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Aus der Neuen Solidarität Nr. 51/2008

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Keplers eigentliche Entdeckung: Mathematik ist keine Wissenschaft

Von Lyndon LaRouche
- zweiter Teil -

Der folgende Aufsatz von Lyndon LaRouche wurde im englischen Original am 5. November 2008 veröffentlicht.

1. Keplers Krieg gegen Venedig

Der wesentliche Schlüssel zu seiner ureigensten Entdeckung des Naturprinzips der Gravitation, das der Ordnung des Sonnensystems als ganzem zugrunde liegt, war Keplers Einsicht in die fundamentale Ironie der widersprüchlichen Ergebnisse, die man erhält, wenn man den Aufbau des Sonnensystems erst ausgehend von einer quasi Euklidischen Idee des Sehens untersucht und dann dieselben Bewegungen im Sonnensystem in Hinsicht auf eine harmonisch angeordnete Komposition (also des Hörens) studiert.8

Die systemischen Mißverhältnisse zwischen den beiden wichtigsten Methoden menschlicher Sinneswahrnehmung, Sehen und Hören, führten Kepler zu der Entdeckung des Prinzips, auf dem jede kompetente Ausbildung in der Naturwissenschaft und auch in den klassischen Künsten beruht: Die Erkenntnis, daß die rein mathematischen Abbildungen, die uns die Sinneswahrnehmungen liefern, im besten Falle Schattenrisse der wahren Naturgesetze sind, weil diese ontologisch außerhalb des Bereichs liegen, der sich mit den Formeln bloßer Mathematik erfassen läßt.

Keplers Entdeckung der allgemeinen Gravitation (innerhalb unseres Sonnensystems) ist für die heutige Wissenschaft von allerhöchster Bedeutung, wenn man sie auf die Erkenntnis unserer Fähigkeit bezieht, die Organisation der nichtorganischen und der lebenden Prozesse innerhalb der derzeit bekannten Grenzen unseres Sonnensystems zu verstehen. Ein Beispiel sind die nicht-digitalen Grundlagen menschlichen Hörens, so wie diese Erfahrung mit der von Johann Sebastian Bach entdeckten Funktion des Kontrapunktes verbunden ist.9

Keplers Entdeckung des Naturgesetzes der Gravitation im Sonnensystem beweist, daß die Annahme, das Universum könne nach den Vorstellungen einfacher Sinneserfahrung aufgebaut sein, immer grundsätzlich absurd ist. Kepler hat dies in der grundlegendsten und schlüssigsten Weise bewiesen. Seit dieser Entdeckung Keplers beruht jede kompetente Annäherung an Fragen universeller Naturprinzipien darauf, das Vernunftprinzip, dem das Universum ontologisch unterworfen ist, nicht in unseren Sinnen, sondern im menschlichen Geist anzusiedeln; ein Beispiel ist [die Taubblinde] Helen Keller. Das macht das Genie bei Albert Einstein und Max Planck aus, wenn beide die Schwindel der Anhänger des üblen Ernst Mach und des noch übleren Bertrand Russell ablehnen.

Der wesentliche Punkt, der verstanden werden muß, wenn man den einzigartigen und wunderbaren Geniestreich Keplers in dieser Entdeckung erkennen will, liegt in der Tatsache, daß er (in der Tradition von Cusanus, Leonardo da Vinci und auch Brunelleschi) zum ersten Mal in der neuzeitlichen Wissenschaft ganz direkt den Aberglauben herausforderte, nur zu glauben, was man mit den Sinnen selbst wahrgenommen hat; dieser Aberglaube war bis dahin seit dem Betrug mit der Grundmethode von Euklids Elementen ein ganz wesentliches Hindernis für die Entwicklung der europäischen Wissenschaftsmethode gewesen. Euklids Betrug ist der gleiche wie bei der Vorstellung angeblich „selbstevidenter“ Annahmen über die Fähigkeiten menschlicher Sinneswahrnehmung, die heute in den Klassenzimmern und Hörsälen der Gymnasial- und Hochschulbildung vorherrscht, insbesondere beim britischen neo-ockhamschen Empirismus. Der entscheidende Punkt ist, wie Albert Einstein später betonte, daß Kepler dies in einer wahrlich universellen Weise herausforderte.

