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Neue Solidarität
Nr. 15, 13. April 2016

Was Chinas Engagement in Osteuropa uns allen sagen sollte

Wie wir an anderer Stelle (siehe Artikel in dieser Ausgabe) berichten, wurde beim Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Prag u.a. auch eine Vereinbarung über eine chinesische Beteiligung am Bau des Donau-Oder-Elbe-Kanals unterzeichnet - ein Projekt, das schon seit langer Zeit auf der Wunschliste der tschechischen Regierung steht. Ähnliches gilt für zahlreiche weitere Projekte, die jetzt im Rahmen der Initiative der Neuen Seidenstraße mit Unterstützung der chinesischen Regierung von chinesischen Investoren in Osteuropa verwirklicht werden.

Nun verwirklicht Tschechien also gemeinsam mit China ein Projekt, das mit Unterstützung der EU schon längst hätte in Gang gesetzt werden können und sollen. Der nebenstehende Bericht über den Ausbau der Donau-Oder-Elbe-Wasserstraße stammt zu großen Teilen aus einem Bericht des Verfassers von 1993. Damals schrieb ich, es sei „vorgesehen, das Gesamtprojekt innerhalb der nächsten 25 Jahre in mehreren Phasen fertigzustellen, und so die Grundlage für eine schnelle Modernisierung und Entwicklung der Industrien in der Tschechischen und der Slowakischen Republik zu legen“. Inzwischen ist fast ein Vierteljahrhundert vergangen, aber es ist außer dem Ausarbeiten von Plänen wenig oder nichts geschehen, um das Projekt zu realisieren.

Auch der Ausbau der Elbe - eine wichtige Ergänzung zu den tschechischen Plänen in Deutschland - wurde in den gut 25 Jahren seit der deutschen Wiedervereinigung nicht vorangebracht. Anstatt die Elbe auszubauen, wurden vielmehr die Uferbereiche der Elbe über lange Strecken zu Naturschutzgebieten erklärt, bei niedrigen Wasserständen sind große Teile der Oberelbe für die Schiffahrt unpassierbar - und dies, obwohl sich die Gremien der Industrie- und Handelskammern der Elbregion seit Jahren für den Ausbau der Elbe eingesetzt haben.

Um die Gründe hierfür zu verstehen, muß man sich klarmachen, daß die Europäische Gemeinschaft spätestens mit der deutschen Wiedervereinigung ihren Charakter vollkommen verändert hat: Aus dem Bündnis von Staaten, die sich gegenseitig in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung unterstützen, wurde ein geopolitisch agierendes Möchtegern-Empire, dem daran gelegen war, gerade diese wirtschaftliche Entwicklung zu bremsen, damit nicht einzelne Teile der Union zu stark würden, um sie zu beherrschen. Die Staaten Osteuropas sollten den westeuropäischen Unternehmen zwar als verlängerte Werkbank dienen - aber gerade diese Überlegung schließt mit ein, daß sie nach dem Willen der geistigen Väter dieser Politik niemals den mitteleuropäischen Lebensstandard erreichen sollten, jedenfalls nicht für die breite Masse der Bevölkerung. Denn diese Arbeitskräfte sollten ja billiger sein und bleiben als in Mittel- und Westeuropa.

Ein wirkliches „Wirtschaftswunder für Osteuropa“ hingegen hätte eine enge Interessengemeinschaft gerade der osteuropäischen Länder mit Deutschland, dem Hauptlieferanten ihrer Produktionstechnik, bedeutet - und diese Interessengemeinschaft hätte innerhalb der EU irgendwann größeres Gewicht gewonnen als die anglo-französische Achse, der daran gelegen war, Deutschland „an der Leine zu halten“.

Das Instrument zur Durchsetzung dieser Nichtentwicklungspolitik waren der Euro und die Maastricht-Kriterien, mit denen auch in den „Beitrittsländern“ Osteuropas die Investitionen gedrosselt wurden.

Ganz im Gegensatz zu dieser imperialen Politik stand das Projekt des (im nebenstehenden Aufsatz erwähnten) „Produktiven Dreiecks Paris-Berlin-Wien“, dessen Grundidee es war, die in dieser Region gebündelten wirtschaftlichen Potentiale zu mobilisieren, um die durch den Fall der Berliner Mauer entstandene Öffnung zum schnellen wirtschaftlichen Aufbau Osteuropas zu nutzen und so eine Friedensordnung für das 21. Jahrhundert zu schaffen. Wesentliches Element des Vorschlags war es, Infrastrukturkorridore von Mitteleuropa aus in alle Himmelsrichtungen zu den übrigen europäischen Ballungsräumen aufzubauen, um die Entwicklung in die weniger weit vorangeschrittenen Regionen hineinzutragen.

Dieses Konzept wurde nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion unter dem Namen „Eurasische Landbrücke“ auf ganz Eurasien und später als „Weltlandbrücke“ auch auf die übrigen Kontinente erweitert.

Heute finden sich wesentliche Grundgedanken dieses Programms in der Initiative des chinesischen Präsidenten Xi Jinping wieder, der vor drei Jahren den asiatischen Nationen vorschlug, gemeinsam die „Neue Seidenstraße“ und die „Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“ zu realisieren, und seither Dutzende von Nationen in aller Welt dafür gewonnen hat - auch in Mittel- und Osteuropa.

Dies zeigt zwei Dinge:

Beides sind gute Nachrichten - auch und gerade für jene im Westen, die in den letzten 25 Jahren den Fehler machten, sich die Politik der EU aufzwingen zu lassen. Das „Produktive Dreieck Paris-Berlin-Wien“ ist heute leider gar nicht mehr so produktiv, und wir brauchen heute dringend Chinas Aufbaupolitik, um auch hier bei uns die produktiven Kapazitäten wiederaufzubauen. Es ist an der Zeit, die Europäische Union wieder zu einem Bündnis für die gegenseitige Entwicklung zu machen - oder sie aufzulösen.

Alexander Hartmann