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Neue Solidarität
Nr. 9, 25. Februar 2015

Der „Grexit“ ist auf dem Weg

Von Theodore Katsanevas

Theodore Katsanevas, Professor an der Universität von Piräus, übermittelte der New Yorker Konferenz des Schiller-Instituts am 14. Februar die folgende Grußbotschaft.

Ich bin Theodore Katsanevas, Professor an der Universität von Piräus in Griechenland. Ich denke, Sie in der LaRouche-Bewegung, im Schiller-Institut, kennen mich. Ich war schon mehrmals gerne bei Ihnen, und nun habe ich das Vergnügen, mit Ihnen über die aktuelle Lage hier in unserem Land zu sprechen, die wieder einmal international Aufmerksamkeit erregt.

Offenbar ist es unser Schicksal, in diesen Zeiten solche Aufmerksamkeit zu erregen.

Jedenfalls befinden wir uns gerade in diesem Augenblick mitten in sehr schwierigen Verhandlungen zwischen der neu gewählten Regierung der SYRIZA von Alexis Tsipras, die wir unterstützen, und unseren europäischen sogenannten Partnern, angeführt von der Berliner Regierung, Frau Merkel und Herrn Schäuble. Derzeit hat es, nach vielen Treffen von Alexis Tsipras und dem Wirtschaftsminister, Herrn Varoufakis, in europäischen Hauptstädten, aus meiner Sicht den Anschein, daß sich das sehr schwierig gestaltet.

Am Anfang schien es, als würden die Amerikaner den „Guten“ spielen. Sie kennen das wahrscheinlich, hier in Griechenland nennt man das den „guten Polizisten und bösen Polizisten“. Und der Amerikaner spielt den guten Polizisten, und die Deutschen spielen den bösen Polizisten. Zunächst schickte Obama der griechischen Regierung eine sehr herzliche Grußbotschaft, und wir alle meinten, wir hätten die Rückendeckung der Amerikaner.

Am Ende aber scheint es so, daß Frau Merkel wohl beschlossen hat, zu intervenieren, und allem Anschein nach sind die Verhandlungen seither sehr, sehr, sehr, sehr schwierig.

Frau Merkel fordert von der griechischen Regierung die Aufgabe jeglichen Widerstands gegen das sogenannte Memorandum [zwischen der Troika und Griechenland], die Politik, die uns das Leben in all diesen Jahren zur Hölle gemacht hat. Jetzt sind es schon sechs Jahre. Sechs Jahre Armut, Not, Arbeitslosigkeit hier in Griechenland. Aber Merkel beharrt auf dieser Linie.

Alexis Tsipras sagt: Ich werde das, was Frau Merkel und die europäischen Partner von mir verlangen, nicht hinnehmen. Wir wollen aus dem Memorandum, der „Denkschrift“ heraus, und wir wollen die Troika nicht in Griechenland.

Natürlich reden beide Seiten höflich miteinander, freundliche diplomatische Worte, aber bisher sieht es sehr schlecht aus.

Auch hat Herr Draghi von der Europäischen Zentralbank kürzlich angekündigt, daß die Europäische Zentralbank keine griechischen Staatsanleihen mehr kauft, was bedeutet, daß die griechischen Banken schon sehr bald keinen Zugang mehr zu Geldern haben werden. Es könnte also schon sehr bald eine ganz, ganz, ganz schwierige Lage geben, und unter diesen Bedingungen muß die griechische Regierung entscheiden, was sie tut.

Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder sie nimmt alle Forderungen zurück - alles, was sie dem griechischen Volk versprochen hat und wofür sie gewählt wurde. Es gibt bei uns in Griechenland ein Wort dafür, das auch im Ausland benutzt wird, es heißt kolotumba, das bedeutet eine vollständige Kehrtwende. Wenn Alexis Tsipras die „Kolotumba“ macht, dann werden die Griechen ihn abservieren. Er wäre am Ende.

Auf der anderen Seite sehen wir, und wir sind da realistisch, daß wenn Frau Merkel die „Kolotumba“ macht, und akzeptiert, was Tsipras und die SYRIZA-Regierung vorschlagen, daß sie dann in einer sehr schlechten Position sein wird, weil gegenwärtig leider die Regierungen im Süden Europas - Spanien, Portugal, Italien - nicht wollen, daß die deutsche Politik vom Prinzip der Austerität abgeht. Wenn das passiert, dann wird beispielsweise in Spanien die Podemos-Bewegung Herrn Rajoy hinwegfegen.

Das gleiche geschähe überall in Europa, und am Ende stünde Griechenland gegen Berlin. Und wie Sie wissen, haben auch jetzt Frau Merkel und Herr Schäuble eine stärkere Position in vielen Teilen Europas und auch in Deutschland.

Es gibt also sehr, sehr schwierige Ausgangsbedingungen für Verhandlungen, und wir wissen wirklich nicht, wie es ausgehen wird. Unser Vorschlag ist, wenn die Verhandlungen nicht mit einem Kompromiß enden, was recht wahrscheinlich ist, daß dann hier in Griechenland ein Referendum veranstaltet wird, mit der einfachen Frage Ja oder Nein zur Eurozone.

