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Neue Solidarität
Nr. 23, 9. Juni 2016

„Krieg darf niemals wieder ein Mittel der Konfliktlösung sein“

Von Helga Zepp-LaRouche

Helga Zepp-LaRouche hielt die folgende Rede am 28. Mai in New York, bei einer Konferenz des LaRouche-Aktionskomitees und des Schiller-Instituts anläßlich des Memorial Day.

Liebe Mitglieder von LaRouchePAC, Gäste des Schiller-Instituts, liebe Freunde, es ist mir eine große Freude, heute zu Ihnen zu sprechen. Wenn wir nun über die Soldaten sprechen und der Soldaten gedenken, die in Kriegen gefallen sind, möchte ich betonen, daß es im Zeitalter der thermonuklearen Waffen jedermann auf der Erde klar sein sollte, daß Krieg keine Option zur Lösung irgendwelcher Konflikte sein kann. Denn wenn es zum Undenkbaren käme, dem wechselseitigen Einsatz von Kernwaffen - nun, es gibt heute einige Theorien, daß ein begrenzter Nuklearkrieg möglich wäre; ein regionaler Nuklearkrieg, den man gewinnen könne.

Aber ich denke, jeder, der sich mit der Sache etwas gründlicher beschäftigt hat und beispielsweise die Schriften von Ted Postol gelesen hat, der sehr gut belegt, warum es einen begrenzten Nuklearkrieg nicht geben wird oder geben kann - denn jeder, der das annimmt, übersieht schlicht und einfach den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem konventionellen Krieg, in dem das Ziel ist, den Feind zu besiegen, zu entwaffnen und dann den Krieg zu beenden, und dem Einsatz von Kernwaffen, wo die Logik eines solchen Krieges, sobald er einmal begonnen hat, dazu führt, daß alle existierenden Waffen eingesetzt werden. Und das sofort. Und wenn es soweit käme, dann wäre das die unmittelbare Auslöschung der Zivilisation.

Ich denke, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges hat man das klar verstanden. Es gab die Doktrin der gegenseitig zugesicherten Zerstörung (MAD), wo klar war, daß wir entweder alle zusammen überleben oder alle zusammen sterben. Aber schon seit einiger Zeit bröckelt diese MAD-Strategie, denn heute gibt es allerlei Szenarios mit der Idee, den Krieg zu gewinnen, mit klügeren, kleineren, leichteren, besser einsetzbaren, präziseren Kernwaffen und Trägersystemen, die man dafür einsetzen könnte.

Das ist inzwischen jedoch eine tödliche Gefahr für die Zivilisation. Wir warnen schon seit einiger Zeit davor. Wir haben einen Film produziert, mit dem Titel „Unsurvivable“ - „Nicht zu überleben“. Wir haben viele Reden darüber gehalten und wir waren, zusammen mit nur wenigen anderen, einsame Rufer in der Wüste. Aber jetzt gibt es seit einigen Wochen einen plötzlichen Ausbruch von Erkenntnis vieler Menschen, die jetzt an die Öffentlichkeit gehen und warnen, daß die Lage völlig verrückt geworden ist.

Das passiert vor dem Hintergrund mehrerer akuter strategischer Krisen: eine an der russischen Grenze in Osteuropa, ein andere in Südwestasien, eine weitere um Korea und noch eine um das Südchinesische Meer. Jeder dieser Konflikte kann zum Zünder eines globalen Nuklearkriegs werden. Und die Leute kriegen Angst, weil der kommende NATO-Gipfel, der Anfang Juli in Warschau stattfinden wird, alle möglichen Veränderungen bringen soll, u.a. die Stationierung von vier Bataillonen zu je tausend Mann in den baltischen Ländern und zum Zeitpunkt dieses Gipfels im Juli eine Verknüpfung der kürzlich in Rumänien stationierten Komponente der Raketenabwehr mit den Zerstörern der Aegis-Klasse, die bereits in der Nordsee, dem Schwarzen Meer und anderswo eingesetzt sind. Und damit kommt es jetzt sehr rasch an einen Punkt, wo die Russen erklärt haben, sie können die ständige Erweiterung des Raketenabwehrsystems nicht tolerieren, weil es sich eindeutig gegen Rußland richtet und eindeutig darauf abzielt, Rußlands Zweitschlagskapazität auszuschalten, und daß es niemals das war, was vorgeschützt wurde, nämlich ein Mittel gegen die angebliche Raketengefahr aus dem Iran.

