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Neue Solidarität
Nr. 32, 10. August 2017

Neue US-Sanktionen erzürnen Rußland, Iran und Europa

Wirtschaftskrieg. Die vom US-Kongreß beschlossenen Sanktionen gegen Rußland, den Iran und Nordkorea treffen auch Europa und lösen dort heftigen Widerspruch aus.

Ende Juli beschloß der US-Kongreß fast einstimmig (419:3 im Abgeordnetenhaus und 98:2 im Senat) das Gesetz über Sanktionen gegen Iran, Rußland und Nordkorea. Die Absicht ist eindeutig, die USA wieder in eine direkte Konfrontation gegen Rußland zu positionieren und die außenpolitischen Befugnisse des Präsidenten, die ihm laut Verfassung zustehen, massiv zu beschränken.

Es war zwar bekannt, daß eine überwältigende Mehrheit im Kongreß die Sanktionen gegen den Iran befürwortet, aber der hinzugefügte Abschnitt zu Rußland zeigt, daß fast der ganze Kongreß auch das Märchen vom „Russiagate” mitträgt, d.h. den Vorwurf, Rußland habe die US-Präsidentschaftswahl manipuliert, damit Donald Trump gewinnt. Dabei hatte nur Tage zuvor eine Gruppe ehemaliger hochrangiger Geheimdienstexperten diese Behauptung widerlegt (wir berichteten).

Das Gesetz zitiert aus dem „Geheimdienst-Gutachten” vom 6. Januar 2017, das von einer handverlesenen Gruppe von Analysten aus nur drei der 17 US-Geheimdienste verfaßt wurde: „Der russische Präsident Wladimir Putin ordnete 2016 eine Einflußkampagne gegen die amerikanische Präsidentschaftswahl an“, und Moskau werde diese „von Putin angeordnete Kampagne” fortsetzen, um „weltweit“ Wahlen zu beeinflussen.

Weiter schreibt es vor, daß der Präsident vom Kongreß beschlossene Sanktionen gegen Personen oder Staaten nur aufheben kann, wenn beide Kammern des Kongresses zustimmen. Zudem muß der Präsident Sanktionen gegen jeden verhängen, der in der Cybersicherheit für Rußland agiert.

Die amerikanische LaRouche-Bewegung LPAC betont, daß die Kongreßabgeordneten sich mit diesem Gesetz offen mit dem Vorstoß des „Staats im Staate” (Wall-Street-Finanzinteressen, Geheimdienste und Massenmedien) verbünden, in Washington die Demokratie abzuschaffen und einen Putsch gegen den gewählten Präsidenten zu organisieren.

Was die Europäer zu Recht in Wut treibt, ist der Abschnitt über „ukrainische Energiesicherheit“, eine unverschämte Einmischung des US-Kongresses in die Angelegenheiten Europas. Es heißt dort, es sei US-Politik, „sich weiter gegen die Pipeline Nord Stream 2 zu stellen, angesichts ihres schädlichen Einflusses auf die Energiesicherheit der Europäischen Union, die Entwicklung des Gasmarkts in Mittel- und Osteuropa und Energiereformen in der Ukraine; und daß die Regierung der Vereinigten Staaten dem Export von US-Energieressourcen Vorrang geben sollte, um amerikanische Arbeitsplätze zu schaffen, den Verbündeten und Partnern der USA zu helfen und die Außenpolitik der USA zu stärken.“

Zudem sind die Sanktionen gegen Nordkorea ein Versuch, Trumps gutes Verhältnis zu seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping zu sabotieren. Sie richten sich gegen Personen und Unternehmen in Drittländern, vor allem in China und Rußland, die mit Pjöngjang wirtschaftlichen Austausch haben. Der Präsident muß Sanktionen gegen Besitz von Ausländern erlassen, die nordkoreanische „Zwangsarbeiter“ beschäftigen – gemeint sind angeworbene Arbeitskräfte aus Nordkorea hauptsächlich in China und Rußland.

Zusammengefaßt muß man angesichts dieses Gesetzes fragen, ob im amerikanischen Kongreß der kollektive Wahnsinn ausgebrochen ist. Die einzige kleine Entschuldigung ist, daß die meisten Senatoren und Abgeordneten das Gesetz selbst gar nicht gelesen haben.

Führende europäische Vertreter sperren sich

Die Sanktionen gegen Unternehmen, die an Infrastruktur für russische Energieexporte wie die geplante Pipeline Nord Stream 2 beteiligt sind, würden in der Form der gesamten europäischen Wirtschaft schaden und einem Wirtschafts- und Handelskrieg Vorschub leisten. Es gibt daher Proteste über das ganze politische Spektrum hinweg, vor allem in Deutschland und Österreich, die die Pipelineprojekte zur Sicherung ihrer Energieversorgung brauchen.

Der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker sagte, die Kommission werde auf die Sanktionen scharf reagieren. Eine Option ist Medienberichten zufolge, sich darauf zu berufen, daß Entscheidungen nach extraterritorialem US-Recht in der EU nicht umsetzbar sind, eine andere wären Gegenmaßnahmen gemäß den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO).

Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries verurteilte die US-Maßnahmen als „völkerrechtswidrig“ und rief die Europäische Kommission zu Gegenmaßnahmen auf. Außenminister Sigmar Gabriel nannte die Sanktionen inakzeptabel und warnte, Europa werde angemessen dagegen reagieren. In der Wirtschaft ist die Opposition einhellig.

In Österreich faßte Kanzler Christian Kern die allgemeine Stimmung zusammen, indem er unterstrich, die Sanktionen seien „absolut inakzeptabel“ und „die Energieversorgung Europas ist die Sache Europas“.

Das französische Außenministerium verlautbarte schon vor der Washingtoner Abstimmung in einem Kommuniqué, die Maßnahmen seien offenbar „nach internationalem Recht illegal“, und warnte, man werde Schutzmaßnahmen ergreifen.

Die Präsidentin des Schiller-Instituts Helga Zepp-LaRouche äußerte sich noch offener; in einem Artikel vom 29. Juli (siehe Neue Solidarität 31/2017) schreibt sie, die Washingtoner Maßnahmen seien „der helle Wahnsinn“. Und weiter: „Krasser könnte die Anmaßung imperialer Dominanz nicht sein: Deutschland und die anderen europäischen Nationen sollen auf die Sicherung der eigenen Energiebedürfnisse verzichten, die angesichts der Lage im Nahen und Mittleren Osten und der unzureichenden verbliebenen Vorkommen in der Nordsee nur von Rußland kommen kann, und statt dessen verflüssigtes Erdgas aus den völlig überschuldeten Fracking-Kapazitäten der USA importieren, für deren Import Europa technisch überhaupt nicht vorbereitet ist, wobei das eigentliche Ziel ist, die vor der Implosion stehenden Wall-Street-Banken zu retten.“

Konfrontation auch gegen Iran

Das Sanktionsgesetz war, schon bevor die Teile gegen Rußland und Nordkorea hinzukamen, massiv gegen Irans Raketenprogramm und Aktivitäten in der Region gerichtet. Hatten frühere vergleichbare Gesetze noch speziell die Quds-Brigaden, die Sondereinsatzkräfte der Islamischen Revolutionsgarden im Ausland betroffen, so werden nun die Revolutionsgarden insgesamt als terroristische Organisation bezeichnet, gegen die einschneidende Sanktionen verhängt werden. Da die Garden seit der Amtszeit von Präsident Mahmud Ahmadinedschad (2005-13) mehr als die Hälfte der gesamten iranischen Wirtschaft übernommen haben, bedeutet das ein ernstes Hindernis für ausländische Investitionen in Irans Energiesektor und andere lebenswichtige Wirtschaftsbereiche.

Präsident Trump bestätigte zum „Überprüfungstermin“ Ende Juli nur zögernd, daß der Iran das Nuklearabkommen (das sog. 5+1-Abkommen) erfüllt, trotz fast einhelligen Drucks der Generäle Mattis, McMaster, Kelly, Außenminister Tillerson und Berater Jared Kushner. Trump gab auch seinen Mitarbeitern zu verstehen, daß er vor dem nächsten Termin in 90 Tagen viel mehr „Beweise“ dafür sehen möchte, daß der Iran seine Verpflichtungen erfüllt.

Kürzlich gab es im Persischen Golf mehrere Zwischenfälle, wo sich iranische und US-Marinekräfte gefährlich nahe kamen, was die Anfälligkeit und Komplexität der Lage in ganz Südwestasien unterstreicht.

Rußland antwortet auf die Provokation

Rußland reagierte umgehend auf das skandalöse neue US-Sanktionsgesetz. Präsident Wladimir Putin sagte dem Fernsehsender Vesti, die USA müßten ihr diplomatisches und technisches Personal bis Anfang September um 775 reduzieren, und zwei diplomatische Anwesen würden beschlagnahmt, zudem erwäge Moskau zusätzliche Maßnahmen gegen Washington als Antwort auf die vom US-Kongreß beschlossenen neuen Sanktionen. Dies entspricht den Sanktionen, die US-Präsident Obama im vergangenen Dezember gegen Rußland wegen dessen angeblicher Einmischung in den US-Wahlkampf erlassen hatte.

Derzeit haben die Botschaft und die Konsulate der USA in Rußland etwa 1200 Diplomaten und Angestellte, die meisten davon russische Staatsbürger. Mit der Verkleinerung wird der Umfang des gegenseitigen diplomatischen Personals in beiden Ländern etwa gleich groß. Moskau erwägt Regierungsbeamten zufolge auch weitere Gegenmaßnahmen.

Putin betonte erneut, die russische Seite hoffe noch immer auf eine grundlegende Verbesserung der Beziehungen zu den USA unter der neuen Regierung. Dies sei aber angesichts der Opposition führender Kreise gegen Trumps Politik zum gegenwärtigen Zeitpunkt unwahrscheinlich. Trotzdem rechne er mit besserer Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus, für eine Lösung in Syrien, gegen Cyberattacken und in der Weltraumforschung.

eir