur Kenntnis zu nehmen.“

RT zufolge sagte Naryschkin, das, was die EU der Ukraine vorgeschlagen habe, Verpflichtungen ohne irgendwelche Rechte zu haben, könne man nur als „Kolonialstatus“ bezeichnen. Naryschkin schloß jegliche Möglichkeit aus, daß Rußland die Krim jemals wieder an die Ukraine zurückgeben werde. Er unterstrich jedoch die Möglichkeit, wie von russischer Regierungsseite immer wieder vorgeschlagen, „die Eurasische Wirtschaftsunion und die Europäische Union zusammenzuführen... [da Rußland] immer zur gemeinsamen europäischen Familie gehört hat und immer dazugehören wird.“

Russische Vertreter sind sich auch im Klaren über die asymmetrische Kriegsführung gegen Rußland. Der Kreml verkündete in der vergangenen Woche, daß dem National Endowment for Democracy - eine von der US-Regierung getragene Organisation, die im Mittelpunkt des Apparats der „Farben-Revolutionen“ steht, ab sofort alle Aktivitäten auf russischem Boden untersagt sind. Auch China und Indien, zwei weitere prominente Mitglieder der BRICS-Gruppe, gehen gegen politische Organisationen vor, die ihre ausländischen Finanzquellen nicht offenlegen.

„Überraschungen häufig im August“

Rußlands Botschafter in Mexiko, Edward Malayan, stellte am 31. Juli in einem Gastkommentar in der nationalen Zeitungskette El Sol de Mexico die Kooperation, wie sie die BRICS-Nationen betreiben, dem wachsenden Chaos und der Instabilität weltweit gegenüber. Malayan schreibt, von sommerlicher Ruhe sei keine Spur zu sehen, und wies darauf hin, daß sich „Überraschungen oft im August häufen“. Als Beispiele für die weltweiten Spannungen nannte er das Abkommen zwischen Griechenland und der EU, das nichts wirklich gelöst habe; die bewaffnete Konflikte im Nahen Osten, die die internationalen Stabilität bedrohen; das Erstarken von ISIS, des Fehlen eines nationalen Dialogs in der Ukraine und die mangelhafte Umsetzung des Minsk-Abkommens.

Diesem internationalen Panorama stellt Malayan zwei Entwicklungen gegenüber, die einen gesunden und stabilisierenden Effekt hätten: Zum einen der BRICS-Gipfel in Ufa, bei dem die Mitgliedstaaten übereingekommen seien, ihre internationale Rolle zu stärken. Darin spiegele sich „eine absolute Notwendigkeit, für die Schaffung solider Kooperation zwischen verschiedenen Kulturen und Zivilisationen, als Grundlage eines polyzentrischen internationalen Systems“. Man werde damit der Herausforderung des 21. Jahrhunderts gerecht, wonach „der Kern gemeinsamer Arbeit in gleichen Rechte und einer Kultur des Konsenses“ bestehen muß. Bei den BRICS gebe es keine Anordnungen, jedes Ergebnis sei „der gemeinsame Nenner nationaler Interessen dieser fünf [BRICS-]Länder.“

Als weiteres Beispiel, wie konstruktive Zusammenarbeit zwischen Nationen Erfolg haben kann, nannte Malayan das „P+5“-Abkommen mit dem Iran. Der russisch-amerikanische Dialog sei beim Zustandekommen dieses Abkommen zur Förderung der Weltstabilität ganz besonders wichtig gewesen.

eir