Schon vor zwei oder drei Jahren haben die russischen Streitkräfte Videoanimationen produziert, die zeigen, daß die jetzt in Polen, Rumänien, Bulgarien, Spanien und auf den Kriegsschiffen installierten Anlagen tatsächlich dazu dienen sollen, Rußland zu treffen. Aber besonders nach der P5+1-Einigung mit dem Iran, die die Gefahr von Raketen aus dem Iran eindämmt, existiert dieser Vorwand nicht mehr.

Jetzt wurde von Leuten wie Professor Stephen Cohen von der New Yorker Universität darauf aufmerksam gemacht, daß dahinter eindeutig die Absicht steht, einen Krieg anzufangen. Ein anderer, sehr wichtiger Sprecher aus Rußland, General Leonid Iwaschow, hat gesagt, man sehe jetzt eindeutig Schritte zur Vorbereitung eines Krieges.

Sehr bedeutsam ist, daß sogar in Deutschland jemand, den ich als strikten Atlantiker charakterisieren würde, der auf jeden Fall zum Mainstram-Establishment gehört [Michael Stürmer], letzte Woche einen sehr wichtigen Artikel in der konservativen Tageszeitung Die Welt veröffentlicht hat, mit der Überschrift „Vor dem Atomkrieg bewahrt uns kein Protokoll mehr“. Er befaßt sich dort mit der Modernisierung der Kernwaffen - daß sie angeblich weniger werden - obwohl man sagen muß, daß die Obama-Administration weniger Kernwaffen aus dem Arsenal verschrottet hat als jede andere US-Regierung nach dem Kalten Krieg, und der Abbau verlangsamt sich beträchtlich.

Dieser Michael Stürmer merkt nun an, man solle nicht annehmen, weil die Nuklearwaffen weniger und kleiner werden, wären das gute Neuigkeiten. Im Gegenteil ist es Grund zu mehr Sorge, weil schon die Idee an sich, daß diese Waffen einsetzbar wären, die Schwelle zu ihrem tatsächlichen Einsatz herabsenkt.

Und er fährt fort, das Problem sei, daß während des Kalten Krieges die militärische und politische Führung sich sehr genau bewußt war, was die gegenseitig zugesicherte Zerstörung bedeuten würde, nämlich die Auslöschung der ganzen Menschheit. Aber heute sind in der politischen ebenso wie in der militärischen Führung neue Generationen, die das ignorieren. Alle die fast fatalen Zwischenfälle, die sich jetzt beinahe täglich in der Nordsee oder im Schwarzen Meer oder im Südchinesischen Meer ereignen, hätten früher die Alarmglocken in den schrillsten Tönen läuten lassen, weil man erkannt hätte, wie schnell ein solcher zufälliger Beinahe-Zusammenstoß zu einem Weltkrieg führen kann.

Andere Erklärungen in den jüngsten Monaten haben sehr deutlich gemacht, daß sowohl die NATO als auch Rußland ständig in akuter Zweitschlagsbereitschaft („Launch on Warning“) sind und deshalb die reale Frist zur Entscheidung auf beiden Seiten, beim Präsidenten der Vereinigten Staaten oder in diesem Fall besonders beim russischen Präsidenten, nur drei bis sechs Minuten oder bestenfalls eine halbe Stunde beträgt.

Wir sitzen also auf einem Pulverfaß des möglichen Armageddon, und wenn die Menschen wirklich daran denken würden, dann würden sie alles tun, um das zu verhindern.

Regimewechselpläne

Inzwischen wächst das Bewußtsein darüber. Es gab eine Anhörung im US-Senat, in der die Senatorin Feinstein darüber sprach, daß die Vereinigten Staaten jetzt beschlossen haben, in den nächsten Jahrzehnten eine Billion Dollar auszugeben, um ihr Kernwaffenarsenal zu modernisieren, eingeschlossen die taktischen Kernwaffen, die B-61-12, die hauptsächlich in Europa stationiert sind. Dadurch kommt die Vorstellung, diese Waffen einzusetzen, mehr in Reichweite, und allein das ist völlig unmoralisch, weil das bedeutet, daß dies zur Auslöschung der Zivilisation führen kann.

