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Wegen der eingebrochenen Öleinnahmen und der westlichen Sanktionen lassen sich in Rußland die wirtschaftspolitischen Kompromisse der letzten Jahre nicht länger fortsetzen, und im Land tobt eine heftige Debatte darüber. Auf der einen Seite steht die von der Zentralbank betriebene Politik, und auf der anderen Seite stehen Ökonomen wie Sergej Glasjew, Präsident Putins Berater für eurasische Integration.
Glasjew, Akademiemitglied und Ökonom, wirft der Zentralbank vor, ihren Verfassungsauftrag zu verletzen, weil sie den Rubel nicht schützt. Der Rubel liegt jetzt bei etwa 78 zum Dollar, das ist ein Einbruch um 50% seit dem Höchststand des letzten Jahres von 50 im Mai, und noch schlimmer als der Absturz auf 69 im Januar 2015, nachdem die Zentralbank im Dezember 2014 den Rubelkurs freigegeben hatte.
In einer Talkshow des Nachrichtensenders RNS kritisierte Glasjew am 30. Januar, der Devisenhandel in Rußland sei in den Händen ausländischer Spekulanten. Drei Viertel der Geschäfte auf den Finanzmärkten würden von Personen aus dem Ausland getätigt, im Devisenhandel sogar bis zu 90%. Die Finanzspekulation - mit absurden Gewinnspannen von 80-100% - werde von den westlichen Sanktionen verschont, nur langfristige Kredite an russische Unternehmen seien blockiert.
Bei einer Pressekonferenz in Moskau am 20. Januar zur Vorstellung seines neuen Buches Der letzte Weltkrieg: die USA fangen ihn an und verlieren ihn sagte Glasjew, die russische Wirtschaft würde von unfähigen Leuten geleitet, und das chinesische Modell sei eine praktikable Alternative. Es sei verrückt, die öffentlichen Investitionen wegen der knappen Haushaltsmittel auf ein Minimum zurückzufahren. Investitionen sollte man nicht aus Haushaltsmitteln bezahlen, sondern die Zentralbank sollte neue Kredite ausgeben und mit Hilfe strikter Regeln in die Realwirtschaft lenken. Wenigstens seien die Rüstungsausgaben ein Nettogewinn für die Realwirtschaft, weil sie Innovationen anstoßen und Industriekapazitäten erhalten.
Bei der Buchvorstellung sagte Glasjew auch, die BRICS stünden für eine bessere Zukunft. In der RNS-Sendung warnte er jedoch, die Politik der Zentralbank sabotiere den Handel, u.a. mit den BRICS-Staaten: „Wir hatten Pläne, den Rubel zur Reservewährung zu machen, wir überzeugten unsere Partner, in Rubel zu handeln... Jetzt wollen unsere Partner nichts mehr vom Handel in Landeswährungen hören.“
In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur TASS betonte Glasjew am folgenden Tag, die Zentralbank hätte die russischen Devisenreserven, die „in der Wirtschaft fast den doppelten Wert in Rubel haben“, einsetzen müssen, um den Absturz der Währung zu verhindern. Aber die Zentralbankchefin Elvira Nabiullina will den freien Wechselkurs beibehalten, weil angeblich die finanzielle Stabilität nicht gefährdet sei.
Wie die Tageszeitung Nesawissimaja Gaseta am 18. Januar anmerkte: „Um so schlimmer die Lage wird, um so wahrscheinlicher wird eine Umsetzung von Sergej Glasjews Empfehlungen.“
Auch über andere Fragen wird in der Moskauer Führung heftig diskutiert:
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