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Neue Solidarität
Nr. 47-48, 21. November 2012

Nahost vor dem Dritten Weltkrieg?
Wirtschaftsaufbau statt Waffenexporte!

Von Helga Zepp-LaRouche

„Auch wenn dies in Deutschland für manche undenkbar erscheint, brauchen wir eine öffentliche Debatte darüber, ob wir einer Politik der NATO und der EU folgen sollen, die dabei ist, zum nationalen Selbstmord zu führen“, konstatiert die BüSo-Vorsitzende Helga Zepp-LaRouche in der folgenden Erklärung.

Auch wenn es eine Binsenweisheit ist, die von allen Spatzen von den Dächern gepfiffen wird, sei es hier wiederholt: Deutschland ist kein souveräner Staat! Aber was zu „normalen Zeiten“ ein ungerechter und ärgerlicher Zustand ist, wird in Zeiten existentieller Bedrohungen unerträglich, denn wir werden im Zwangskorsett der EU und im Bündnis der NATO in Konfrontationen hineingezogen, die fundamental gegen das ureigene Interesse Deutschlands gerichtet sind, nämlich seine Existenz. Die Massendemonstrationen am 14. November in 23 Nationen haben gezeigt: Für die EU ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Und die Lage im Nahen Osten läßt erkennen: Ein Schritt weiter, und wir sind im Dritten Weltkrieg.

Deutschland hat seinerzeit nicht nur richtig gehandelt, sich nicht an dem auf Toni Blairs Lügen aufgebauten Irak-Krieg beteiligt zu haben, Außenminister Westerwelle tat auch wohl daran, deutsche Truppen nicht an der „humanitären Intervention“ in Libyen  zu beteiligen, die sich als voller Angriffskrieg einschließlich der bestialischen Ermordung eines kriegsgefangenen Präsidenten erwiesen hat, der nach der Genfer Konvention zu schützen war.

Doch inzwischen wird auf Deutschland enormer Druck ausgeübt, sich bei künftigen Interventionen zu beteiligen, was angesichts des völligen Scheiterns der Politik des Regimewechsels in Irak, Afghanistan, Libyen und jetzt Syrien, wo die „Rebellen“ primär aus Al-Kaida, Salafisten und bezahlten Söldnern bestehen, der helle Wahnsinn wäre, sowohl im Fall Malis als auch Syriens. Das russische Außenministerium warnte als Reaktion auf die Ankündigung Frankreichs, die „Rebellen“ zu bewaffnen, jedes Land, das diese sogenannten Rebellen bewaffne, verletze damit in grober Weise die fundamentalen Normen des internationalen Rechts. Es ist nicht nur ein Bruch des Völkerrechts, es ist auch nicht sehr intelligent, Leute zu bewaffnen, die sich dann umdrehen und ihre „Wohltäter“ massakrieren, wie wir jetzt in Afghanistan sehen können.

Der Nahe Osten steht nach der Gewalteskalation zwischen der Hamas und Israel, nach der gezielten Tötung von Hamas-Militärchef Achmed Al-Dschabaari und der Drohung Avigdor Liebermans,  gegebenenfalls auch den Ministerpräsidenten Ismail Hanija zu töten, am Anfang  eines neuen Krieges. Israel will 75.000 Reservisten mobilisieren, eine Bodenoffensive ist in Vorbereitung.

Die Raketenangriffe auf Tel Aviv und Jerusalem rufen die ebenso schicksalsträchtigen wie falschen Worte Merkels, Israels Sicherheit sei Teil der deutschen Staatsräson, ins Gedächtnis. Die Neue Westfälische aus Bielefeld kommentierte die Lage so: „Als wäre die Situation nicht schon brenzlig genug, rückt nun auch noch der Zeitpunkt näher, zu dem der Iran angeblich über genügend atomwaffenfähiges Plutonium verfügt. Dann, so steht zu befürchten, setzt Israel zum Erstschlag an. Die notwendigen Waffen wird es, wie durch ein Wunder, zur Verfügung haben. Spätestens dann brennt es nicht nur im Nahen Osten.“

