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Neue Solidarität
Nr. 29, 15. Juli 2009

Für ein souveränes Produktivkreditsystem!

Der Mittelstand ist empört, weil die Banken das Geld aus den Bankrettungspaketen nicht an die Wirtschaft weitergeben, und einige Politiker drohen den Banken bereits mit Zwangsmaßnahmen.  Dabei bräuchte die Politik gar nicht auf die Banken warten.

Der angestaute Unmut in der Realwirtschaft über die Kreditblockade seitens der Banken kocht jetzt hoch. „Der Mittelstand steckt in einer Kreditklemme und erwartet deshalb von der Bundesregierung ein klares steuerpolitisches Signal“, sagte am vergangenen Mittwoch Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW), und forderte weiterhin, daß die Regierung „notfalls mit gesetzlichem Nachdruck“ die Banken endlich dazu bringe, den Mittelstand wieder mit Krediten zu versorgen.

Noch schärfer im Ton war Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), als er, ebenfalls am Mittwoch, in einem Interview mit der Berliner Zeitung sagte: „Im Grunde haben die Maschinenbauer und die gesamte Realwirtschaft das extrem leichtsinnige Verhalten der Banken der vergangenen Jahre auszubaden. Es ist ein Unding, daß von den Hunderten Milliarden Euro, die die Banken billigst bei der EZB  abgerufen haben, nichts oder nur kaum etwas in der Realwirtschaft auftaucht. Die Banken kommen einfach ihrer Aufgabe nicht nach, die Unternehmen mit Krediten zu versorgen.“ Die Banken, so Hesse, wüßten, „wenn irgend etwas schiefgeht, können sie unter einen Rettungsschirm flüchten, weil sie ja systemisch sind. Sie selber lassen aber die Firmen im Regen stehen.“ Da müsse die Regierung eingreifen: „Man könnte zum Beispiel den Banken sagen: Wir geben euch das Geld aus staatlichen Quellen nur dann, wenn ihr entsprechende Mittel in die reale Wirtschaft weiter reicht. Und wir werden euch das Vergnügen versalzen, das Geld zinsgünstig zu parken oder anzulegen, statt es als Kredite weiter zu reichen.“

In einem weiteren Interview am selben Tag mit der Süddeutschen Zeitung wetterte Hesse ähnlich: „Ich finde es nicht in Ordnung, daß die Banken das Geld bei der Europäischen Zentralbank abrufen, um es dann irgendwo mit hoher Rendite anzulegen. Die Banken sind da, um Unternehmen und Gesellschaft mit Liquidität zu versorgen. Diese Aufgabe erfüllen sie derzeit nicht.“ Die Regierung müsse notfalls Zwang anwenden, sagte Hesse. „Wenn eine Bank die von der EZB bereitgestellte Liquidität nicht weitergibt, sollte sie keine bekommen.“

Der Ruf nach staatlichem Handeln ist offenbar in der Regierung angekommen, wo Finanzminister Steinbrück zwar am Mittwoch noch behauptete, eine wirkliche Kreditverknappung könne man derzeit noch nicht ausmachen, aber er drohte doch an: „Wenn es im zweiten Halbjahr zu einer echten Kreditklemme kommen sollte, wird sich die Bundesregierung mit der Bundesbank zusammensetzen müssen.“ Er sprach von der Möglichkeit, daß Bund und Länder über die Förderbank KfW und die Landesbanken direkt Kredite an die Mittelstandsbetriebe vergeben könnten. In einem Interview mit der Bild am Sonntag legte Steinbrück noch nach und deutete an, man müsse dann „über Maßnahmen nachdenken, die es noch nicht gegeben hat.“

Auch Bundesbankpräsident Axel Weber wies darauf hin, man könne ja dem Beispiel der US-Notenbank folgen, die ebenfalls direkt Kredite an Firmen ausreiche. Selbst der ansonsten marktradikale Wirtschaftsminister zu Guttenberg ließ auf einer Tagung der Jungen Union durchblicken, die Bundesregierung suche „Ansätze, die Banken dazu zu verpflichten, ihren Auftrag zu erfüllen.“ Außenminister und SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier warnte: „Wenn wir in einigen Wochen sehen, daß die Banken immer noch nicht bereit sind, ihre Aufgabe als Dienstleister der Wirtschaft zu erfüllen, dann müssen wir über weitere Schritte nachdenken.“

Das sind Töne, die doch stark an die Drohung der Bundeskanzlerin selbst erinnern, man müsse notfalls eine neue Bank eigens für die Kreditvergabe an den Mittelstand gründen - nur wurde diese Drohung vor nahezu sieben Monaten ausgesprochen, am 25. November 2008 auf dem Berliner Kongreß des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes, und leider sind dieser Drohung keine konkreten Schritte, sondern ein Bankenrettungspaket nach dem anderen gefolgt. Wird die Regierung nun endlich handeln?