Keplers Aufmerksamkeit galt dem paradoxen Mangel an systemischer Übereinstimmung zwischen zwei sensorischen Aspekten der beobachteten Fakten, die die Astronomie vor ihm ausbreitete: Sehen und Hören.10 Man kann mit recht sagen, daß diese beiden Sinne, wie alle menschlichen Sinneswahrnehmungen, uns nicht die Wahrheit direkt vermitteln; vielmehr liefern sie uns, wie alle guten wissenschaftlichen Instrumente, Anhaltspunkte für das Vorhandensein ontologischer Paradoxa, die wir immer aufspüren sollten, damit der Geist sie dann mit geeigneten experimentellen Methoden lösen kann.

Infolge dieser Keplerschen Entdeckung änderte sich die Vorstellung von der Wirklichkeit in der neuzeitlichen europäischen Wissenschaft wieder, man fand von der fälschlichen angenommenen „selbstevidenten“ Realität reiner Sinneswahrnehmung zurück zu dem höheren Bereich der universellen Naturgesetze, dem Bereich der tatsächlich wirksamen Realität.

Keplers erstes Problem in seiner Rolle in der Tradition des Gründers der neuzeitlichen europäischen Naturwissenschaft, Nikolaus von Kues, und des Werks von Kues’ bedeutsamem Nachfolger, Leonardo da Vinci, war die Notwendigkeit einer kritischen Beschäftigung mit den vorhandenen Annahmen über die Funktion jener reinen Instrumente der Sinneswahrnehmung, die wir in einfachen Begriffen ausgedrückt als Hören und Sehen kennen. Leonardo da Vinci hatte das Verständnis des Sehens revolutioniert; Kepler war somit ein Vorläufer des großen Max Planck hinsichtlich der angedeuteten Entwicklung der Bedeutung der Funktion des Hörens (d.h. die Harmonik der klassischen dynamischen Methode der physikalischen Raumzeit, einschließlich der subatomaren Raumzeit, anstatt des linearen „Sehens“).11

Der Beweis, daß weder Sehen noch Hören uns das wirkliche Universum darstellen, treibt uns an, unsere Vorstellung von der Wirklichkeit auf eine höhere Sphäre zu heben, wo der individuelle menschliche Verstand nicht Sinneseindrücke an sich, sondern universelle Naturgesetze als Ort der Realität erkennt, in der sich das menschliche Individuum, seine Gesellschaft und die Wirkungen seines Handels tatsächlich befinden.

Wissenschaft und Religionskrieg

Wenngleich ich dies schon in früheren Veröffentlichungen behandelt habe, ist folgendes zu sagen.

Der Erfolg des modernen souveränen Nationalstaats ist zu einem hohen Grad der Initiative des Nikolaus von Kues vor, während und nach dem großen ökumenischen Konzil von Florenz zu verdanken.12 Dieser Erfolg des großen ökumenischen Konzils von Florenz löste eine Reaktion der bereits wiedererstarkten imperialen Macht Venedigs aus - jenes Venedig, welches bereits früher mit Hilfe der Lombardischen Liga das „neue finstere Zeitalter“ des 14. Jahrhunderts über Europa gebracht hatte. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts konnte dann das alte Übel des wucherischen Venedig viel von der ausbeuterischen, wucherischen, politischen Macht seiner Finanzelite wiedergewinnen. Es setzte seine politisch-strategische Macht ein, um durch gezielte Machenschaften gegen Ziele in Moskau, auf dem Balkan und in Konstantinopel die Einheit führender Kreise der westlichen und östlichen Christenheit aufzubrechen. Dies führte zum Ausbruch einer langen Periode von Religionskriegen in ganz Europa, von der Vertreibung der Juden aus Spanien 1492 bis zum Westfälischen Frieden 1648.