Frau Merkel und Lady Ashton wiesen der Hamas die eindeutige Schuld an der Eskalation zu, was offensichtlich die Folgen der fast vollständigen Abriegelung des Gazastreifens durch Israel, der dadurch kaum lebensfähig ist, übersieht. Und die Rossijskaja Gaseta fragt nach den Motiven der Regierung Netanjahu für die Eskalation gegenüber der Hamas: „Die Vorgänge bekommen eine gewisse Logik, wenn man in Erwägung zieht, daß es sich hier möglicherweise um ein Präludium zu einem Krieg mit dem Iran handeln könnte. Es ist kein Zufall, daß Israel jetzt die Waffen der Palästinenser zerstört, die die Hamas im Falle eines israelischen Angriffs auf den Iran unmittelbar auf Tel Aviv richten würde. Mit anderen Worten: Die derzeitige Operation ist möglicherweise nichts anderes als der Versuch Israels, Teheran seiner letzten Trümpfe zu berauben.“

Wenn selbst die offizielle Gesamteinschätzung aller amerikanischen Geheimdienste (NIE) konstatiert, daß der Iran sein 2003 unterbrochenes Atomwaffenprogramm nicht wieder aufgenommen hat, dann muß die deutsche Regierung dazu deutlich Stellung nehmen, denn entweder haben die amerikanischen Geheimdienste gelogen - oder Netanjahu, der vor zwei Monaten behauptete, der Iran verfüge in sechs Monaten (also jetzt nur noch in vier) über Nuklearwaffen! Und wenn Israel in dieser Lage einen Erstschlag gegen den Iran erwägt, dann muß Deutschland alles in seiner Macht stehende tun, damit es dazu nicht kommt.

Wenn Obama in Bezug auf den Iran sagt: „Alle Optionen sind auf dem Tisch“, dann schließt dies auch den atomaren Erstschlag mit ein. Und dies wäre, da sind sich alle Nahostexperten einig, der Dritte, thermonukleare Weltkrieg gegen Rußland und China. Um so ungeheuerlicher ist es, daß die vom Chef der Münchener Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, Anfang des Jahres geforderte öffentliche Debatte über die deutsche Politik bezüglich des Israel-Iran-Konflikts bisher nicht geführt wurde.

Im Augenblick herrscht in den Regierungsparteien, in Militärkreisen und regierungsnahen Denkfabriken die Überzeugung vor, Deutschland werde im Ernstfall - und der ist eigentlich längst da - niemals etwas tun, was außerhalb des transatlantischen Bündnisses, also der NATO und der EU angesiedelt sei. Wenn diese Scheuklappen bleiben, dann ist die Katastrophe - die Auslöschung der menschlichen Gattung in einem thermonuklearen Krieg - vorprogrammiert.

Angesichts dieser zugespitzten Lage ist der geplante Einsatz von bis zu 170 Soldaten der Bundeswehr im Kontext eines Nato-Einsatzes an der türkisch-syrischen Grenze und die Verlagerung von Flugabwehrraketen vom Typ Patriot dorthin ein weiterer Schritt in die falsche Richtung: Ein kleiner Vorwand mehr, und die Türkei könnte den Artikel 5 der Nato geltend machen, und was dann? Und wieso Frau Merkel ernsthaft Waffenexporte an Staaten wie Saudi- Arabien, Katar oder Israel und eine Beteiligung an einem Militäreinsatz in Mali als „Mittel der Friedenssicherung“ darzustellen versucht, dehnt das Vorstellungsvermögen an seine äußersten Grenzen.

Angesichts dieser Gesamtlage ist die deutliche Verschlechterung des deutsch-russischen Verhältnisses, zu dem die Aktivitäten von Andreas Schockenhoff und die antirussische Resolution des Bundestages beigetragen haben, besorgniserregend. In der Tat ist es angesichts der Situation bezüglich der Menschenrechte und des gigantischen Demokratiedefizits in der EU kaum nachvollziehbar, wieso Frau Merkel und diese Bundestagsabgeordneten meinen können, in diesen Fragen auf dem hohen Roß sitzen zu können. Der Duma-Abgeordnete Alexej Puschkow brachte es in einer Gegenattacke auf den Punkt, indem er der deutschen Regierung vorschlug, eine Menschenrechtskommission einzurichten, die sich mit Verstößen in Griechenland beschäftigen solle.