Nun, sarkastisch könnte man Steinbrück fragen, warum er denn überhaupt die IKB, die ja zusammen mit der KfW der führende Kreditgeber für die mittelständische Wirtschaft war, an den texanischen Heuschreckenfond Lone Star verkauft hat? Nachdem die KfW ihren Anteil an der halbprivaten IKB auf 80 Prozent erhöhte und dafür und weitere Stabilisierungsschritte 10 Milliarden Euro hineinschoß, verkaufte Steinbrück die Bank für 150 Millionen Euro. Jetzt aber fordert Lone Star, offenbar davon überzeugt, daß sich Frechheit auszahlt, weitere 7 Milliarden Euro als Nothilfe aus dem Rettungsfond Soffin. Die Regierung sollte das verweigern und statt dessen Lone Star auszahlen und die IKB zurückkaufen. Das wäre, um mit Steinbrück zu sprechen, „eine Maßnahme, wie es sie noch nicht gegeben hat.“

Auf die KfW zurückzugreifen oder auf die Bundesbank, wäre natürlich sinnvoll, weil es dafür historische Vorbilder gibt, bei denen sinnvolle realwirtschaftliche Programme angekurbelt wurden. Die KfW selbst ist ein Kind des „amerikanischen Systems“, denn ihr Gründungskapital waren Marshallplan-Gelder, die nach Erfüllung ihrer Aufgabe, der deutschen Nachkriegsindustrie auf die Beine zu helfen, nicht an sie USA zurückflossen, sondern in den fünfziger Jahren als Mittelstandskredite weitergereicht wurden. Der Marshallplan war ein Kreditprogramm, das vom  Kongreß der USA beschlossen wurde, also eine Maßnahme im Rahmen des Systems des „souveränen Kredits“, zu dem das amerikanische Parlament - und das ist einmalig auf der Welt - laut Verfassung autorisiert ist. Die Bundesbank ihrerseits spielte schon einmal eine wichtige Rolle bei der Überwindung einer großen Krise, nämlich während der tiefen Rezession Mitte der sechziger Jahre, als sie im Rahmen des von der Großen Koalition im Juni 1967 verabschiedeten Stabilitätsgesetzes die Kreditvergabe der Regierung für Investitionen in Produktion und Beschäftigung unterstützte.

An diese erfolgreichen Beispiele kann die Bundesregierung heute anknüpfen, aber sie müßte einen wichtigen Schritt weiter gehen, denn in der tagtäglichen Praxis hat sich die KfW dann doch immer über den privaten Kapitalmarkt - wenn auch zu günstigeren Bedingungen -  mit Geld für ihre Kreditprogramme versorgt, und auch das Kreditprogramm der Großen Koalition 1967 wurde aus dem freien Kapitalmarkt (der allerdings damals noch in etwas besserem Zustand als heute war) gespeist. Um wirklich nachhaltig und gezielt den Wiederaufbau der realwirtschaftlichen Produktion betreiben und das Ziel der Vollbeschäftigung wieder erreichen zu können, muß die Regierung in enger Zusammenarbeit mit dem  Bundestag eine gesetzliche Grundlage für die souveräne Kreditschöpfung schaffen.

Nur so wird sie vom unkalkulierbaren „freien“ Kapitalmarkt, der ohnehin alle Engagements durch die „Gewinnbrille“ betrachtet, unabhängig. Wenn für die Wiederankurbelung der Realwirtschaft, für öffentliche Infrastrukturprogramme und andere Gemeinwohlaufgaben 200, 300 oder 400 Milliarden Euro jährlich erforderlich sind, kann die Regierung auf der Grundlage eines solchen souveränen Systems der Kreditschöpfung Geld in diesem Rahmen schaffen, das dann in Form von niedrigstverzinsten Krediten mit langer Laufzeit und verzögerter Rückzahlungspflicht über Bundesbank und KfW an Industriebetriebe und Kommunen weitergereicht wird. Der Rückzahlungsmodus kann so gestaltet werden, daß er die Kreditnehmer nicht belastet, ehe sie mit ihren Investitionen in die Ertragsphase eingetreten und somit rückzahlungsfähig sind. Der gesamte Prozeß würde außerhalb der Prinzipien des privaten Kapitalmarktes verlaufen, wenn auch private Banken unter bestimmten Bedingungen natürlich an diesem Prozeß beteiligt werden könnten.

Der private Bankensektor kann insofern in diese Herangehensweise eingebunden werden, indem die Regierung, wo immer Stützungsaktionen mit Geldern und Kreditgarantien aus dem Soffin notwendig werden, Auszahlung oder Garantiegewährung an die Bedingung knüpft, daß Geld an die Industrie zu günstigen Zinsen weiter gereicht wird. Gemäß dem Grundsatz „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, wären der Regierung Mitspracherechte bei den betroffenen Banken einzuräumen, was kein unangemessener Gegenwert dafür wäre, daß diese Banken wieder aus der Krise kommen.

Rainer Apel

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