Das Motiv der philosophischen Reduktionisten, den Menschen den Zugang zur Realität von Ursache und Wirkung jenseits des Bereichs reiner Sinneswahrnehmung systematisch zu verschließen, war die Absicht der Herrschenden in der Gesellschaft, ihre Untertanen praktisch zu versklaven, indem sie ihnen den Zugang zu gesichertem Wissen über die Schöpferkraft des individuellen menschlichen Geistes, der den Menschen über alle anderen Gattungen erhebt, verwehren. Das Verbot des wissentlichen Gebrauchs des „Feuers“, wie in Aischylos’ Der gefesselte Prometheus durch den olympischen Zeus, degradiert den sterblichen Menschen praktisch zu Vieh im Besitz der Herrscher des Reiches und ihresgleichen.

Zwei der großen venezianischen Schurken in der Seuche der Religionskriege des 16. und frühen 17. Jahrhunderts sind bis zum heutigen Tag von besonderer historischer Bedeutung: ein gewisser Francesco Zorzi, der zeitweilig Eheberater des englischen Königs Heinrich VIII. war, und später Paolo Sarpi. Die strategischen Streiche dieses Paares gegen die Zivilisation der Neuzeit sind von entscheidender Bedeutung, um zu verstehen, wo die Probleme, die heute die weltweit verbreitete, europäische Zivilisation plagen, herstammen. Es sind die Probleme, die durch die Versklavung der Menschheit entstehen, wenn der Olympier Zeus den einfachen Menschen das nützliche Wissen über das „Feuer“ vorenthält.

Der erste dieser relevanten Fälle von Möchtegern-Olympiern an ideologischer Unterdrückung in der modernen europäischen Gesellschaft ist Francesco Zorzi (alias Giorgi), der venezianische Superspion und erbitterte Feind des Werks des Begründers der modernen Naturwissenschaft, Nikolaus von Kues. Zorzi war entscheidend daran beteiligt, die allgemeinen Religionskriege zwischen Protestanten und Katholiken auszulösen - ein Ziel, das er mit Hilfe von venezianischen Agenten wie Kardinal Pole und Thomas Cromwell erreichte. Zu diesen Machenschaften gehörte der Fall Anne Boleyn, den Zorzi in seiner Rolle als Eheberater Heinrichs VIII. benutzte, um Europa in einen protestantischen Norden und einen katholischen Süden zu spalten. Dieses Umschwenken Englands war entscheidend für die Fortsetzung und Ausbreitung der Religionskriege, die erst endeten, als Kardinal Mazarin entscheidend in die Entwicklungen intervenierte, die als der Westfälische Friede von 1648 bekannt geworden sind.

Der zweite Fall, der größere und unmittelbarere Bedeutung für die modernen wissenschaftlichen und strategischen Kontroversen hat als Zorzi, ist der des Paolo Sarpi, des wahren Vaters des britischen Imperialismus und der Übel, die dieser bis zum heutigen Tag in der ganzen Welt verbreitet.

Diese abscheulichen Kreaturen, Zorzi und Sarpi, trugen beide entscheidend dazu bei, daß sich in der europäischen Wissenschaft und Moral die Korruption entwickelte, als man britischen Imperialismus und Empirismus nennt. In diesem Zusammenhang ist Zorzi für seinen Angriff auf Nikolaus von Kues’ De Docta Ingnorantia (1440) in seiner De Harmonia Mundi (1525) berüchtigt. Kepler hat dann in seiner Weltharmonik Zorzis Angriff für die Naturwissenschaft schlüssig zurückgewiesen. Der darauf erfolgte neuerliche Angriff durch Sarpis Version des Irrationalismus ist für die Geschichte seit dem späten 16. Jahrhundert von höchster Bedeutung.