Allerdings brauchen wir eine solche Kommission auch für Portugal, Spanien und Italien - fürs Erste. Denn die vielen Millionen Menschen, die am 14. November in 23 Staaten an Generalstreiks und europaweiten Unterstützungsaktionen teilnahmen, reagierten auf eine immer unerträglichere Sparpolitik der EU, mit der wirklich Menschenrechte und sogar Menschenleben verletzt werden. In Spanien gingen neun Millionen auf die Straße, und die brutalen Übergriffe der Polizei mit Schlagstöcken, Tränengas und Gummigeschossen veranlaßten den Welt-Journalisten Henryk Broder zu der Vermutung, General Franco sei wieder auferstanden. In Frankreich kam es in 130 Städten zu Kundgebungen, in Belgien wurden Eier und Feuerwerkskörper an das Gebäude der portugiesischen Botschaft geworfen, während in 40 Städten in diesem Land Protestdemos stattfanden. In Italien mußten drei Mitglieder der Monti-Regierung mit dem Hubschrauber vor wütenden Arbeitern in Sardinien gerettet werden, in Thessaloniki wurden der deutsche Botschafter Obermaier und der Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Fuchtel, mit Wasserflaschen und Kaffee-Plastikbechern beworfen.

In Griechenland, wo es im Winter sehr kalt werden kann, wird pro Monat 30.000 Familien der Strom abgestellt, weil sie die Rechnung nicht bezahlen können. In Griechenland und Italien verweigert man älteren Menschen lebensnotwendige Medikamente, z.B. für die Behandlung von Brustkrebs. Die Selbstmordrate ist in Griechenland, Portugal und Italien dramatisch gestiegen, in Spanien sogar aufgrund der Zwangsräumung von Wohnungen so sehr, daß die Regierung sich gezwungen sah, einige dieser Räumungen für die Ärmsten auszusetzen, weil der Zorn der Straße explodierte.

Der UN-Berater Jean Ziegler hebt in dem Artikel „Für die Völker des Südens hat der Dritte Weltkrieg längst begonnen“ hervor, daß der deutsche Faschismus sechs Jahre gebraucht habe, um 56 Millionen Menschen umzubringen, aber der Neoliberalismus schaffe dies in gut einem Jahr. Die Folgen der EU-Agrarpolitik beschreibt er so: „Das, was die Kommissare in Brüssel anrichten, ist abgrundtief verlogen. Durch ihre Dumpingpolitik fabrizieren sie den Hunger in Afrika - und wenn die Hungerflüchtlinge sich nach Europa retten wollen, werden sie mit militärischen Mitteln brutal ins Meer zurückgeworfen, wo jedes Jahr Tausende ertrinken.“

Henryk Broder hat Recht mit seinem Artikel in der Welt: Der 14. November markiert den Anfang vom Ende der EU. Das einzige, was die Regierungen tun sollten, ist zuzugeben, daß das Euro-Experiment gescheitert ist, was sie leider kaum tun werden. Also bleibt es anderen überlassen, die Lösungen durchzusetzen, die es in der Tat gibt: Sofortige Durchsetzung des Trennbankensystems in der Tradition von Franklin Roosevelts Glass-Steagall-Gesetz, Wiedererlangung der Souveränität über die eigene Währung (also die Neue D-Mark) und Wirtschaftspolitik, feste Wechselkurse, ein neues Kreditsystem für den Aufbau der Realwirtschaft vor allem in Südeuropa und dem Mittelmeerraum.

In Frankreich wächst in Militärkreisen der Unmut über die kolonialistische Politik der Hollande-Regierung im Interesse des angloamerikanischen Empires und die Tendenz zur Rückkehr zu De Gaulles Politik des Ausscheidens aus der NATO nimmt massiv zu. Auch wenn dies in Deutschland für manche undenkbar erscheint, brauchen wir eine öffentliche Debatte darüber, ob wir einer Politik der NATO und der EU folgen sollen, die dabei ist, zum nationalen Selbstmord zu führen.

Wir sollten uns an den heiligen Schwur von 1945 erinnern: Nie wieder Krieg!

Lesen Sie hierzu bitte auch:
Menschheit auf dem nuklearen Pulverfaß – Sind wir intelligenter als die Dinosaurier? - Neue Solidarität 44/2012
Untertanen Europas vereinigt Euch: Ausstieg aus der Brüsseler Diktatur!
- Neue Solidarität 43/2012
Stellungnahmen und Reden der BüSo-Vorsitzenden
- Internetseite der Bürgerrechtsbewegung Solidarität (BüSo)