Eine ähnliche Lage wie in Europa herrscht jetzt im Südchinesischen Meer. Es gibt viel Propaganda, China eigne sich aggressiv Land an. Nichts könnte weiter entfernt von der Wahrheit sein. China tut nicht mehr, als auf einigen dieser Inseln, auf die es historisch bis zurück ins 9. Jahrhundert Ansprüche hat, Einrichtungen zu bauen, und das ist etwas, was alle anderen Länder in der Region - die Philippinen, Thailand, Vietnam - schon seit längerer Zeit tun. Und kein einziges Frachtschiff wurde jemals daran gehindert, dort durchzufahren. Deshalb ist die von den Vereinigten Staaten aufgestellte Behauptung, hier werde die Freiheit der Meere verletzt, einfach falsch. Die Zwischenfälle, die es gab, wurden dadurch verursacht, daß amerikanische Schiffe die Zwölfmeilenzone der Inseln verletzten oder Flugzeuge darüber flogen, was ebenfalls eine Regelverletzung ist.

Wir stehen also wirklich vor dem Abgrund. Und ich muß sagen, daß es mir sehr mulmig wurde, als mir berichtet wurde, was Obama sagte, bevor er nach Hiroshima fuhr: Er hat sich nicht nur für den Abwurf der Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki nicht entschuldigt, obwohl es für den Abwurf in Wirklichkeit keinen guten Grund gab. Es hat nicht einer Million Amerikanern das Leben gerettet, wie die offizielle Behauptung der Truman-Regierung war. Es war bekannt, daß Japan über den Vatikan schon eine Resolution und Kapitulation ausgehandelt hatte, deshalb diente der Abwurf der Bomben auf Hiroshima und Nagasaki nur dazu, das Prinzip der „Schrecklichkeit“ zu demonstrieren - man wollte damit der Sowjetunion zeigen, welche furchtbare Macht die Kernwaffen hätten.

Obama hat sich nicht entschuldigt, was an sich schon bezeichnend ist. Aber in einem Interview mit dem japanischen Fernsehen, als er gefragt wurde, wie er über den Atombombenabwurf auf Hiroshima denke, antwortete er sogar: „Ich bin jetzt seit siebeneinhalb Jahren Präsident, und da ich selbst Präsident in Kriegszeiten bin, kann ich verstehen, daß Präsidenten unter solchen Umständen gezwungen sein können, solche Entscheidungen zu fällen.“

Ich denke, die Menschen sollten endlich aufwachen und erkennen, wo wir wirklich stehen.

Es gibt keinen Grund für einen Krieg. Rußland ist nicht aggressiv - glauben Sie das keinen Augenblick. Rußland reagiert, besonders seit dem Vorstoß, die Ukraine in das Assoziationsabkommen mit der EU zu holen, womit die Ukrainekrise anfing, und was inakzeptabel war, denn Janukowitsch reagierte so stark und reiste vom EU-Gipfel eilig ab, weil er erkannte, daß damit die NATO die Kontrolle über die Ukraine hätte. Es hätte auch den russischen Markt für alle EU-Produkte geöffnet, was für Rußland inakzeptabel war. Deshalb sagte er das Abkommen ab.

Dann wurde der Maidan gegen die ukrainische Regierung organisiert. Dann folgte der Putsch vom 21. Februar 2014, ein Staatsstreich von Nazis, die auf die Tradition von Stepan Bandera zurückgehen, wie jedermann weiß. Der Westen machte mit. Das führte zu den schrecklichen Bedingungen in der Ostukraine. Und als Reaktion auf all das annektierte dann Rußland die Krim.

Wer sagt, Rußland habe sich die Krim aggressiv einverleibt, der hat Unrecht. Denn Rußland reagierte auf jeden Schritt - es reagierte auf den vielfachen Bruch des Versprechens, das Gorbatschow, aber auch anderen gegeben worden war, als die Sowjetunion sich auflöste, daß die NATO ihre Truppen nicht an die Grenze Rußlands ausweiten würde. Dann kam die Farbenrevolution, die Sanktionen - all dies beschreiben die Russen richtig als Formen eines bereits andauernden Hybridkrieges, dessen Endziel ein Regimewechsel in Moskau ist. Wie Madame Albright und der frühere deutsche Außenminister Joschka Fischer einmal gesagt haben: Rußland ist ein zu großes Territorium mit zu vielen Rohstoffen, um ihm zu gestatten, diese Rohstoffe ganz allein auszubeuten.