Wir sind überzeugt, daß wenn die Massenmedien - sie gehören den Oligarchen und stehen auf der Seite des Euros und auf der Seite der Reichen, Sie kennen das -, wenn die beide Seiten gleich behandeln, daß dann der Grexit siegen wird.

Jedenfalls ist der Grexit auf dem Weg, möglicherweise auch ein vorübergehender Grexit. Wie ein Wirtschaftsprofessor, der bekannte deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn, kürzlich vorgeschlagen hat, könnte das ein guter, cleverer Kompromiß sein, indem man Merkels Politik nicht völlig verwirft und gleichzeitig abwarten kann, was das griechische Volk wirklich will. Wenn die Griechen entscheiden, daß wir aus der Eurozone aussteigen - dann haben wir die ganze Zukunft vor uns, um unser Land selbst zu regieren. Natürlich sollen wir aus unseren Fehlern lernen, denn es ist wahr, daß wir in der Vergangenheit viele Fehler gemacht haben, die griechischen Regierungen haben viel falsch gemacht. Und wir schaffen eine antagonistische Wirtschaft, indem wir die Landeswährung, die Drachme, gegenüber den ausländischen Währungen abwerten.

Wenn aber die Griechen andererseits entscheiden, daß die Eurozone für sie das beste ist, dann kann die Berliner Regierung alles von ihnen verlangen. Es geht alles weiter in dieselbe Richtung, mit Armut, Arbeitslosigkeit usw., so wie es jetzt in Griechenland läuft.

Rußland und BRICS

Aber es gibt dabei ein Problem, und ich habe mir das für den Schluß aufgehoben, um es besonders zu betonen. Die Berliner Regierung und die Vereinigten Staaten haben sich für diese Konfrontation entschieden, eine Konfrontation zwischen dem Westen, Deutschland und den USA und dem kleinen Griechenland. Was für eine Konfrontation ist das? Das kleine Griechenland kann eine solche Konfrontation unmöglich wagen und gewinnen.

Es sei denn, etwas steht hinter ihm - und das ist die Drohung aus Rußland.

Angenommen, man würde Griechenland unter den Schirm Rußlands fallenlassen - und Rußland hätte das sehr gerne -, dann ist das etwas, worüber die Amerikaner und die Deutschen, vor allem aber die Amerikaner, sehr gründlich nachdenken sollten.

Was ich damit sagen will: Wenn der Westen, also unter anderem Deutschland und die Vereinigten Staaten, Griechenland keine andere Wahl läßt, dann kann niemand vorhersagen, was passieren wird - einschließlich der Möglichkeit, daß Griechenland als erstes [europäisches] Land sich auf die Seite der BRICS mit Rußland schlägt.

Ich weiß es nicht. Ich hoffe das Beste für mein Land und für die ganze Welt. Ich hoffe, daß uns all das nicht in eine schwierige Lage oder sogar in einen Krieg führt. Wer weiß? Ich bin nicht in der Position, den Amerikanern einen Rat zu geben, aber aus meiner Sicht möchte ich daran erinnern, daß Griechenland über die Jahrhunderte immer ein sehr guter Verbündeter des amerikanischen Volkes und der amerikanischen Regierung war. Wir haben in der Vergangenheit gegen die Deutschen gekämpft, und wir sind immer noch da.

Und ich denke, wir könnten die Unterstützung des amerikanischen Volkes und der amerikanischen Regierung fordern, mit der Hoffnung, dieses Land so zu gestalten, daß es besser entwickelt wird. Beenden wir die Armut, die Arbeitslosigkeit, die Not, die wir all die Jahre hatten. Die Amerikaner können etwas dagegen tun. Und ich muß sie daran erinnern, daß sie nach dem Zweiten Weltkrieg den Marshallplan geschaffen haben. Sie halfen Ländern wie Griechenland, wieder auf die Füße zu kommen.

Und ich muß auch die Deutschen daran erinnern, daß sie uns für das, was sie uns im Zweiten Weltkrieg angetan haben, niemals etwas bezahlt haben. Sie haben uns die Kredite, die wir Deutschland damals gaben, immer noch nicht zurückgezahlt. Und ich muß die Amerikaner daran erinnern, daß im Jahr 1953 im Rahmen einer neuen Entwicklung jener Zeit der Großteil der deutschen Schulden abgeschrieben wurde.

Man sollte auch berücksichtigen, daß das Problem der griechischen Schulden und der Schulden anderer Länder nicht nur durch unsere schlechte Regierung verursacht wurde, sondern auch vom nationalen Kapitalismus herkommt. Natürlich hängt das auch mit der Glass-Steagall-Problematik zusammen.

Ich denke daher, das amerikanische Volk und die amerikanische Regierung müssen intervenieren und diese Not und diese Konfrontation beenden.

Ich wünschte, ich könnte persönlich bei Ihnen sein, aber ich sende Ihnen meine Grüße und die Hoffnung auf ein besseres Morgen.