Der Schlüssel zum Verständnis der realen strategischen Bedeutung des Unterschieds zwischen den modernen Aristotelikern und Sarpi liegt darin, daß Sarpis Anhänger revolutionäre Fortschritte in den gesellschaftlichen Verhältnissen und Arbeitsproduktivkräften auslösten, als sie versuchten, einige der strategischen Vorteile des technischen Fortschritts einzuholen, der in Florenz die unmittelbare Folge der wissenschaftlichen Revolution durch die Arbeit Brunelleschis und mehr noch des Nikolaus von Kues war. Die entscheidende strategische Frage ist hierbei die wissenschaftlich-technische Überlegenheit einer wissenschaftlich verankerten Kultur sowohl gegenüber der Sterilität einer aristotelischen Tradition als auch gegenüber dem Surrogat für den Aristotelismus, dem mystischen Reduktionismus der empiristischen, positivistischen und existentialistischen Nachfolger Sarpis: dem modernen philosophischen Liberalismus.

Die Große Lüge des Liberalismus

Bis Sarpi mit seiner Fraktion im Gefolge des Konzils von Trient erstarkte, lag also die wichtigste strategische Schwäche der von Venedig gesteuerten Feldzüge gegen den Nationalstaat im lähmenden Einfluß des aristotelischen Denkens, das sich aus den a-priori-Annahmen der Euklidischen Geometrie ableitete, auf die venezianische Sache. Die aristotelische Beweisführung war das entscheidende Hindernis für wissenschaftlich-technischen Fortschritt und somit für die strategischen Kapazitäten der sogenannten katholischen Fraktion.

Sarpis entscheidende strategische Innovation bestand darin, das der aristotelischen Lehre innewohnende, selbstverschuldete Problem der Stagnation zu umgehen - wenn auch nur zu einem bestimmten Grad. Sarpi überwand die relative Schwäche teilweise durch einen Schwindel, seine Wiederbelebung der Lehren des mittelalterlichen Irrationalisten Wilhelm von Ockham (Lateinisch: Occam).

Indem Sarpi den Ockhamschen Irrationalismus aufgriff, gewann seine venezianische Fraktion Handlungsspielraum für die strategisch bedeutsame, mechanistische Anwendung technischen Fortschritts, aber zugleich sollte Ockhams Obskurantismus-Prinzip verhindern, daß sich Wissen über die eigentlichen Naturgesetze verbreitete. Der systematisierte Irrationalismus, der Sarpis Auslegung von Ockham durchdringt, wurde als Empirismus oder als moderner anglo-holländischer Liberalismus bekannt. Sarpi hat also das Verbot der Kreativität, wie es Aischylos für den Olympischen Zeus beschreibt, praktisch gebeugt, ohne das eigentliche Grundprinzip des antiken und modernen euro-asiatischen oligarchischen Systems zu verletzen.

Die Unterdrückung der Fakten über Keplers tatsächlich einzigartige Entdeckung des Naturgesetzes der Gravitation durch die anglo-holländischen liberalen Empiristen steht beispielhaft für die betrügerischen Methoden, mit denen Sarpis Nachfolger das Wissen über die Entdeckungen tatsächlicher Naturgesetze unterdrückten. Später, ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, setzten die Liberalen auf noch radikaler irrationale Formen des Empirismus, wofür die Anhänge des Positivisten Ernst Mach und dann Bertrand Russells typisch sind. Die Behauptung, Isaac Newton habe die Gravitation entdeckt, ist eine Folge solcher rein willkürlicher, heidnisch-pseudoreligiöser Schwindel der Empiristen, die bis zum heutigen Tag an vielen naturwissenschaftlichen Fakultäten der Hochschulen herrschen.

