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Neue Solidarität
Nr. 26, 24. Juni 2009

LaRouche in Rom: Verteidigt die Souveränität des Nationalstaats!

Bei einer Anhörung des Finanzausschusses der italienischen Deputiertenkammer forderte Lyndon LaRouche anstelle der „Bankrettungspakete“ Maßnahmen zum Schutz der Nationalstaaten und erklärte: „Das ganze System ist bankrott, und wir sollten es nicht retten. Es ist bankrott, weil die Leute gezockt haben, und wenn ein Spielsüchtiger bankrott ist, gibt man ihm kein Geld, sondern schickt ihn zum Psychiater.“

Lyndon LaRouche und Helga Zepp-LaRouche waren am 17. und 18. Juni in Rom, um dort politische Gespräche zu führen und bei Anhörungen der Finanzausschüsse der Deputiertenkammer und des Senats aufzutreten. Die beiden Veranstaltungen erlaubten es LaRouche, Vertretern aller politischen Richtungen des Landes eine wichtige Botschaft zu übermitteln. Dabei wurden sie von der Führung des italienischen Movimento Solidarietà (MoviSol) - Liliana Gorini, Claudio Celani und Andrew Spannaus - begleitet.

Die Anhörung des Finanzausschusses der Deputiertenkammer am 17. Juni war besonders gut besucht und erfolgreich. LaRouche wurde vom Vorsitzenden des Ausschusses, Gianfranco Conte, als der Ökonom vorgestellt, „der die Finanzkrise vorhergesagt hat, während alle anderen irrten“; jeder der 13 anwesenden Abgeordneten beteiligte sich an der Diskussion mit LaRouche mit Fragen zur Natur der Krise und ihrer Lösung.

„Was ich Ihnen sagen will, ist nicht notwendigerweise etwas, worauf man sofort mit Gesetzen reagieren wird“, begann LaRouche, „aber ich denke, es ist höchst relevant für das, was Sie bedenken sollten, wenn Sie sich mit der Angelegenheit befassen.“ Wir befinden uns in einem Auflösungsprozeß des gesamten Finanz- und Währungssystems, erklärte LaRouche, und in dieser Hinsicht sei die Politik der US-Regierung „eine Katastrophe“. Es könne jederzeit zu einer Unregierbarkeitskrise ganzer Nationen kommen, so wie derzeit schon im US-Bundesstaat Kalifornien. Man müsse erkennen, daß Europa angesichts dieser Krise handlungsunfähig sei, denn das Euro-System hindere Europas Nationen daran, die notwendigen Maßnahmen zu treffen. Die Lösung sei ein Insolvenzverfahren für das gesamte Finanzsystem nach dem geltenden Konkursrecht etwa in den USA: Das ganze System müsse unter Gläubigerschutz gestellt werden, d.h., daß die Werte, die auf realen wirtschaftlichen Aktivitäten beruhen und für die Gesellschaft notwendig sind, wie Löhne und Gehälter, Renten etc., geschützt werden, und daß der Rest entweder eingefroren oder abgeschrieben wird.

Dabei stellten sich zwei Fragen: Erstens, ob wirklich der Wille dazu vorhanden sei, und zweitens, ob man eine Gruppe von Nationen zusammenbringen könne, die stark genug ist, diese Lösung durchzusetzen. Die Vereinigten Staaten, Rußland, China und Indien hätten, wenn sie sich zusammentun, die Macht dazu - aber derzeit gebe es dabei politische Schwierigkeiten.

„Das Problem ist, daß wir in Amerika einen verrückten Präsidenten haben, der die hochspekulativen Papiere mit Staatsgeldern rettet und gleichzeitig eine Gesundheitsreform plant, die auf etwas ähnliches wie Hitlers Euthanasieprogramm hinausläuft“, so LaRouche. Er sei sich darüber im klaren, daß die europäischen Medien Obamas Gesundheitsreform nicht richtig darstellen. Deshalb beschrieb er dann diese Reform im Detail.

Dies überraschte die Abgeordneten, die dazu nachfragten: „Uns wurde gesagt, daß Obama die medizinische Versorgung auf alle Amerikaner ausweiten will, nicht, daß er sie beschneiden will.“ LaRouche antwortete, Obama nehme vielleicht zahlenmäßig mehr Amerikaner in die Versicherung auf, aber die medizinische Versorgung für die Versicherten werde reduziert!

