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Neue Solidarität
Nr. 3, 20. Januar 2016

Bail-in-Politik löst Kapitalflucht aus Südeuropa aus

Während Anleger versuchen, ihr Geld in Sicherheit zu bringen, fordern italienische Experten die Aussetzung der Bail-in-Regelung.

Der europäische Anleihenmarkt ist lahmgelegt, weil sich Panik ausbreitet, vor allem seit die portugiesische Zentralbank regelwidrig Anleihenbesitzer des Novo Banco zum Bail-in heranzog. Ein vielsagender Vergleich: In der ersten Woche 2015 verkauften die Banken Anleihen für mehr als 16,5 Mrd.$ in verschiedenen Währungen (nach fast 18 Mrd.$ 2014), aber 2016 waren es null. Bankanleihen aller Art verlieren an Wert, von der sichersten Kategorie bis zu derjenigen, deren Enteignung am wahrscheinlichsten ist: die „Bail-in-Bonds“, zu deren Ausgabe die Banken im Rahmen der von London inspirierten Politik durch die Aufseher verpflichtet wurden.

Santander UK Group Holdings, ein Ableger der spanischen Bank Santander, war eine von mehreren Banken, die letzte Woche eine Emission von Anleihen absagen mußten, weil Anleger sie gar nicht oder nur mit extremen Abschlägen kaufen wollten. Die Lage auf dem Anleihenmarkt wird sich weiter verschlechtern, wenn die Banken nun versuchen, Käufer für ihre „Bail-in-Bonds“ zu finden, die im Falle einer Krise enteignet werden und wertlos sind. Reuters zitierte einen Anleihehändler: „Was mit dem Banco Novo passiert ist, sollte Anleger daran erinnern, daß die Aufseher in Notzeiten tun, was ihnen paßt.“ Sprich - dann kann jede Regel gebrochen werden.

Die Reaktion hierauf ist Kapitalflucht. Der Finanzanalyst Mike Shedlock hat Daten zusammengestellt, die zeigen, daß eine massive Kapitalflucht von Südeuropa, insbesondere Italien, in Richtung Deutschland, Luxemburg und Holland eingesetzt hat. Da die Empfängerbanken sich offensichtlich über den bevorstehenden Finanzkrach im Klaren sind, wurden diese neuen Einlagen nicht als Kredite an Industrie oder Verbraucher weitergegeben, sondern bei der EZB geparkt, obwohl der Zinssatz für solche Einlagen bei der EZB derzeit bei -0,3 Prozent liegt, die Banken also noch draufzahlen müssen.

Diese Kapitalflucht kommt in der Tat einem organisierten, klassischen Ansturm auf die Banken gleich. In seinem Artikel „Europa fürchtet Bail-ins“,1 erläutert Shedlock, was diese große und wachsende Kapitalflucht treibt: Es ist die „Angst vor Bail-ins, Konfiszierungen, Kapitalkontrollen und Bankpleiten, so wie wir sie in Griechenland und Zypern gesehen haben. Jüngste Beispiele sind auch Portugal und Italien.“

Die bei der EZB geparkten Euro-Einlagen sind zwischen Januar und Dezember 2015 von 36,6 Mrd. auf 196 Mrd. Euro gestiegen. Anhand der Daten der EZB über die so entstandenen „Ungleichgewichte“ innerhalb der Euro-Todeszone (die man Target2 nennt) zeigt Shedlock, daß diese Kapitalflucht größtenteils von Anlegern betrieben wird, die die ersten Opfer der Bail-in-Pläne der EU wären. Aus den Angaben der EZB hat er eine Tabelle erstellt, die einen Überblick über diese Target2-Ungleichgewichte gibt: An der Spitze steht Spanien mit „dem größten Minus seit 2012“, dann folgt Italien mit „einem nie dagewesenen Minus“, später Frankreich mit „dem schlimmsten seit 2011“. Und als Gewinner finden wir zuerst Deutschland mit „dem höchsten positiven Saldo seit 2012“ und als zweites Luxemburg mit „einem historischen Höchststand“.

Obwohl er damit den Irrsinn der Bail-in-Politik belegt hat, beendet Shedlock seinen Artikel mit der Feststellung: „Die Bail-in-Richtlinie ist eine gute Sache.“ Wenn so die Logik eines Experten aussieht, darf man sich über den mörderischen Irrwitz von Politikern wie Schäuble, Juncker oder Dijsselbloem nicht wundern.

Aussetzung des Bail-in-Gesetzes der EU?

Inzwischen fordern prominente Wirtschaftswissenschaftler aus Italien eine Aussetzung der Bail-in-Richtlinine der EU: Luigi Zingales und Luigi Guiso sprachen sich zuerst am 30. Dezember 2015 in der Finanz-Tageszeitung Il Sole 24 Ore für ein solches Moratorium aus, und am 12. Januar forderte auch der ehemalige Chef des italienischen Einlagensicherungsfonds FITD, Paolo Savona, die Regierung auf, sich dafür einzusetzen.

Anders als in anderen Ländern, „besitzen kleine Sparer in Italien Bankanleihen anstatt Einlagen“, schrieben Zingales und Guiso. Unter den neuen Bail-in-Regelungen, werden Besitzer von Vorzugsobligationen, die für viele Banken über 30 % ihrer Finanzierung repräsentieren, am Bail-in beteiligt. Je kleiner die Bank, um so größer wird dieser Anteil.

Diese Lage müsse geändert werden, was aber nicht über Nacht möglich sei. „Wir brauchen eine Übergangsregelung, unter der Italien, im Gegenzug für eine Verkaufssperre von Anleihen an Bankkunden, temporär entlastet wäre (für 12 bis 18 Monate). Die Regierung sollte dafür mit Brüssel energischer verhandeln als sie das während Gespräche über die Bail-in-Regelungen tat.“

Savona verlangt von der Regierung, sie solle sich dafür einsetzen, genauso wie andere Regierungen behandelt zu werden. Auch anderen Ländern würden Moratorien auf EU-Regelungen genehmigt. In einem Artikel für formiche.net schrieb Savona: „Warum verlangt Italien nicht ein Moratorium des Bail-in, wo doch Europa ein ,politischer Raum von Moratorien’ ist, die erst durch die völlige Unbeweglichkeit notwendig wurden, mit der die EU Richtlinien in eine Welt einführt, in der Flexibilität nötig ist?

Natürlich sollte es, wie alle laufende Moratorien, vorübergehender Art sein, zumindest bis wir eine passende Lösung zum Schutz der Sparer finden. Ähnlich sprechen die nordeuropäischen Länder über ein Moratorium des Schengen-Abkommen zum freien Personenverkehr, mit Verstößen gegen den Fiskalpakt wird bereits so umgegangen, und erst recht, wenn es um Verstöße gegen das Abkommen über übermäßige Zahlungsbilanzüberschüsse geht.

In einem von Moratorien beherrschten Europa spricht nichts dagegen, die Abwicklungsrichtlinie für Banken außer Kraft zu setzen, um die Vertrauenskrise, die Bankkunden getroffen hat, zu beenden.“

eir