Die gleiche geopolitische Absicht eines Regimewechsels besteht auch gegen China. Ich will das an dieser Stelle nicht näher ausführen, wir können das in der Diskussion tun, wenn es gewünscht wird. Ich möchte aber unterstreichen, daß weder Rußland noch China aggressiv sind. Glauben Sie nicht den Lügen in den Medien, die Teil einer Vorkriegspropaganda sind. Tatsächlich ist das genaue Gegenteil wahr.

Politik der Kriegsvermeidung

China betreibt eine Politik, die eine Politik der Kriegsvermeidung ist, und es ist sogar die einzige Perspektive zur Überwindung der Geopolitik, die überhaupt von irgendeiner Seite auf den Tisch gebracht wurde. Als Xi Jinping damals im September 2013 in Kasachstan die Neue Seidenstraße ankündigte, stand das von Anfang an in der Tradition der alten Seidenstraße, die vor 2000 Jahren während der Han-Regierung einen Austausch von Gütern, von Kultur und Ideen war. Das führte zu einem enormen Anstieg des Wohlstands aller Nationen, die damals an der Seidenstraße beteiligt waren - und was China heute mit der Neuen Seidenstraße anbietet, ist genau das gleiche.

Dieses Projekt, das inzwischen fast drei Jahre alt ist - im September werden es drei Jahre sein seit dem Beginn -, bezieht inzwischen schon 70 Länder ein, hauptsächlich in Asien, entlang der alten Seidenstraße, aber es reicht auch weiter zu den ASEAN-Ländern, zum Iran, nach Ägypten, nach Indien. Es ist ein Projekt, das heute einem ganz anderen Prinzip folgt, nicht der Kasinowirtschaft des transatlantischen Sektors. Es ist vielmehr die Idee, Infrastruktur aufzubauen, mit einem damit verbundenen Bankensystem, das nicht in hochriskante Spekulationsgeschäfte investiert, sondern die nötigen Kredite liefert, um den unglaublichen Mangel an Infrastruktur zu beheben, der eine Folge der Politik des IWF und der Weltbank ist, die Ländern der Dritten Welt bewußt den Zugang zu Krediten für Infrastruktur verwehrten.

Die Politik der Neuen Seidenstraße und das mit ihr verbundene Finanzsystem - die AIIB, die Neue Entwicklungsbank, die Bank der Shanghaier Kooperation, die gerade gegründet wurde, die Fonds für die Maritime Seidenstraße und die Seidenstraße, die Bank der SAARC-Länder in Südasien -, alle diese Banken stehen für ein ganz anderes Modell des Bankwesens und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Und sie haben die Vereinigten Staaten eingeladen, sich anzuschließen. Xi Jinping hat wiederholt erklärt, daß dies ein Konzept ist, das allen Ländern auf dem Planeten offensteht: Wir wollen eine „Win-Win“-Perspektive, in der China natürlich auch Vorteile hat, aber auch alle anderen Länder haben Vorteile davon, wenn sie sich beteiligen.

Wo kommt die Kriegsgefahr her? Warum machen die Vereinigten Staaten, die EU und Großbritannien nicht einfach mit?

Das Problem ist das Britische Empire. Das Problem besteht darin, daß die Vereinigten Staaten faktisch von der Vorstellung beherrscht sind, es müßte eine unipolare Welt geben, auf der Grundlage einer Sonderbeziehung zwischen dem Britischen Empire und den Vereinigten Staaten. Leider hat sich Präsident Obama diese Idee vollkommen zueigen gemacht. Tatsächlich ist sie eine Fortsetzung der Politik der Neokonservativen, die schon Ende der 90er Jahre von Leuten wie Wolfowitz, Perle usw. vertreten wurde. Sie nannten es die Doktrin des „Project for a New American Century“ („Projekt für ein neues amerikanisches Jahrhundert“). Das ist die Idee, daß es nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nur noch eine Supermacht gebe und daß diese Supermacht das Recht habe, überall auf der Welt Militär einzusetzen, und daß diese Supermacht keiner Nation oder Gruppe von Nationen erlauben werde, die Vereinigten Staaten an wirtschaftlicher, politischer oder militärischer Macht zu überholen.