Allgemeiner war die Folge dieser empiristischen Schwindel, die Sarpis Nachfolger in den modernen Lehrplänen verbreitet haben, daß mathematische Formeln an die Stelle der eigentlichen Entdeckungen von Naturgesetzen traten - der Schatten (die Formel) anstelle der Substanz (die entscheidende experimentelle Erfahrung). Im Falle von Keplers allgemeiner Gravitation im Sonnensystem etwa drückt sich das Vorhandensein der Gravitationswirkung in Begriffen des Infinitesimalen aus, das seinem Wesen nach nicht mathematisch, sondern ontologisch zu definieren ist.

Einsteins Wahrheit

Im 20. Jahrhundert war es Albert Einstein, der die wichtigsten Argumente für Keplers Einzigartigkeit bei der bahnbrechenden Entdeckung der solaren Gravitation lieferte - gegen den heidnischen Fanatismus reduktionistischer Kulte in der Tradition Sarpis. Ich wiederhole den Gedankengang, den ich bereits in früheren Schriften erläutert habe.

Die Wissenschaft der Navigation nach den Sternen (d.h. Sphärik) der großen Seefahrerkulturen, die das Mittelmeergebiet seit dessen Ausbildung um 17.000 v.Chr. nach der Eiszeit kolonisierten, wurde durch die Einführung einer großen Schwierigkeit intellektuell geschwächt. Die frühere Methode der Entdeckung großer Naturgesetze, welche die Dynamik der Sternenkarte „einfassen“, wurde aufgegeben, indem man eine Landkarte von „Landratten“ durchsetzte - buchstäblich die Karte einer „Erde als Scheibe“ anstelle der Sternenkarte führender antiker Seefahrerkulturen. Typisch für diesen Absturz der Wissenschaft unter das Niveau der Sphärik der von Seefahrt angetriebenen höheren Kulturen ist, daß die Sophisten die in die Euklidische Geometrie übernommenen Apriori-Annahmen, Axiome und Postulate durchsetzten. Man faßte das Universum nicht mehr als eines auf, das durch große universelle Naturgesetze umschlossen ist, und viel von dem, was von den Geometriebegriffen der großen Seefahrer-Wissenschaft überlebt hatte, wurde den simplen Sinneswahrnehmungen der vor Ort herrschenden brutalen Landratte oder dem neuzeitlichen britischen Großgrundbesitzer untergeordnet.

Kalender, die aus der Antike bekannt sind, enthalten Hinweise auf die Begrenzung des sichtbaren Universums durch bekannte quasi kugelförmige Zyklen von teilweise sehr langen Perioden über Zehntausende von Jahren und sogar noch höheren Größenordnungen.

Die sophistischen Pseudo-Wissenschaftler forderten, daß man nicht vom Sternenhimmel aus zum jeweiligen Ort auf der Erde voranschreitet, sondern daß sich die Himmel der an den Erdenkot gebundenen Sichtweise unterordnen müßten, die in der Erde eine Scheibe und im Himmel nur eine Fortsetzung des unmittelbaren persönlichen Horizonts sieht. Daher rühren die unbrauchbaren Apriori-Annahmen bei der Euklidischen Geometrie und ähnlichem.

Ein nachdenklicher Beobachter kann aus diesen Überlegungen ein ganzes Panorama von Schlußfolgerungen ziehen. Vor allem belegen die antiken Kalender die Fähigkeit des menschlichen Geistes, große Naturgesetze von langen Zeiträumen abzuleiten, die das Sternensystem einfassen. Dies sagt uns etwas viel wichtigeres als die damit verwandten Erkenntnisse der modernen Astronomie. Es zeigt uns, daß der Geist des Menschen seit Hunderttausenden von Jahren in der Lage ist, große Naturgesetze, die in unserem Universum herrschen, quasi „wie von außen“ zu erkennen, was wir der Erkenntniskraft des einzelnen Mitglieds der menschlichen Gattung verdanken.

