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Bei einer Anhörung des Streitkräfteausschusses mußten sich Verteidigungsminister Carter und Generalstabschef Dunford unangenehmen Fragen stellen.
US-Präsident Obamas führende Männer im Militärbereich, Verteidigungsminister Ashton Carter und der Vorsitzende der Vereinten Stabschefs General Joseph Dunford, wurden am 1. Dezember bei einer Anhörung des Streitkräfteausschusses des Repräsentantenhauses von mehreren Abgeordneten wegen ihrer angeblichen Unkenntnis und langen Untätigkeit gegen den Ölschmuggel des „Islamischen Staats“ in die Türkei gerügt. Die Abgeordnete Tulsi Gabbard nutzte die Gelegenheit, um nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß die amerikanische Syrienpolitik die Gefahr eines Nuklearkriegs zwischen den USA und Rußland heraufbeschwört. Carter und Dunford suchten Ausflüchte.
Die Abgeordnete Susan Davis (Demokratin aus Kalifornien) fragte, warum die USA erst so spät etwas gegen den Ölschmuggel unternahmen. Dunford antwortete, im Frühjahr sei dazu eine Studie begonnen worden, deren Resultate dem Verteidigungsminister aber erst vor vier Wochen vorgelegt worden seien. Nun aber gehe die Koalition gegen den Öl- und sogar gegen den Zementschmuggel von ISIS vor. Der Abgeordnete Mike Conaway (Republikaner aus Texas) fragte nochmals, warum das so lange gedauert habe. Carter redete sich heraus, man habe noch im August die Einnahmen aus dem Ölschmuggel „unterschätzt“.
Carter und Dunford sagten beide, die US-Streitkräfte lernten immer besser, zwischen Ölinfrastruktur unter der Kontrolle von ISIS und der lebensnotwendigen Infrastruktur für die Bevölkerung zu unterscheiden und die Ölinfrastruktur von ISIS zu bekämpfen. „Wir denken, daß wir eine deutliche Wirkung auf die Kerneinnahmen von ISIS haben“, sagte Dunford in seiner Antwort auf eine Frage des Abgeordneten Jim Langevin (Demokrat aus Rhode Island).
Die Abgeordnete Tulsi Gabbard nutzte die Anhörung zu einem Frontalangriff auf die Kriegspolitik der Regierung Obama, und sprach dabei den wesentlichen Punkt an: die Tatsache, daß diese auf eine direkte Konfrontation zwischen Amerika und Rußland zutreibt und dadurch die Gefahr eines Nuklearkrieges heraufbeschwört. Es kam zu dem folgenden Wortwechsel zwischen Gabbard und Carter, über den viele amerikanische Medien berichteten:
Gabbard: Da unsere Politik zum Sturz der syrischen Regierung Assad uns faktisch in einen Konflikt Auge in Auge mit Rußland bringt, habe ich dazu einige Fragen. Wie viele nukleare Sprengköpfe hat Rußland, die auf die USA gerichtet sind, und wie viele haben die USA auf Rußland gerichtet?
Carter: Frau Abgeordnete, ich werde Ihnen die genauen Zahlen besorgen, so gut wir sie kennen. [Er setzte hinzu, beide Seiten hätten furchteinflößende nukleare Kapazitäten.]
Gabbard: Richtig. Und es wäre richtig, wenn man sagte, daß unsere beiden Länder die Fähigkeit haben, diese Kernwaffen innerhalb von Minuten zu starten?
Carter: Die haben wir.
Gabbard: Ich habe Bilder aus Nagasaki und Hiroshima gesehen, und ich weiß, daß Sie sie auch gesehen haben. Ich vermute, daß Sie mir zustimmen werden, daß ein Nuklearkrieg für das amerikanische Volk verheerend wäre; das Ausmaß an Leid, das er verursachen würde für unsere Familien, unsere Kinder, unsere Gemeinden, unseren Planeten, für die zukünftigen Generationen, ist kaum vorstellbar. Ich frage mich daher, ob man eine Studie durchgeführt hat, wie viele Menschenleben verloren gingen und welche Schäden es mit sich brächte, wenn es zu diesem Nuklearkrieg zwischen unseren beiden Ländern käme?
Carter: Frau Abgeordnete, ich tue das schon seit sehr langer Zeit, seit dem Kalten Krieg, und habe mich mit Kernwaffen schon seit dem Beginn meiner Karriere befaßt. Es wurden ständig solche Einschätzungen vorgenommen - als es noch die Sowjetunion war, und dann mit Rußland. Und es ist, wie Sie es sagen: Ein Nuklearkrieg würde zu katastrophalen Zerstörungen führen. Deshalb ist die Abschreckung so wichtig, und deshalb ist die Besonnenheit der Staatsführer in aller Welt so wichtig.
Gabbard: Nun, angesichts der Tatsache, daß wir jetzt unsere F-15-Jäger, die vor allem für den Luftkampf eingesetzt werden, die türkisch-syrische Grenze patrouillieren lassen - wobei es keinen Luftkampf gegen ISIS gibt, weil die gar keine Flugzeuge haben -, kann ich nur annehmen, daß es der Zweck dieser Flugzeuge ist, gegen russische Flugzeuge vorzugehen. Ist das richtig?
Carter: Frau Abgeordnete, lassen Sie mich zunächst den Punkt beantworten, von dem Sie ausgegangen sind. Wir haben eine ganz andere Sichtweise als Rußland über das, was konstruktiv wäre, was sie in Syrien tun sollten. Wir haben da Differenzen. Wir können uns mit dem, was sie dort tun, nicht abfinden. Wir sind gegen das, was sie dort tun, und wir wollen, daß sie es ändern. Das ist aber nicht dasselbe wie ein Konflikt zwischen den Vereinigten Staaten und Rußland. Ich denke, der Vorsitzende [General Dunford] und sein russischer Gegenüber [General Walerij Gerassimow] haben gestern darüber gesprochen, wie man sicherstellen kann, daß es zu keinen Zwischenfällen zwischen amerikanischen und russischen Truppen kommt...
Gabbard: Aber diese scharfen Differenzen mit entgegengesetzten Zielen - auf der einen Seite strebt die US-Regierung den Sturz der Regierung Assad an, auf der anderen will Rußland die syrische Regierung Assad erhalten - schaffen ein starkes Potential und eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen direkten Kampf oder einen direkten militärischen Konflikt. Und Rußlands Einrichtung eines Luftabwehr-Raketensystems vergrößert diese Möglichkeit, daß eine Seite - ob aus Zufall oder aus Absicht - Flugzeuge der anderen abschießt. Und da liegt wirklich dieses Potential für einen solchen verheerenden Nuklearkrieg - daß es sich zu etwas weit Größerem entzünden könnte.
Carter: Ich bin da in einigem, was Sie gesagt haben, anderer Meinung...
eir