Aber diese unipolare Welt gibt es in der Realität gar nicht mehr. Denn China steigt auf, Asien steigt auf. China produziert bereits sehr viel mehr Hochtechnologiegüter für den Export als die Vereinigten Staaten. Es bildet mehr Wissenschaftler und mehr Ingenieure aus. Die Chinesen sind einfach zukunftsorientierter, wie man an Chinas großartigem Weltraumprogramm sehen kann, während die NASA demontiert wurde. Und nicht nur China steigt auf, auch viele andere Länder Asiens tun es. Indien beispielsweise hat das höchste Wirtschaftswachstum der Welt, etwa 8%. Andere Länder, wie Malaysia oder sogar Äthiopien, sind fest entschlossen, bis 2020 oder 2025 moderne, mittelständische Länder zu sein. Das vollzieht sich, und das Streben nach Entwicklung all dieser Nationen rund um den Globus läßt sich nicht aufhalten.

Finanzkollaps

Das Problem ist, daß der transatlantische Sektor davor steht, finanziell zusammenzubrechen. Gerade ist der G7-Gipfel zu Ende gegangen. Die G7 sind angeblich die wirtschaftlich wichtigsten Länder, jedenfalls halten sie sich dafür. Tatsächlich sinkt ihr Einfluß immer mehr, und zwar so sehr, daß die deutsche Boulevardzeitung Bild, die jeden Tag von rund acht Millionen Menschen gelesen wird, eine große Schlagzeile hatte, wo es hieß, der G7-Gipfel sei der „Gipfel der sieben Zwerge“. Diese Charakterisierung war völlig richtig.

Zur großen Überraschung war der einzige vernünftige Teilnehmer des G7-Gipfels der japanische Premierminister Abe. Er war nämlich, als er am G7-Gipfel teilnahm, gerade von einem Besuch in Sotschi heimgekehrt, wo er ausführliche Gespräche mit Präsident Putin hatte und viele, viele Wirtschaftsabkommen schloss: Gas und Öl im Fernen Osten Rußlands und andere, ähnliche Projekte. Und dies tat er trotz enormen Drucks der Regierung Obama, es nicht zu tun. Er kam zum Gipfel und er sagte: Wir müssen über die Tatsache sprechen, daß das westliche Finanzsystem vor einer Krise steht, die so groß sein wird wie die Lehman-Brothers-Krise 2008.

Aber er stieß auf taube Ohren. Obama sagte, das stimmt nicht, wir sind in einem Aufschwung. Und so heißt es im Schlußkommuniqué des Gipfels, der Aufschwung geht weiter, es geht uns allen gut.

Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Denn wenn jetzt eine der „Too-big-to-fail“-Banken, eine der systemrelevanten Banken pleite ginge, dann könnte sich das ganze System in Luft auflösen. Es gibt jetzt diese lächerliche Debatte über das „Hubschraubergeld“. Das ist die Idee, daß die Zentralbanken als letztes Mittel elektronisch Geld drucken. Das war vor vielen Jahren eine verrückte Idee von Ben Bernanke, aber jetzt tun sie es.

Sie haben negative Zinsen. Sie legen hundertjährige Anleihen auf. Wenn Sie den Banken Geld spenden wollen, dann kaufen Sie solche hundertjährige Anleihen, denn was in hundert Jahren mit diesen Anleihen geschehen wird, ist eine große Illusion. Das Geld wird sich in Luft auflösen und nicht mehr existieren. Und wenn Sie eine solche Anleihe vor Ablauf der hundert Jahre verkaufen, dann werden Sie dabei viel Geld verlieren. Es ist also ein völliger Schwindel, bloß um die Menschen, die noch Ersparnisse haben, dazu zu bewegen, daß sie in die Banken investieren. Die Tatsache, daß die Menschen solche Anleihen kaufen, zeigt, daß das Vertrauen in die Märkte wirklich auf ein erbärmliches Maß gesunken ist.