Mit andern Worten, die antiken, mittelalterlichen oder neuzeitlichen Anbeter der berüchtigten Apriori-„Gesetze“ der Euklidische Geometrie sind entweder Schwindler oder Opfer eines Verfalls der menschlichen Kultur im Verhältnis zu für uns heute extrem frühen Zeiten - wobei beides weitgehend auf das gleiche hinausläuft.

Dies bringt uns direkt zurück zu der von Albert Einstein anerkannten Autorität von Keplers einzigartiger Entdeckung des Naturgesetzes der universellen Gravitation hinter dem Aufbau unseres Sonnensystems. Dies zeigt uns direkt, daß es absurd ist, die Annahmen einer Euklidischen Geometrie als Grundlage eines empirischen Unterbaus der Naturwissenschaften zu verwenden.

Was hat der Einstein unserer Zeit über Keplers einzigartige Entdeckung in diesem Zusammenhang gesagt?

Einstein stellt bei seiner Argumentation heraus, daß das Infinitesimale der Leibnizschen Kalkulus kein mathematisches, sondern ein ontologisches Infinitesimal ist. Die Kleinheit des Infinitesimalen eines Keplerschen Raums, den man mit Leibniz’ Kalkulus betrachtet, ist so klein wie die Umkehrung des universellen Naturgesetzes, dessen Ausdruck es ist. Dementsprechend ist, wie Einstein fordert, das Universum als ganzes selbstbegrenzt durch die Kombination der universellen Naturgesetze, aus denen es sich zusammensetzt.

Die weitere Schlußfolgerung ist, daß das Universum in diesem Sinne endlich ist, wobei man aber nicht annehmen sollte, daß seine Evolution ontologisch endlich im allgemeineren Sinne der Reduktionisten ist. Wir dürfen annehmen, daß das Universum nicht-entropisch endlich ist, im Gegensatz zu einer einfachen, strengen Endlichkeit. Daher beschrieb Einstein, als er Kepler indirekt als Begründer der modernen Riemannschen Physik würdigte, das Universum als endlich, aber unbegrenzt.

Helen Kellers Wissenschaft

Dies bringt unsere Aufmerksamkeit zurück zu der ironischen Gegenüberstellung von Sehen und Harmonie in Keplers einmaliger, ureigenster Entdeckung des Prinzips der harmonischen Ordnung der universellen Gravitation mit der Sonne im Mittelpunkt - ein Sonnensystem, das auf diese Weise im Inneren und Äußeren begrenzt ist. Die Sinne des Sehens und der Harmonie werden eingesetzt, aber keiner kann das Phänomen der Gravitation ontologisch „umfassen“. Sehen und Hören sind reine „Instrumentenablesungen“, aber ontologisch nicht das, was sie messen.

Dies gilt für alle Erfahrungen unserer Sinneswahrnehmungen und erweitert für alle Meßinstrumente, die wir künstlich herstellen, um das Universum sowohl im extrem Großen als auch im mikrophysikalischen subatomar Kleinen zu erforschen.

Wirklich intelligente Menschen sind daher nur alle diejenigen, die ihren Sinnen nicht trauen. Wir kennen das Universum nicht aus unserer Sinneserfahrung an sich, sondern durch geeignete experimentelle Methoden, vergleichbar denen der antiken Seefahrer, welche die tatsächliche ontologische Wirksamkeit der nachweisbaren, meßbaren Zyklen des astronomischen Systems abgeleitet haben.

Um den wichtigsten Punkt zu wiederholen: Wir gelangen zu Erkenntnissen über das reale Universum durch die Rückschlüsse unseres Geistes aus Experimenten, die universelle Geltung haben - im gleichen allgemeinen Sinne, wie die antiken transozeanischen Seefahrer die Zyklen erkannten, die das Universum, in dem sie lebten, umschlossen.