Diskussion

Die Fragen der 13 Abgeordneten reichten vom Euro-System bis zur Dollar-Krise über die als Lösung für die Krise vorgeschlagene „grüne Ökonomie“ bis hin zu der Frage: „Warum wurde zugelassen, daß Lehman Brothers unterging?“ Ein bekannter Oppositionspolitiker dankte LaRouche dafür, daß er Obamas Politik offen als „Katastrophe“ bezeichnete, und bat, er möge dies auch dem italienischen Ministerpräsidenten erklären, der Optimismus predige. Ein Mitglied der Regierungskoalition unterstützte LaRouches Kritik am „System der letzten Jahrzehnte“, er persönlich sei für eine protektionistische Politik. Dann fragte er, was für Alternativen es zum Auslagern der Industrie ins Ausland gebe. Ein weiterer Abgeordneter sprach die Frage der „Asymmetrie“ zwischen dem globalen Finanzsystem und den nationalen Regierungen an und fragte, welche Regeln man einführen solle. Ein Abgeordneter erklärte, er sei „sehr beeindruckt“ von der „Sicherheit“, mit der LaRouche „einen Kataklysmus“ vorhergesagt habe, und stimmte zu, daß die Lösung in einem Bündnis der Vereinigten Staaten mit den BRIC-Ländern (Brasilien, Rußland, Indien und China) liege.

Nach der ersten Fragerunde antwortete LaRouche, indem er auf grundsätzliche Themen hinter mehreren Fragen einging und erklärte, wie er seine Prognosen erstelle. Es gebe einen Unterschied zwischen kurzfristigen Vorhersagen auf der Grundlage von Statistiken und seinen langfristigen Prognosen. Er führte als konkretes Beispiel seine erste Prognose einer Rezession in den Vereinigten Staaten 1957 an, die auf seiner Kenntnis beruhte, wie eine Finanzblase im Automobilmarkt aufgebaut wurde. Seine Prognose, erklärte er, beruhte auf den Konsequenzen der Politik, die betrieben wurde, aber auch der Unterlassung der Maßnahmen, die man hätte treffen müssen. Das Problem sei, daß die Vereinigten Staaten nach der Rezession von 1957 niemals die notwendigen Maßnahmen beschlossen. „Deshalb konnte ich die Krise von 1971 mit dem Zusammenbruch des Bretton-Woods-Abkommens vorhersagen.“ Alle seine Prognosen hätten auf diesem Ansatz beruht.

Nun beruhe seine Vorhersage wieder auf den Konsequenzen der falschen Politik, für die man sich entschieden habe. So bestehe zum Beispiel Obamas Gesundheitspolitik darin, eine Billion Dollar zu kürzen und nach dem britischen Vorbild Entscheidungen über die Behandlung von Patienten von den Ärzten auf ein Komitee von Politikern und Finanzleuten zu verlagern. Diese Politik beruhe darauf, die Lebenserwartung der Kranken zu reduzieren. „Wir gehen den gleichen Weg, den Hitler am 1. September 1939 einschlug.“

Das andere sei, daß man die auf Geld beruhenden Statistiken vergessen sollte. Es gebe jetzt einen deflationären Prozeß in der Realwirtschaft und einen hyperinflationären Prozeß in der Finanzwirtschaft, aufgrund der Entscheidung der amerikanischen und europäischen Regierungen, die bankrotten Finanzinstitute zu retten. „Das ganze System ist bankrott, und wir sollten es nicht retten. Es ist bankrott, weil die Leute gezockt haben, und wenn ein Spielsüchtiger bankrott ist, gibt man ihm kein Geld, sondern schickt ihn zum Psychiater.“

Normalerweise würde man das System einem Konkursverfahren unterziehen, um die Industrie und die Wirtschaft zu erhalten; aber man habe das Gegenteil getan, „und wir gehen immer noch in die falsche Richtung.“ Man müsse das gegenwärtige internationale monetäre System durch ein Kreditsystem ersetzen, ähnlich wie Roosevelt 1933 vorging. Roosevelts ursprüngliches Konzept der Vereinten Nationen sei ein vom Kolonialismus befreites System souveräner Nationalstaaten gewesen, die sich dank der Kredite, die in einem System fester Wechselkurse ausgegeben würden, entwickeln können. Das sei jedoch nicht geschehen, weil man nach Roosevelts Tod ein quasi-imperiales, von der anglo-amerikanischen Allianz beherrschtes System geschaffen habe, statt die kulturellen Unterschiede zwischen den Völkern durch absolute nationale Souveränität anzuerkennen.