Darin liegt die eigentliche Kriegsgefahr. Denn es gibt Menschen in der transatlantischen Welt, die absolut entschlossen sind, nicht zuzulassen, daß Asien aufsteigt. Sie stehen davor, genau jenen Fehler zu machen, vor dem der frühere US-Generalstabschef Dempsey immer wieder gewarnt hat, nämlich, in die „Thukydides-Falle“ zu tappen. Das war der Konflikt zwischen Sparta und Athen im antiken Griechenland, als die Furcht vor dem Aufkommen des anderen zum Peloponnesischen Krieg und letztendlich zur Zerstörung des griechischen Reichs führte. Und Griechenland hat nie wieder die Bedeutung erlangt, die es damals hatte. Dempsey warnte, die Vereinigten Staaten dürften nicht den gleichen Fehler machen, aber genau das ist es, was jetzt geschieht.

Zwei gegensätzliche Richtungen

Es gibt jetzt weltweit viele Veränderungen, die sich sehr schnell vollziehen. Wie ich schon sagte, neigt Japan derzeit zur BRICS-Koalition, zur Seidenstraßen-Koalition. Offensichtlich hat Japan jetzt sehr gute Beziehungen mit Rußland, und das ist auch ein guter Ausgangspunkt zur Verbesserung der Beziehungen zu China. Der indische Premierminister Modi war soeben im Iran und hat dort mit Präsident Rohani und dem Präsidenten Afghanistans, Ghani, langfristige Investitionen in die Industriezone am Hafen Chabahar vereinbart, was Teil des Ausbaus der Seidenstraße von China in den Iran und von dort nach Indien und Afghanistan ist.

Der frühere afghanische Präsident Karzai sagte kürzlich, im März, bei einer Konferenz in Neu-Delhi, der einzige Weg, Afghanistan zu befrieden, sei es, Afghanistan zu einem Umschlagsplatz für Handel und Gewerbe an der Seidenstraßen-Verbindung zwischen Asien und Europa zu machen. Indiens Präsident Mukherjee hielt sich soeben zu einem viertägigen Staatsbesuch in China auf, wo er ebenfalls viele, viele Abkommen geschlossen hat. Er hielt dort eine wunderschöne Rede über die lange Zusammenarbeit und den kulturellen Austausch zwischen China und Indien in der Geschichte. Und er sagte: „Wenn unsere beiden Nationen“ - die beiden bevölkerungsreichsten Länder der Welt mit zusammen mehr als 2,5 Milliarden Menschen - „wenn unsere beiden Nationen zusammenarbeiten, dann gibt es nichts auf der Welt, was wir nicht erreichen können.“

Es gibt also zwei vollkommen verschiedene politische Richtungen. Es gibt die transatlantische Welt, die immer noch Angst hat, ihre unipolare Vorherrschaft zu verlieren, und deshalb einen Krieg vorbereitet. Aber die Menschen in Europa versetzt das in Angst und Schrecken. Es gibt eine große Diskussion darüber, die Sanktionen zu beenden. Es gab eine Sitzung in der französischen Nationalversammlung, in der gegen sie gestimmt wurde. Erst gestern [27. Mai] gab es die Sitzung eines Ausschusses im französischen Senat, die ebenfalls gegen die Sanktionen stimmte. Italiens Premierminister Renzi ist gegen die Sanktionen, und er wird im Juni zum Wirtschaftsforum in St. Petersburg fahren, was die Vereinigten Staaten offensichtlich nicht gerne sehen. Und in Deutschland ist die Hälfte des Landes (oder sogar noch mehr) für die Beendigung der Sanktionen. Denn die Menschen erkennen jetzt, daß sie sich entscheiden müssen: Bleiben sie in der Kriegsmaschine der transatlantischen Welt oder stellen sie sich auf die Seite der Länder, die die Zukunft repräsentieren?

Wir haben eine Wegscheide in der Geschichte erreicht. Glauben Sie nicht, daß dieser Zustand lange bestehen wird, es gibt sehr schnelle Veränderungen! Ich denke, die Entscheidung, in welche Richtung die Menschheit gehen wird, wird in den kommenden Wochen fallen, im Juni oder kurz danach. Es besteht in diesem Sommer die Gefahr eines Krieges, es ist die Rede von der Gefahr eines Krieges mit Rußland 2017, es gibt inzwischen sogar ein Buch eines Neokonservativen mit diesem Titel. Die Menschen sind besorgt darüber, daß die Krise im Südchinesischen Meer noch in diesem Sommer akut ausbrechen kann oder dazu gebracht wird. Ich denke, wir kommen an einen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt. Wir müssen also wirklich darüber nachdenken, wie wir da herauskommen können.