Was wir auf diese Weise entdecken - was wir „universelle Prinzipien“ oder „Naturgesetze“ nennen -, wird zum Mittel unserer Macht, unser Universum schöpferisch zu beeinflussen, weil wir die universellen Gesetze kennen, die seine Existenz bestimmen. Unsere Existenzfähigkeit als menschliche Gattung, die vom Wesen her anders ist als alle Formen bloß tierischen Lebens, liegt offensichtlich in unserer willentlichen Aneignung von Wissen über die Gesetze, die universell sind, in dem Sinne (wie die von Kepler entdeckte universelle Gravitation), daß sie dem Wissenden die Macht geben, das Verhalten des Universums, in dem wir leben, zu verändern.

So haben die entsprechenden Forschergruppen der LaRouche -Jugendbewegung grundlegende Naturgesetze entdeckt, die ich früher schon, gegen viele irrige Wissenschaftler verteidigt habe - sowohl bei den Sitzungen der Fusion Energie Foundation als auch bei anderen Gelegenheiten, so wie hier zum wiederholten Male.

wird fortgesetzt


Anmerkungen

8. Bezeichnenderweise ist schon die Idee eines „Dreikörperproblems“ in einem Sonnensystem, wie es von Laplace und anderen gesehen wurde (ein Problem, das in Keplers Sonnensystem gar nicht vorkommt), ein vernichtender Beweis dafür, daß die Methode von Laplace, seinem Mitarbeiter Cauchy sowie Anhängern Cauchys wie Clausius und Grassmann in der Wärmetheorie von Grund auf inkompetent ist.

9. Das impliziert, daß sich das Konzept vom Sonnensystem als solchem soweit ausdehnen muß, daß die Beziehungen der zugrundeliegenden anorganischen, belebten und menschlich kognitiven Fähigkeiten in dem Sonnensystem (und darüber hinaus) mit eingeschlossen sind. Dies ist implizit die Ansicht eines Kepler-Riemann-Universums von Albert Einstein, und auch in den Werken von Max Planck, die antithetisch zu den Mach-Russellschen Perversionen einer schnabeltier-ähnlichen Vorstellung von „Quantenmechanik“ ist - der Fall des seltsamen Bastards Russell, genannt: „der Wissenschaftler der quakt“.

10. D.h. die Absurdität der Annahme, daß digitale Aufnahmen jemals wirkliche Musik wiedergeben könnten.

11. Eine bedeutende Darstellung der Arbeit Max Plancks und seine auffälligen Gegner in der Wissenschaft lieferte kürzlich Caroline Hartmann anläßlich des 150. Geburtstags von Planck („Von der Ehrlichkeit gegenüber der Natur“, Neue Solidarität Nr. 18 vom 30. April 2008). Die Betrügereien gegen Max Planck - zunächst durch die Anhänger von Ernst Mach während des Ersten Weltkriegs und dann durch die Kreise von Bertrand Russell - sind ein wichtiges Thema für jene, die meine Erörterung hier weiter verfolgen wollen. Die klassische Dynamik, wie sie Leibniz Ende des 17. Jahrhunderts in die neuzeitliche Wissenschaft einführte, bezieht sich zurück auf die Pythagoräer und Platon und nimmt Riemann, Max Planck und Einstein vorweg. In dieser Erörterung wird hier implizit auf die Absurdität eines Euklid, Claudius Ptolemäus, der modernen Empiristen und pathologischer Fälle wie die Anhänger Ernst Machs und Bertrand Russells bezug genommen.

12. Concordantia Catholica, De Docta Ignorantia, De Pace Fidei und andere.

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Keplers eigentliche Entdeckung: Mathematik ist nicht Wissenschaft - erster Teil
- Neue Solidarität 50/2008
Kreativität in Kunst und Wissenschaft
- Neue Solidarität 49/2008
Schriften von Lyndon H. LaRouche 1981-2006
- Internetseite des Schiller-Instituts
Was Lyndon LaRouche wirklich sagt
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)
Internetseite des LaRouche-Aktionskomitees
- in englischer Sprache

 

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