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Neue Solidarität
Nr. 13, 28. März 2012

Cheminades Zulassung erregt Interesse - und Ärger

Frankreich. Jacques Cheminade ist nun einer der offiziellen französischen Präsidentschaftskandidaten.

Am 19. März gab das französische Verfassungsgericht in Paris die Liste der Kandidaten bekannt, die zur Präsidentschaftswahl zugelassen sind. Neben den drei „Favoriten“ Nicolas Sarkozy, François Hollande und François Bayrou wurden sieben weitere Bewerber zugelassen, u.a. zwei Trotzkisten, ein Grüner, ein Euro-Gegner, Marine Le Pen - und eben Jacques Cheminade, der bis zum 16. März insgesamt 585 bestätigte Unterstützungsunterschriften von Bürgermeistern vorgelegt hatte (500 reichen aus).

Cheminades Kampagne stößt inzwischen auf wachsendes Interesse bei den Wählern, die vom leeren Gerede der etablierten Parteien abgestoßen sind, und ebenso bei wichtigen Institutionen und Vereinigungen. Die Sprachrohre der Oligarchie in den Medien hingegen schäumen vor Wut, weil über Cheminades Programm so offen diskutiert wird, und verlegen sich auf Verleumdungen, andere Medien sind jedoch ehrlich und lassen ihn zu Wort kommen. Cheminade erhält auch viele Einladungen, sein Programm vor aufgeschlossenen Wirtschafts- und Militärverbänden, Denkfabriken u.ä. zu präsentieren.

Vor allem die regionale Presse ist daran interessiert, über Cheminades Kampagne zu berichten. Die Zeitung Ouest France berichtete über seinen Besuch bei der Wiederaufbereitungsanlage La Hague. Der Betreiber Areva hatte zunächst zugestimmt, daß Cheminade im Eingangsbereich mit den Mitarbeitern der Anlage sprechen durfte, dies aber in letzter Minute widerrufen. (Er verurteilte dies als eine typische Geheimniskrämerei der „Nukleokraten“.)

Später am selben Tag sprach Cheminade auf einer Veranstaltung mit dem sozialistischen Bürgermeister des Ortes Flamanville, der für ihn unterschrieben hatte, über die Bedeutung der Kernphysik. In Flamanville ist neben dem in Betrieb befindlichen Kernkraftwerk ein weiteres der neuen EPR-Generation im Bau. Der Bürgermeister rief alle Kandidaten auf, sich genauso klar zum Thema Kernkraft zu äußern wie Cheminade. Der örtliche Sender des Fernsehnetzwerks France 3, Basse Normandie, nutzte die Gelegenheit zu einem Interview mit Cheminade.

Die regionalen Medien in der französischen Zentralregion berichteten auch über Cheminades Besuch bei den Überresten der Testanlagen des Aérotrain-Projektes, einer Hochgeschwindigkeits-Schwebebahn auf der Grundlage von Luftkissen. Dieser Aérotrain wurde von dem Ingenieur Jean Bertin entwickelt und erreichte bei Testfahrten im März 1974 eine Höchstgeschwindigkeit von 417,6 km/h, das Projekt wurde aber auf Druck der Banken- und Eisenbahnlobby gestoppt, als Valérie Giscard d’Estaing Präsident wurde.

In Lille zeigte France 3 ein Team von Cheminade-Aktivisten, die erklärten, daß Frankreich wohl kaum aus der Krise herauskäme, wenn es, wie andere Kandidaten forderten, „wieder Barbie-Puppen produziert“, die mittlerweile in China hergestellt werden. Stattdessen könne die Raumfahrt wieder Arbeitsplätze im Forschungs- und Entwicklungssektor und gutbezahlte Stellen in der Industrie schaffen.

Journal du Dimanche veröffentlichte am 18. März ein ausführliches Interview mit Cheminade unter dem Titel „Ich inspiriere die Debatte“. Gefragt, ob es irgendeine Diskussion über Lösungen für die Wirtschaftskrise und die Krise Europas gebe, sagte er: „Nein, weil niemand über große Projekte spricht. Während Europa kollabiert, laufen die Frankfurter Banken Amok. Sie erdrosseln Griechenland. Dieses Pseudoeuropa muß reorganisiert werden. Darüber spricht niemand.“ Auf eine Frage zu Sarkozys Vorschlag, das Schengen-Abkommen zu reformieren, um „der Immigrantenflut zu begegnen“, antwortete Cheminade: „Statt sich über Immigrantenströme aufzuregen, sollte er sich lieber mit den Finanzströmen befassen.“

Zur Debatte über die Sparpolitik sagte er: „Ich will auf die Zukunft setzen, mit langfristigem Kredit. Man denke an Deutschland 1932 und seine Austeritätspolitik, die es Hitler ermöglichte, an die Macht zu kommen - mit finanzieller Hilfe einiger amerikanischer Kreise... Wenn Europa so weitermacht, wird es Ungeheuer hervorbringen. Schaut man nach Ungarn - Viktor Orban, und hier bei uns haben wir Marine Le Pen... Wir schaffen die Bedingungen für einen Konflikt.“

Ein großes Echo in den Medien, im Internet und in der „Twitter-Sphäre“ fand auch Cheminades Vorschlag, Gewaltvideos zu verbieten und eine Steuer auf Pornographie zu erheben, um eine kulturelle Renaissance zu finanzieren.

Wie desperat die französische Elite über Cheminades Erfolg ist, zeigte sich, als am 15. März - einen Tag vor dem Ende der Einreichungsfrist - das Gerücht verbreitet wurde, Cheminade und die Kandidatin Corinne Lepage hätten doch nicht genug gültige Unterschriften, und sogar noch am Nachmittag des 19. März, als die der französischen Bankenwelt nahestehende Zeitung Le Monde in ihrer Druckausgabe für den 20. März in einem vom „politischen Redakteur“ gezeichneten Artikel schrieb, es würden neun Kandidaten zugelassen - mit den Bildern dieser neun Kandidaten, wobei nur Cheminade fehlte. Als dann der Präsident des Verfassungsgerichtes, Jean-Louis Debré, um 17:30 Uhr die Namen der zehn zugelassenen Kandidaten gekannt gab, sah sich die Zeitung gezwungen, den Artikel in ihrer Internetausgabe nachträglich zu berichtigen und auch Cheminade als Kandidaten anzuführen - wobei sich die Zeitung ein paar gehässige Bemerkungen über ihn nicht verkneifen konnte.

Bis zur Wahl sind die Medien nun verpflichtet, den zehn Bewerbern gleiche Sendezeit einzuräumen. Der RTL-Journalist Jean-Michel Apathie, der schon früher in einer Sendung mit Cheminade die „kleinen“ Kandidaten für „nutzlos“ erklärt hatte, brachte auf den Punkt, warum sich das Establishment so sehr über Cheminades Zulassung ärgert: „Es nützt nichts, sich zu beschweren, zu kritisieren, zu schimpfen: Das Gesetz ist das Gesetz. In einem Land wie unserem beendet dieser Satz alle Debatten. In der Ära gleicher Medienzeit erhält Jacques Cheminade die gleiche Behandlung wie Sarkozy.“

alh/kav

Lesen Sie hierzu bitte auch:
„Wir müssen einen Eid auf die Zukunft ablegen“
- Neue Solidarität 12/2011
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