Die Flüchtlingskrise und ihre Lösung

Lassen Sie mich noch ein anderes Problem ansprechen. In Europa befinden wir uns jetzt in völligem Chaos wegen der größten Flüchtlingskrise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Im vergangenen Jahr kamen etwa zwei Millionen Flüchtlinge nach Europa, für dieses Jahr erwartet man etwas weniger, weil die EU jetzt eine mörderische Politik verfolgt, indem Frontex die Flüchtlinge mit militärischen Mitteln zurücktreibt - viele ertrinken im Mittelmeer -, und sie macht schmutzige Geschäfte mit der Türkei und Saudi-Arabien, die helfen sollen, zu verhindern, daß Flüchtlinge in die EU gelangen.

Das wird nicht funktionieren, und es hat zur völligen Diskreditierung der EU geführt. Niemand in der EU sollte mehr von humanitären Werten reden, wenn sie eine solche mörderische Politik gegenüber den Flüchtlingen betreibt.

Aber es sollte auch offensichtlich sein, daß man das Problem nicht lösen wird, indem man um jedes Land Mauern errichtet - das wäre sowieso das Ende der EU -, und auch nicht durch Mauern an den Außengrenzen der EU. Man muß die wahren Ursachen beseitigen, warum die Menschen ihr Leben riskieren, mit einer 50prozentigen Wahrscheinlichkeit, daß sie auf dem Weg nach Europa sterben werden. Denn sie fliehen vor Kriegen und Hunger und anderen Katastrophen in Südwestasien und in Afrika. In Fall von Südwestasien und Libyen ist dies offensichtlich die Folge der amerikanisch-britischen Kriege, der NATO-Kriege, die alle auf Lügen beruhten und in Südwestasien zu einer völligen Explosion geführt haben. Und im Fall von Afrika ist es die Folge der durch die Auflagen des Weltwährungsfonds erzwungenen hohen Sterberaten.

Aber es gibt einen Ausweg. Wie ich schon sagte, arbeiten China, Indien und der Iran daran, die Seidenstraße nach Iran und Afghanistan zu verlängern, und die Idee dabei ist offensichtlich, daß wir den Ansatz eines Seidenstraßen-Marshallplans für die ganze südwestasiatische Region brauchen - von Afghanistan bis zum Mittelmeer, vom Kaukasus bis an den Persischen Golf. Wir brauchen eine wirkliche Entwicklungsstrategie, um in dieser Region die Wüsten durch Erschließung neuer Trinkwasservorkommen zu besiegen, durch die Entsalzung großer Mengen von Meerwasser mit Hilfe von Kernenergie, durch die Erschließung der Grundwasservorkommen und durch die Ionisierung der Atmosphäre.

Wir können das alles tun. Diese Länder, die einst blühende Kulturen waren, können wieder in blühende Länder verwandelt werden, die der jungen Generation eine Zukunft bieten. Und das ist bereits im Gang, weil die Nachbarstaaten dazu entschlossen sind. Wir müssen nur noch die Vereinigten Staaten und die europäischen Länder überzeugen, daß sie sich an einem solchen Seidenstraßen-Marshallplan für den Nahen Osten und für Afrika beteiligen.

Es wäre so einfach, die Armut zu beseitigen; wir könnten das in einem halben Jahr schaffen. Kein Mensch müßte verhungern, denn die entsprechenden Technologien existieren bereits. Und wenn man dort die Infrastruktur aufbaut - Häfen, Eisenbahnen, Wasserstraßen, Autobahnen, Nahrungsmittelverarbeitung -, wenn man neue Städte baut und fortgeschrittene Technik in alle Länder Afrikas und Südwestasiens bringt, dann können wir die Lage in wenigen Jahren herumreißen, und diese Regionen können in ein oder zwei Generationen so entwickelt sein wie die Vereinigten Staaten oder Europa in den 1970er Jahren - nicht heruntergekommen wie heute, sondern so wie sie in den 70er Jahren waren.