Aber da das jetzige System auf der Stärke der US-Wirtschaft und des US-Dollars beruhe, würde ein Kollaps des Dollars eine globale Kettenreaktion auslösen. LaRouche warnte, einige Leute in London, die den wichtigsten Assistenten des russischen Präsidenten auf ihrer Seite hätten, wollten einen solchen Kollaps. Leider habe Präsident Medwedjew sich derzeit der Idee angeschlossen, den Dollar zu ruinieren, selbst gegen den Rat so erfahrener Leute wie Ex-Regierungschef Primakow.

Kein neuer Turm zu Babel

LaRouche betonte dann nochmals die Bedeutung der nationalen Souveränität, eine Schlüsselfrage für Europäer, die oft an das supranationale System der EU glauben. Statt dieses System zu reparieren oder zu reformieren, müsse man „entscheiden, welche Werte wir für das neue System verwenden wollen. Wir wollen ein System haben, in dem jede Kultur ihre eigene Souveränität hat. Wir wollen keinen neuen Turm zu Babel, den manche Leute als Globalisierung bezeichnen.“ Man brauche „völlig souveräne Nationalstaaten als Organisationseinheit der Gesellschaft, damit die Kultur vollkommen zum Ausdruck kommen kann und alle Menschen auf ein höheres Kulturniveau gebracht werden können.“

Ein besonders großer Schaden für Europa in der Nachkriegswelt war der Niedergang der klassischen Kultur, sagte LaRouche. Ohne klassische Kultur könne es auch keinen Fortschritt in der Naturwissenschaft geben, denn sie sei die Inspirationsquelle für die Kreativität in der Wissenschaft. (An diesem Punkt konnte man ein Mitglied des Ausschusses sagen hören: „Vollkommen!“) Man müsse diese Kultur durch die Institution des Nationalstaates schützen und den Westfälischen Frieden von 1648 vollkommen umsetzen. „Wir hatten schon einmal ein Europa ohne Nationalstaaten - das war das Mittelalter!“

LaRouches Schlußbemerkung wurde mit großem Applaus aufgenommen, und viele Abgeordnete kamen anschließend zu ihm, um ihm zu gratulieren und sich zu bedanken. Eine Mitarbeiterin eines Abgeordneten sagte gegenüber EIR, nach ihren Begriffen sei das Treffen ein großer Erfolg gewesen, sowohl in Bezug auf die Zahl der Teilnehmer, als auch inhaltlich. „Man findet kaum einen Politiker, der sich so offen äußert und nicht die üblichen politischen Komödien spielt“, sagte sie.

Herr und Frau LaRouche und die MoviSol-Vertreter hatten am 18. Juni ein weiteres wichtiges Treffen mit dem Vorsitzenden des Finanzausschusses im Senat, Sen. Mario Baldassarri. Dieses Treffen hatte die Form eines Gesprächs zwischen LaRouche, Baldassarri und dessen Mitarbeitern und wurde mitgeschnitten, damit es auf der Internetseite des Ausschusses veröffentlicht und den Medien zur Verfügung gestellt werden kann.

Das Gespräch konzentrierte sich insbesondere darauf, wie man „die Finanzoligarchie durch die Macht der Regierungen ersetzen kann“, wie es Sen. Baldassarri zusammenfaßte, und warum die Oligarchie so „dumm“ sei, nicht zu erkennen, daß ihre Politik zum allgemeinen Ruin - einschließlich ihres eigenen Ruins - führen muß. LaRouche schilderte daraufhin den Gegensatz zwischen dieser Dummheit als „Gattungsmerkmal“ und der Rolle der Kultur als treibender Kraft einer politischen Wende. Auch hier wurde über den Unterschied zwischen einem „monetären System“ und dem notwendigen „Kreditsystem“ diskutiert, sowie darüber, wie man die Vereinigten Staaten dazu bewegen könne, ein Vier-Mächte-Abkommen zur Schaffung eines solchen Kreditsystems auf der Grundlage langfristiger Vertragsregelungen zu initiieren.

Herr und Frau LaRouche trafen auch eine Gruppe von Senatoren unter der Führung von Senator Oskar Peterlini - der 2005 und im vergangenen Februar Debatten über ein Neues Bretton Woods im italienischen Senat veranlaßt hatte -, um neue Initiativen abzusprechen.

Claudio Celani

Lesen Sie hierzu bitte auch:
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