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Taha Al-Washali, PhD Research Fellow am Institut für hydrologische Ausbildung der UNESCO in Delft in den Niederlanden, gab bei der Berliner Konferenz „Vergessene Kriegsverbrechen im Jemen“ einen Überblick über die katastrophalen Folgen des Krieges im Jemen für die Zivilbevölkerung, die in verschiedenen von ihm zitierten Studien dokumentiert sind.
Der Jemen sei mit 27,8 Mio. Einwohnern und einem Durchschnittsalter von 19 Jahren „die ärmste, bevölkerungsreichste und jüngste Nation auf der Arabischen Halbinsel“. 46% der Bevölkerung seien jünger als 15 Jahre. Die Arbeitslosigkeit sei von 37% vor dem Krieg auf jetzt 52% angestiegen, 85% der Menschen leben unter der Armutsgrenze, vor dem Krieg waren es 54%.
Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bis November 2016 mindestens 10.000 Menschen im Jemen getötet, 60% davon durch Luftangriffe. Täglich würden 75 Menschen verletzt oder getötet. Nach Zahlen des Legal Center for Rights and Development vom Januar 2017 wurden in dem Krieg bisher 11.929 Menschen getötet und 19.885 verletzt. Ganz oder teilweise zerstört wurden 401.831 Häuser, 15 Flughäfen, 14 Häfen, 1489 Straßen und Brücken, 269 Krankenhäuser und Gesundheitszentren, 751 Schulen, 205 archäologische Stätten, 528 Märkte und 267 Fabriken.
Nach Einschätzung des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) der Vereinten Nationen (2017) brauchen 18,8 Mio. Menschen im Jemen humanitäre Hilfe, 14,8 Mio. Menschen haben keine medizinische Versorgung, 14,5 Mio. mangelt es an Wasserversorgung und sanitären Anlagen. 8,2 Mio. Menschen benötigen dringend Wasser und sanitäre Versorgung, 7 Mio. Menschen benötigen dringend Nahrungsmittelhilfe. 2,2 Mio. Menschen sind Binnenflüchtlinge.
Besonders besorgniserregend sei der Mangel an sauberem Trinkwasser, da die Wasserversorgung durch die Kriegseinwirkung und die Blockade der Treibstoffeinfuhr zusammengebrochen sei. Bereits 12.700 Menschen seien an Cholera erkrankt.
Durch die saudischen Luftangriffe und die Seeblockade ist das Land von Nahrungsmittel- und Treibstoffimporten abgeschnitten. Nach dem Zusammenbruch der Wasserversorgung vervielfachte sich der Preis auf dem privaten Markt und stieg auf 12 $/m3 Trinkwasser, aber 50% der Bevölkerung müssen von weniger als 2 $ am Tag leben. Die Menschen fingen an, Wasser wieder mit der Hand zu schöpfen, örtliche Initiativen verteilten auf den Straßen Wasser aus Tankwagen.
Inzwischen arbeite die Wasserversorgung von Sanaa mit begrenzter Unterstützung durch UNICEF wieder mit etwa 25% ihrer Kapazität. Aus der öffentlichen Wasserversorgung erhalten die Menschen nur wenig Wasser für 0,5 $/m3, das Wasser der privaten Händler sei mit 3,5 $/m3 für die meisten unerschwinglich, das kostenlos verteilte Wasser aus den Wassertanks an den Straßen sei hygienisch unsicher.
Infolgedessen ist in Sanaa die Cholera ausgebrochen. Am 6. Oktober 2016 wurden 11 Fälle von Cholera in Sanaa bestätigt, inzwischen habe sich die Seuche mit 12.700 Erkrankungsfällen auf zwölf weitere Gouvernements verbreitet, darunter Taiz, Aden, Al-Hadaida und Ibb, und bedrohe das Leben von Millionen Menschen. 181.389 Menschen leiden an Erkrankungen der Atemwege.
Laut einer Untersuchung von Martha Mandy (Großbritannien) deutet vieles daraufhin, daß der saudische Feldzug im Jemen auch bewußt darauf abzielt, die Lebensgrundlage der ländlichen Bevölkerung zu zerstören. Im Jemen sind nur 2,8% des Landes landwirtschaftlich bebaut. Trotzdem richteten sich 357 Bombenangriffe gegen Bauernhöfe, Lebensmittelgeschäfte und -transportfahrzeuge etc. Auch Verwaltungsgebäude zur technischen Unterstützung der Landwirtschaft wurden zerstört, die Entwicklungsbehörde für die Tihama-Region an der Küste des Roten Meeres wurde stark bombardiert.
Der Jemen ist stark abhängig von Nahrungsmitteleinfuhren, 90% des Weizens und 100% des Reis werden importiert. Trotzdem leben immer noch mehr als 50% der Bevölkerung von der Landwirtschaft und Tierhaltung. Nach einer Studie von James Firebrace (Großbritannien) hat der Nahrungsmittelmangel zu Preissteigerungen um 25% bei Getreide geführt, während die Einkommen stark zurückgegangen sind, in vier Gouvernements um mehr als 50%.
Auch der Transport von Lebensmitteln zu den Märkten ist schwieriger geworden. Ein weiteres Problem ist der Mangel an harten Devisen zur Finanzierung der Nahrungsmittelimporte, weil die Zentralbank des Landes von Sanaa nach Aden verlegt wurde. Die Devisenreserven des Landes schwinden, es werden keine Bankbürgschaften für die Nahrungsmittelimporte ausgestellt.
Es sei dringend notwendig, daß die internationale Gemeinschaft eingreife, um diese Zustände zu beenden.
Ausführlichere Dokumentationen der Kriegsverbrechen an der jemenitischen Zivilbevölkerung finden Sie auf der Internetseite des Legal Center for Rights and Development (http://lcrdye.org/Eng/Default.aspx) und auf der Facebook-Seite internationaler Aktivisten gegen den Krieg im Jemen (https://www.facebook.com/StopTheWarOnYemen/).