Warum gehen wir nicht in diese Richtung? Es gibt keinen guten Grund, der dagegen spricht. Wir verlieren unsere Menschlichkeit, wenn wir es nicht tun. Ich denke, wir standen noch nie vor einer solchen Herausforderung wie heute, und es ist äußerst wichtig, nicht zu vergessen, daß dieser Planet nur von einer menschlichen Gattung bewohnt ist, anders als das, was die neuen Rassisten und die neuen Faschisten behaupten, die leider wieder aufkommen. Wie in den 1930er Jahren erleben wir eine Zunahme von Rassismus und Faschismus. Das ist alter Wein in neuen Schläuchen, der Inhalt dieser Schläuche ist der gleiche geblieben. Alle, die sagen, Flüchtlinge oder Ausländer hätten eine andere genetische Veranlagung oder andere „Reproduktionsstrategien“ und müßten deshalb ferngehalten werden, sind Rassisten in neuem Gewande. Und wir müssen die Idee wiederherstellen, daß das, was uns zu Menschen macht, die Tatsache ist, daß jedes Kind, das auf diesem Planeten geboren wird, mit dem unbegrenzten Potential begabt ist, ein Genie zu sein.

Wenn es auf diesem Planeten nicht mehr Genies gibt, dann liegt das nicht an der menschlichen Natur, sondern daran, daß die Lebensbedingungen noch nicht die beste Entwicklung für jedes Kind ermöglichen, das geboren wird. Hätten wir ein universelles Bildungssystem und einen anständigen Lebensstandard, und eine Vision und Hoffnung für die Zukunft, dann könnten wir die Zahl der Genies auf der Welt vermehren. Und das würde beweisen, daß die Menschheit tatsächlich derzeit noch in den Kinderschuhen steckt oder sich vielleicht sogar noch im Embryonalstadium ihrer Entwicklung befindet.

Wenn wir dem Schicksal der Dinosaurier entgehen wollen - nämlich, zu verschwinden -, dann müssen wir diesen Evolutionssprung vollziehen, wo der Mensch nicht mehr durch Blut und Boden oder Territorien definiert ist oder durch die Farbe unserer Haut oder unserer Haare, sondern durch das, was für die gesamte Menschheit menschlich ist: daß wir alle Schöne Seelen sein können; daß wir nicht nur unbegrenzt neue Einsichten in die Gesetze des Universums entwickeln und wissenschaftliche Entdeckungen von Naturprinzipien machen können, die uns zu gewaltigen Durchbrüchen in der Wissenschaft und in der Technologie führen können, sondern auch bessere Menschen werden können; daß wir charakterlich schöner werden können; daß wir liebevoller werden können; daß wir brillante Künstler werden können; daß wir Musik komponieren können, die mindestens so gut ist wie die große klassische Musik oder noch besser.

Ich denke also wirklich, daß wir uns an einer Wegscheide befinden. Und Sie, die Menschen hier in New York, haben dabei eine ganz besondere Verantwortung. Denn wie Lyn [LaRouche] schon gesagt hat: New York ist ein ganz besonderer Ort in den Vereinigten Staaten, von hier aus wurden die Vereinigten Staaten gegründet, es ist der Ort, von dem aus Alexander Hamilton wirkte. Auch heute noch sind die New Yorker weltoffener, weniger chauvinistisch, sie sind intelligenter, sie sind politischer. Und wenn man die Vereinigten Staaten wieder zu einer Republik machen will, einem Land, mit dem andere Länder verbündet sein wollen, statt in Angst und Schrecken zu erzittern, dann sind Sie es, die New Yorker, und Ihr leuchtendes Vorbild in den Vereinigten Staaten, die unser Land wieder auf Kurs bringen können.

Ich denke also, daß wie an diesen Wochenende des Memorial Day einen unerhörten Moment haben. Wenn wir der Menschen gedenken, die in den Kriegen der Vergangenheit umgekommen sind, dann müssen wir uns feierlich dazu verpflichten, daß Krieg niemals wieder ein Mittel der Konfliktlösung sein darf. Wenn wir die Menschen auf der Grundlage dieser Idee mobilisieren - und der Idee, daß die Menschheit an dem Punkt steht, wo sie sich entweder selbst vernichten wird oder sie einen evolutionären Sprung macht, wobei wir alle durch die globale Entwicklungspartnerschaft definiert sind, an der wir mitwirken können - und durch die Verantwortung für die zukünftigen Generationen, denen wir eine Brücke zu einer besseren Zeit bauen müssen -, dann, denke ich, können wir es schaffen.